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Sharpes Flucht

Sharpes Flucht

Titel: Sharpes Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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organisiert worden, aber sie erlebten bereits die dritte Besetzung ihres Landes innerhalb von drei Jahren, und bisher konnte niemand behaupten, dass sich die portugiesische Armee dabei mit Ruhm bekleckert hatte.
    Am späten Nachmittag gab es eine Parade und dann eine Überprüfung der Ausrüstung, und sobald das erledigt war, ging Sharpe die Anhöhe entlang nach Norden, bis er eine hohe Steinmauer sah, die einen weitläufigen Wald einschloss. Die portugiesischen und britischen Soldaten, die die Mauer durchqueren wollten, hatten Löcher hineingetrieben. Eine solche Bresche suchte sich Sharpe, dann schlug er sich ins Dickicht der Bäume, wo er kurz darauf einen Pfad fand, der in die Tiefe führte. Am Rand des Pfads standen merkwürdig wirkende, aus Ziegeln gemauerte Häuschen, und an der ersten blieb Sharpe stehen, um durch die Tür zu spähen, die aus Eisenstangen gefertigt war. Im Inneren befanden sich lebensgroße Statuen aus Lehm. Es handelte sich um eine Gruppe Frauen, die sich um einen halb nackten Mann versammelt hatten, und dann entdeckte Sharpe die Dornenkrone und erkannte, dass es sich bei der Figur in der Mitte um Jesus handeln musste und dass die Ziegelhäuschen somit wohl zum Mönchskloster gehörten. In jedem der kleinen Gebäude befanden sich solche unheimlichen Statuen, und vor mehreren dieser Kapellen knieten verschleierte Frauen im Gebet. Neben einer weiteren stand ein äußerst hübsches portugiesisches Mädchen, das schüchtern der leidenschaftlichen Rede eines portugiesischen Offiziers lauschte. Selbiger verstummte verlegen, als er Sharpe vorbeigehen sah. Sobald Sharpe eine Anzahl steinerner Stufen, die zum Mönchskloster führten, hinabgestiegen war, nahm der Offizier seine Tirade wieder auf. Ein uralter, verkrüppelter Olivenbaum wuchs neben dem Eingang, und an seinen Ästen waren ein Dutzend gesattelter Pferde angebunden. Zwei Männer in roten Röcken bewachten den Eingang. Sie ignorierten Sharpe, der sich unter dem niedrigen Türbogen hindurchduckte und in einen dunklen Gang trat, der mit Türen gesäumt war – sämtlich mit einer dicken Schicht Kork getäfelt. Eine der Türen stand offen, und als Sharpe hineinsah, entdeckte er einen Chirurgen in Hemdsärmeln, der in der winzigen Zelle eines Mönchs stand. Der Chirurg war dabei, ein Skalpell zu schleifen. »Ich stehe zu Ihren Diensten«, verkündete er vergnügt.
    »Heute lieber nicht, Sir. Wissen Sie, wo ich Major Hogan finden kann?«
    »Am Ende des Gangs, hinter der Tür auf der rechten Seite.«
    Das Abendessen verlief in unbehaglicher Stimmung. Sie aßen in einer der kleinen Zellen, die mit Kork getäfelt war, um die Kälte des bevorstehenden Winters abzuhalten, und ihre Mahlzeit bestand aus einem Eintopf mit Ziegenfleisch und Bohnen, grobem Brot, Käse und Wein in rauen Mengen. Hogan tat sein Bestes, um ein Gespräch in Gang zu halten, aber Sharpe hatte Major Ferreira wenig zu sagen, und dieser erwähnte die Ereignisse auf dem Hügel, wo Sharpe den Telegrafenmast niedergebrannt hatte, mit keinem Wort. Stattdessen sprach er von seiner Zeit in Brasilien, wo er in einer der portugiesischen Siedlungen den Befehl über ein Fort innegehabt hatte. »Die Frauen sind so schön!«, rief Ferreira aus. »Sie sind die schönsten Frauen auf der ganzen Welt.«
    »Einschließlich der Sklavinnen?«, fragte Sharpe, was dazu führte, dass Hogan, der wusste, dass Sharpe das Gespräch auf den Bruder des Majors bringen wollte, die Augen verdrehte.
    »Die Sklavinnen sind die hübschesten«, antwortete Ferreira. »Und so bereitwillig.«
    »Sie haben ja nicht gerade eine Wahl«, bemerkte Sharpe säuerlich. »Ihr Bruder hätte sie kaum frei entscheiden lassen, oder?«
    Hogan versuchte einzuschreiten, aber Major Ferreira brachte seinen Protest zum Schweigen. »Mein Bruder, Sir?«
    »Er war doch Sklavenhändler, richtig?«
    »Mein Bruder war vieles«, erwiderte Ferreira. »Als Kind bekam er Prügel, weil die Mönche, die uns unterrichteten, wollten, dass er fromm war. Er war nicht fromm. Mein Vater prügelte ihn, weil er wollte, dass er seine Bücher las, aber die Prügel machten auch keinen Leser aus ihm. Am glücklichsten war er mit den Kindern der Dienstboten, er rannte wild mit ihnen herum, bis meine Mutter seine Wildheit nicht länger ertragen konnte und dafür sorgte, dass er zu den Nonnen von Santo Espírito geschickt wurde. Dort haben sie versucht, ihm die Seele aus dem Leib zu prügeln, aber er riss ihnen aus. Damals war er dreizehn, und erst sechzehn Jahre

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