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Sharpes Gold (German Edition)

Sharpes Gold (German Edition)

Titel: Sharpes Gold (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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graben, linkisch mit angewinkeltem Arm auf dem Bauch liegend, und entfernte eine Hand voll Erde nach der anderen vom Grab. Das war schwieriger, als er angenommen hatte. Jede Hand voller trockener Scholle und scharfer Steine verursachte einen kleineren Erdrutsch von der Spitze des Haufens, und jedes Mal erschien ihm das Geräusch ohrenbetäubend laut, aber er wagte es nicht, etwas anderes zu tun, als weiter an dem Grab herumzuscharren, während die Muskeln seines unnatürlich verrenkten Arms vor Schmerzen geradezu schrien.
    Einmal glaubte er etwas zu hören, Schritte auf Stein, doch als er erstarrte, ließ sich nichts mehr vernehmen. Er blickte auf, sah den Anflug von Grau, der die ihm verbliebene Zeit knapp machte, und grub immer tiefer. Er zwängte seine Hand in den Erdhaufen, versuchte einen Tunnel nach unten zu schaffen, um zu erreichen, was immer in diesem harten, flachen Boden vergraben war.
    Unseligerweise verbesserte sich die Sicht immer mehr, und was ihm zuvor im Mondlicht wie geduckte Schatten vorgekommen war, gab sich nun als schmuckvolle Grabsteine zu erkennen. Er konnte sogar die Inschrift auf dem nächststehenden Grabstein lesen – Maria Uracca –, und die Engelsfigur, die ihre letzte Ruhestätte bewachte, schien ihn im düsteren Licht gehässig anzugrinsen.
    Er ließ alle Vorsicht außer Acht und riskierte einen Blick nach oben, aber in der gewölbten Öffnung an der Spitze des Turms war nichts zu sehen außer den grauen verschwommenen Umrissen der Glocke.
    Er schob seine Hand noch weiter hinein und fand nichts als Erde und Steine. Er vergrößerte das Loch, das er gegraben hatte und das aussah, als habe ein Hund nach einem Knochen gescharrt. Dann erklang irgendwo im Dorf laut und deutlich eine Stimme, und er wusste, dass die Zeit um war. Die Stimme hatte sich nicht beunruhigt angehört, nur so, als würde jemand aufstehen, aber es hatte keinen Sinn, sich noch länger verbergen zu wollen. Er richtete sich in kniende Position auf und gebrauchte beide Hände, tastete sich immer tiefer vor zum unbekannten Inhalt des Grabes.
    Und da war es auch schon. Sackleinen. Er grub beschleunigt weiter, wobei die Erde jedes Mal zurück auf das freigelegte Stück Sack rutschte, und seine Gedanken eilten voraus zu der Vorstellung von Goldmünzen in dünnen Säcken, sechs Zoll tief unter dem Erdboden vergraben.
    Er räumte erneut die Stelle frei, konnte das Sackleinen klar erkennen, und er warf sich mit steifen Fingern darauf, zerriss es und zwängte seine Hand zwischen die Münzen. Doch es waren keine Münzen da, nur der üble, entsetzliche Verwesungsgestank einer Leiche und ein grässlicher Schleim an seinen Fingern, ein Würgen in seinem Hals. Da wurde ihm augenblicklich klar, dass es sich bei diesem in einfaches braunes Tuch gekleideten Leichnam nicht um Captain Hardy handelte, sondern um den Bediensteten El Católicos, den die plündernden Franzosen aus unerfindlichem Grund in Ruhe gelassen hatten. Er hatte versagt, endgültig, gänzlich. Total versagt. Er erlebte das Ende von tausend Hoffnungen, und an seinen Fingern klebte verwesendes Fleisch. Hier gab es kein Gold.
    »Guten Morgen.« Die Stimme klang spöttisch, ruhig und gelassen, und als Sharpe herumwirbelte, sah er El Católico am Eingang der Einsiedelei stehen. Der spanische Offizier hielt sich im Schatten, doch die langen Uniformmanschetten unter dem grauen Umhang, der schlanke Degen und die samtweiche Stimme waren unverkennbar. »Guten Morgen, Captain Sharpe. Hatten Sie vielleicht Hunger?«
    Sharpe stand auf und war sich seiner verschmutzten Uniform unangenehm bewusst. Er bückte sich, um sein Gewehr aufzuheben, verhielt jedoch, als er die Mündung der Muskete entdeckte, die hinter El Católico auf ihn gerichtet war. Und plötzlich gingen auf leisen Sohlen ein Dutzend Männer zu beiden Seiten des Spaniers in Stellung, der Sharpe weiterhin mit spöttischen Blicken bedachte.
    »Graben Sie häufig Leichen aus, Captain Sharpe?«
    Darauf gab es nichts zu sagen. Er ließ das Gewehr auf dem Boden liegen und richtete sich auf.
    »Ich habe Sie gefragt, ob Sie häufig Leichen ausgraben, Captain.«
    Der hochgewachsene Mann trat einige Schritte vor auf den Friedhof. Sharpe wischte den Schleim von seiner Hand an seine Uniformhose. Warum, verdammt noch mal, war Harper nicht aufgetaucht? Hatten sie ihn auch entdeckt? Sharpe hatte nichts gehört, keine Schritte, keine quietschende Tür, aber er hatte die ganze Zeit in der Erde gescharrt, und der Lärm hatte ausgereicht,

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