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Sharpes Flucht

Sharpes Flucht

Titel: Sharpes Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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überzeugen, dass die Engländer bleiben würden, aber im Grunde seines Herzens wusste Ferragus, dass Portugals Verbündete zurück aufs Meer flüchten und nach Hause segeln würden. Und warum sollte er in diesem Fall in Lissabon den erobernden Franzosen in die Falle gehen? Besser war es, sich hier erwischen zu lassen, in seiner eigenen Stadt. Ferragus plante bereits, wie er in dieser neuen Welt, in der die Franzosen letzten Endes ganz Portugal in ihren Besitz bringen würden, überleben wollte.
    Er hatte eine solche Eroberung nie ausgeschlossen. Ferreira hatte ihn vor dieser Möglichkeit gewarnt, und die Tonnen Mehl, die Sharpe auf dem Hügel zerstört hatte, waren als eine Gabe an die Eroberer gedacht gewesen, als ein Angebot, um sie wissen zu lassen, dass Ferragus ein Mann war, mit dem man Verhandlungen führen konnte. Es war seine Rückversicherung gewesen, denn Liebe brachte Ferragus den Franzosen nicht gerade entgegen. Ohne Frage wollte er sie hier in Portugal nicht haben, aber er wusste, dass man sich besser zum Partner der Eroberer als zu deren Opfer machte. Er war ein wohlhabender Mann, der viel zu verlieren hatte, und wenn die Franzosen ihm Schutz anboten, würde er wohlhabend bleiben. Wenn er sich widersetzte, ja sogar wenn er nichts tat, außer nach Lissabon zu fliehen, würden die Franzosen ihn bis aufs letzte Hemd ausplündern. Er hegte keinen Zweifel daran, dass er einen Teil seines Besitzes verlieren würde, falls die Franzosen kamen, aber solange er mit ihnen zusammenarbeitete, würde er mehr als genug übrig behalten. Das war einfach nur eine vernünftige Überlegung, und als er jetzt im Arbeitszimmer seines Bruders saß und auf das Donnern des entfernten Kanonenfeuers lauschte, wurde ihm klar, dass es sogar schon ein Fehler gewesen war, die Flucht nach Lissabon auch nur in Erwägung zu ziehen. Wenn diese Schlacht gewonnen wurde, würden die Franzosen nie hierherkommen, und wenn sie verloren ging, wäre alles verloren. Am besten man blieb also in der Nähe seines Besitzes und schützte ihn.
    Sein älterer Bruder war der Schlüssel. Pedro Ferreira war ein angesehener Stabsoffizier, und seine Kontakte reichten über die Lücke zwischen den Armeen hinweg bis hin zu jenen portugiesischen Offizieren, die sich mit den Franzosen verbündet hatten. Über seinen Bruder konnte Ferragus die Franzosen erreichen und ihnen das anbieten, was sie am nötigsten brauchten: Nahrungsmittel. In seinem Warenhaus in der Unterstadt hatte er einen Vorrat von Zwieback eingelagert, der für sechs Monate reichte, eingesalzenes Rindfleisch für zwei Monate, eingesalzenen Kabeljau für einen Monat und stapelweise weitere Lebensmittel und Gebrauchsgüter. Dort gab es Lampenöl, Stiefelleder, Hufeisen und Nägel. Die Franzosen würden es stehlen wollen, aber Ferragus musste einen Weg finden, sie dazu zu bringen, es zu kaufen. Auf diese Weise würde Ferragus überleben.
    Er öffnete die Tür des Arbeitszimmers, rief nach einer Bediensteten und schickte sie, um Miss Fry ins Arbeitszimmer zu holen. »Ich kann nicht schreiben«, erklärte er ihr, als sie eintraf, und hielt seine verwundete Hand hoch, um seine Unfähigkeit zu beweisen. In Wahrheit konnte er sehr wohl schreiben, obwohl seine Knöchel ihm noch wehtaten und es ihm Schmerzen bereitete, die Finger zu biegen, aber er wollte nicht schreiben. Er wollte Sarah. »Sie werden für mich schreiben«, fuhr er fort. »Also setzen Sie sich hin.«
    Sarah schreckte vor seinem abrupten Ton zusammen, setzte sich jedoch gehorsam an den Schreibtisch des Majors und zog Papier, Tintenfass und Löschsand zu sich heran. Ferragus stand dicht hinter ihr. »Ich bin bereit«, sagte sie.
    Ferragus sagte nichts. Sarah blickte auf die gegenüberliegende Wand, die von Büchern in Ledereinbänden bedeckt war. Das Zimmer roch nach Zigarrenrauch. Die Kanonenschüsse dauerten an, ein Grollen aus weiter Entfernung, wie Donnerschläge in einem benachbarten Bezirk. »Der Brief«, sagte Ferragus und erschreckte sie mit seiner grollenden Stimme, »ist für meinen Bruder.« Er rückte noch näher heran, sodass sich Sarah seiner raumgreifenden Präsenz dicht hinter ihrem Stuhl bewusst war. »Senden Sie ihm meine Grüße«, sagte Ferragus, »und lassen Sie ihn wissen, dass in Coimbra alles in Ordnung ist.«
    Sarah fand eine Feder mit einer stählernen Spitze, tauchte sie in die Tinte und begann zu schreiben. Die Feder verursachte ein kratzendes Geräusch. »Teilen Sie ihm mit«, fuhr Ferragus fort, »dass die

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