Sharpes Gold (German Edition)
Stadtgraben und Wachtürme, Bastionen und Batterien.
Er fröstelte wieder. Er hatte keine Angst vor Entscheidungen. Sie gehörten zu seinen Aufgaben, und er verachtete Männer, die sich davor fürchteten, sie zu treffen. Aber in diesem Augenblick, mitten auf dem weiten Platz, bekam er es mit der Angst zu tun.
Er wartete den ganzen Nachmittag über, lauschte an diesem letzten Friedenstag, den Almeida in nächster Zeit erleben würde, den sonntäglichen Glocken, aber Cox ließ sich nicht blicken. Einmal hörte er, wie eine portugiesische Batterie das Feuer eröffnete, doch es kam keine Antwort, und die Stadt setzte ihren Schlummer fort und wartete auf ihren Moment. Die Tür ging auf, und Sharpe, der in seinem Sessel halb eingeschlafen war, sprang auf. An der Schwelle stand Teresas Vater, ein angedeutetes Lächeln auf den Lippen. Er schloss leise die Tür.
»Ihr ist nie ein Leid geschehen?«
»Nein.«
Der Mann lachte. »Sie sind klug vorgegangen.«
»Sie war es, die klug vorgegangen ist.«
Cesar Moreno nickte. »So ist sie. Wie ihre Mutter.« Seine Stimme klang traurig, und Sharpe empfand Mitleid mit ihm. Der Mann blickte auf. »Warum ist sie zu Ihnen übergelaufen?«
Sharpe schüttelte den Kopf. »Ist sie nicht. Sie hat nur etwas gegen die Franzosen.«
»Ah, die Leidenschaft der Jugend.« Er kam langsam näher. »Wie ich höre, sind Ihre Männer nicht bereit, das Gold freizugeben?« Sharpe zuckte mit den Schultern, und der Spanier verfolgte die Geste mit einem Lächeln. »Verachten Sie mich?«
»Nein.«
»Ich bin ein alter Mann, dem plötzlich Macht übertragen wurde. Ich bin nicht wie Sánchez.« Er hielt inne und dachte an den großen kastilischen Partisanen. »Er ist jung. Er genießt alles. Ich will nur Frieden.« Er lächelte, als sei er verlegen über seine Worte.
»Können Sie ihn erkaufen?«
»Was für eine törichte Frage. Natürlich! Wir haben nicht etwa aufgegeben, müssen Sie wissen.«
»Wir?«
»El Católico und ich.« Er zuckte mit den Schultern, fuhr mit dem Finger über die staubige Tischfläche.
Sharpe ging auf, dass El Católico vielleicht nicht aufgegeben hatte, dass jedoch Cesar Moreno, der Witwer und Vater, bei beiden Parteien um Befürworter warb.
Der alte Mann sah ihn an. »Haben Sie mit ihr geschlafen?«
»Ja.«
Er lächelte wieder, ein wenig bedauernd, und wischte den Staub von seiner Hand. »Viele Männer würden Sie beneiden.« Sharpe antwortete nicht, und Moreno blickte ihn finster an. »Sie wird nicht zu Schaden kommen, nicht wahr.« Das war keine Frage. Er wusste es.
»Nicht durch mich.«
»Ah. Sehen Sie sich vor, Captain Sharpe. Er ist ein besserer Fechter als Sie.«
»Ich werde mich vorsehen.«
Der Spanier wandte sich ab, betrachtete die Ölgemälde an der Wand, die von glücklicheren Zeiten sprachen, von üppigeren Zeiten, und sagte ruhig: »Er wird nicht zulassen, dass Sie das Gold fortschaffen, das ist Ihnen doch klar?«
»Er?«
»General Cox.«
»Das war mir nicht klar.«
Moreno drehte sich wieder um. »Es ist ein Vergnügen, Ihnen zuzusehen, Captain. Wir wussten alle, dass Kearsey ein Narr war, ein freundlicher Narr, aber nicht gerade, wie sagt man – rege? – im Kopf.«
»Ich weiß, was Sie meinen.«
»Dann sind Sie gekommen, und wir dachten, die Engländer hätten einem intelligenten Narren einen starken Narren hinterhergeschickt. Sie haben uns an der Nase herumgeführt!« Er lachte. Es war schwer, in einer fremden Sprache zu scherzen. »Nein, er wird es Ihnen nicht gestatten. Cox ist ein ehrenwerter Mann, wie Kearsey, und beide wissen, dass das Gold uns gehört. Wie wollen Sie sich da herauswinden, Freund?«
»Sie werden es ja sehen.« Sharpe lächelte nun ebenfalls.
»Das werde ich. Und meine Tochter?«
»Sie wird zu Ihnen zurückkehren. Schon bald.«
»Und das stimmt Sie traurig?«
Sharpe nickte, und Moreno warf Sharpe einen schlauen Blick zu, der den Schützen daran erinnerte, wie mächtig dieser Mann einst gewesen war. Und in Zukunft wieder sein konnte.
Morenos Stimme klang sanft. »Vielleicht eines Tages?«
»Aber Sie hoffen, dass dieser Tag nicht eintritt.«
Teresas Vater nickte und lächelte. »Das hoffe ich, aber sie ist eigensinnig. Ich habe sie beobachtet, von dem Tag an, als ich sie El Católico versprochen habe. Ich wusste, dass sie mir eines Tages ins Gesicht spucken würde, und ihm. Sie hat ihren Moment abgewartet, genau wie Sie.«
»Und nun wartet er seinen Moment ab?«
»Ja. Sehen Sie sich vor.« Moreno trat zur Tür und
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