Sharpes Flucht
voranzutreiben, und das Versprechen würde er halten müssen. »Sprechen Sie mit ihm«, ermutigte er Leroy. »Vielleicht schlagen Sie ihm vor, sich schriftlich zu entschuldigen? Er braucht den Brief auch nicht persönlich zu übergeben. Ich überbringe ihn selbst und zerreiße ihn hinterher.«
»Ich werde es ihm vorschlagen«, sagte Leroy, und dann ging er den hinteren Hang der Anhöhe hinunter, wo er den zeitweiligen Quartiermeister des Bataillons vorfand, der mit einem Dutzend Ehefrauen des Bataillons zusammensaß. Sie alberten und lachten, verstummten aber, sobald Leroy näher kam. »Tut mir leid, Sie zu stören, meine Damen.« Aus Höflichkeit den Frauen gegenüber zog der Major seinen verbeulten Zweispitz vom Kopf, dann wandte er sich an Sharpe: »Auf ein Wort?« Er führte Sharpe ein paar Schritte weit den Hügel hinunter. »Sie wissen, was ich Ihnen zu sagen habe?«, fragte Leroy.
»Ich kann es mir denken.«
»Und?«
»Nein, Sir.«
»Das habe ich mir gedacht«, erwiderte Leroy. »Gott im Himmel, wer ist denn das?« Er hatte den Blick wieder den Frauen zugewandt, und Sharpe wusste, dass sich die Bemerkung des Majors auf ein attraktives, langhaariges portugiesisches Mädchen bezog, das sich eine Woche zuvor dem Bataillon angeschlossen hatte.
»Sergeant Enables hat sie gefunden«, erklärte Sharpe.
»Beim Erlöser, sie kann nicht älter sein als elf«, sagte Leroy, dann betrachtete er einen Moment lang die anderen Frauen. »Verdammt noch mal«, fuhr er fort, »diese Sally Clayton ist vielleicht hübsch.«
»Hübsch verheiratet leider auch«, sagte Sharpe.
Leroy grinste. »Haben Sie je die Geschichte von Uriah, dem Hetiter, gelesen, Sharpe?«
»Hetiter? Ist das ein Preisringer?«, vermutete Sharpe.
»Nicht ganz, Sharpe. Es ist ein Mann aus der Bibel. Uriah, der Hetiter, hatte eine Frau, und König David wollte sie in sein Bett bekommen, also schickte er Uriah in den Krieg und befahl seinem General, den armen Kerl in die vorderste Linie zu stellen, sodass irgendein anderer armer Kerl kommen und ihn töten würde. Es hat funktioniert.«
»Ich werde es mir merken«, sagte Sharpe.
»An den Namen der Frau kann ich mich nicht erinnern«, sagte Sharpe. »Sally hieß sie aber bestimmt nicht. Was soll ich jetzt also dem Colonel sagen?«
»Dass er sich gerade den besten verdammten Quartiermeister der ganzen Armee besorgt hat.«
Leroy unterdrückte ein Lachen und ging den Hügel hinauf. Nach ein paar Schritten blieb er stehen und drehte sich um. »Bathseba«, rief er Sharpe zu.
»Was für ein Bad?«
»Das war ihr Name. Bathseba.«
»Hört sich auch an wie ein Preisringer.«
»Aber Bathseba hat unter der Gürtellinie getroffen, Sharpe«, sagte Leroy. »Weit unter der Gürtellinie.« Vor den Frauen des Bataillons zog er erneut seinen Hut und ging weiter.
»Er denkt darüber nach«, berichtete er ein paar Augenblicke später dem Colonel.
»Hoffen wir, dass er klar denkt«, erwiderte Lawford geradezu flehentlich.
Aber selbst wenn Sharpe wirklich darüber nachdachte, die Entschuldigung traf nicht ein. Stattdessen erhielt die Armee, sobald es Abend wurde, den Befehl, sich für den Rückzug vorzubereiten. Die Franzosen wurden beim Aufbruch beobachtet, sie waren offensichtlich auf dem Weg zu der Straße, die am nördlichen Ende der Anhöhe verlief, also galoppierten die reitenden Boten über den Hügelkamm und überbrachten Befehle, die Armee solle vor dem Morgengrauen in Richtung Lissabon aufbrechen. Das South Essex Regiment bekam als Einziges unter den britischen Bataillonen andere Befehle. »Es sieht aus, als würden wir uns zurückziehen, meine Herren«, sagte Lawford zu den Befehlshabern der Kompanien, während sein Zelt von Offiziersburschen abgebaut wurde. Überraschtes Gemurmel kam auf, das Lawford mit erhobener Hand zum Schweigen brachte. »Es gibt eine Straße, die oben um die Anhöhe führt«, erklärte er, »und wenn wir hierbleiben, fallen uns die Franzosen in die Flanke. Sie sitzen uns am Hintern, also tanzen wir ein paar Tage lang rückwärts. Finden einen anderen Ort, um sie bluten zu lassen, was?« Einige der Offiziere wirkten noch immer überrascht, dass sie, obwohl sie einen Sieg errungen hatten, Boden preisgeben sollten, aber Lawford ignorierte ihre Verwunderung. »Wir haben unsere eigenen Befehle, meine Herren«, fuhr er fort. »Ein Bataillon soll heute Nacht aufbrechen und auf dem schnellsten Weg nach Coimbra marschieren. Ein langer Marsch, fürchte ich, aber nicht zu vermeiden. Wir sollen
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