Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sharpes Gold (German Edition)

Sharpes Gold (German Edition)

Titel: Sharpes Gold (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
nervös war. Wellington drehte sich wieder zu ihm um.
    »Ist Ihnen klar, Captain Sharpe, was für einen Schaden unsere Sache erleidet, wenn unsere Soldaten Diebstähle oder Vergewaltigungen begehen?« Seine Stimme klang vernichtend ruhig.
    »Jawohl, Sir.«
    »Das hoffe ich, Captain Sharpe, das hoffe ich.« Er nahm wieder Platz. »Unsere Feinde werden zum Stehlen angehalten, weil sie anders nicht ernährt werden können. Deshalb werden sie gehasst, wohin sie sich auch wenden. Ich gebe Geld aus – Gott weiß, wie viel Geld – für Lieferung und Transport und den Einkauf von Nahrungsmitteln von der Bevölkerung, damit unsere Soldaten nicht zu stehlen brauchen. Wir tun dies, damit sie von den Einwohnern willkommen geheißen und unterstützt werden. Verstehen Sie das?«
    Sharpe wünschte sich, die Strafpredigt wäre vorbei. »Jawohl, Sir.«
    Über ihren Köpfen war plötzlich ein seltsames Geräusch zu hören, ein Schleifen und Rasseln, und Wellington richtete den Blick an die Zimmerdecke, als wüsste er dieses Geräusch zu deuten. Sharpe kam der Gedanke, dass sich der Telegraf in Gang gesetzt haben musste, dass die luftgefüllten Blasen an den Seilen hinauf- und herabgezogen wurden und eine verschlüsselte Botschaft jener Truppenteile brachten, die den Franzosen gegenüberstanden. Der General hörte einige Sekunden lang zu, dann senkte er den Kopf und sah Sharpe an. »Ihre Beförderung ist noch nicht bestätigt worden.«
    Es gab nicht viel, was der General hätte sagen können, um Sharpe zu beunruhigen. Offiziell war er nach wie vor Lieutenant, nur ein Lieutenant, der vor einem Jahr von Wellington in den Rang eines Captains erhoben worden war. Wenn die Horse Guards in Whitehall dagegen waren, und er wusste, dass sie derart unvorschriftsmäßige Beförderungen in der Regel verweigerten, würde er bald wieder Lieutenant sein. Er sagte nichts, während Wellington ihn beobachtete. Wenn dies ein Warnschuss sein sollte, gedachte er ihn schweigend hinzunehmen.
    Der General seufzte, hob ein Blatt Papier auf, legte es wieder hin. »Der Soldat wurde bestraft?«
    »Jawohl, Sir.« Er dachte an Batten, wie dieser atemlos auf dem Boden gelegen hatte.
    »Dann sorgen Sie bitte dafür, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt. Nicht einmal, Captain Sharpe, wenn es um wilde Hühner geht.«
    Mein Gott, dachte Sharpe, der weiß alles, was in diesem Heer vorgeht. Schweigen breitete sich aus. War es schon vorbei? Kein Kriegsgericht? Keine Entschuldigung? Er hüstelte, und Wellington blickte auf.
    »Ja?«
    »Ich hatte mehr erwartet, Sir. Kriegs- oder Standgericht.«
    Sharpe hörte, wie Lawford verlegen von einem Bein aufs andere trat, aber den General schien es nicht zu stören. Er stand auf und ließ sein seltenes schmales Lächeln sehen.
    »Ich würde Sie, Captain Sharpe, und diesen verdammten Sergeant liebend gern aufknüpfen. Aber ich fürchte, wir werden Sie noch brauchen. Wie, glauben Sie, stehen in diesem Sommer unsere Chancen?«
    Erneut breitete sich Schweigen aus. Der Themenwechsel hatte sie allesamt überrascht. Lawford räusperte sich. »Es herrscht einige Besorgnis, Mylord, bezüglich der Absichten des Feindes und darüber, wie wir reagieren sollen.«
    Wieder ein frostiges Lächeln. »Der Feind hat die Absicht, uns aufs Meer abzudrängen, und zwar bald. Wie sollen wir reagieren?« Wellington, erkannte Sharpe, wollte Zeit gewinnen. Er wartete auf etwas beziehungsweise auf jemanden.
    Lawford war unbehaglich zumute. Diese Frage hätte er sich lieber vom General beantworten lassen. »Wir stellen ihn im Kampf, Sir?«
    »Dreißigtausend Soldaten, dazu fünfundzwanzigtausend unerprobte Portugiesen, gegen dreihundertfünfzigtausend Mann?«
    Wellington ließ die Zahlen in der Luft hängen wie den Staub, der im schräg einflutenden Sonnenlicht über seinem Tisch waberte. Über ihnen war nach wie vor das Scharren der Füße jener Männer zu hören, die den Telegrafen bedienten. Die Zahlen, wusste Sharpe, waren übertrieben. Masséna brauchte allein Tausende dieser Männer, um die Guerilleros in Schach zu halten. Dennoch war der zahlenmäßige Unterschied beängstigend. Wellington schnüffelte. Es klopfte an der Tür.
    »Herein.«
    »Sir.«
    Der Major, der sie in den Raum geführt hatte, überreichte dem General einen Zettel. Der las ihn, schloss einen Moment lang die Augen und seufzte.
    »Der Rest der Nachricht kommt noch?«
    »Jawohl, Sir. Aber das Wesentliche ist da.«
    Der Major ging, und Wellington lehnte sich in seinem Sessel zurück.

Weitere Kostenlose Bücher