Sharpes Gold (German Edition)
erschossen. Verstanden?«
Der Spanier antwortete nicht. Sharpe hatte vier Schützen im Glockenturm postiert und befohlen, jeden Reiter zu erschießen, der sich von Casatejada entfernte. Im Augenblick musste er so viel Zeit gewinnen wie möglich, ehe El Católicos Rotte zäher Partisanen im Bergland die Verfolgung der Leichten Kompanie aufnahm. Das Baker-Gewehr knallte, der hängende Ast flog durch die Luft, immer noch an einem Stück Rinde hängend. Hagman hatte die fahle Rinde nicht ganz abgetrennt, doch die Demonstration genügte vollauf.
El Católico ließ den Ast nicht aus den Augen, der wie ein Pendel hin und her schwang. Er schwieg. Seine Männer saßen entwaffnet und immer noch perplex an der Friedhofsmauer und sahen fünf weiteren Schützen unter Harpers Aufsicht zu, die mit ihren Bajonetten in dem riesigen Misthaufen herumstocherten. Sie holten lederne Beutel heraus, die mit Münzen gefüllt waren, und legten sie vor Sharpe nieder. Ein Beutel nach dem anderen, prall voll mit Gold, mehr Gold, als Sharpe je auf einem Haufen gesehen hatte, ein Vermögen, das seine kühnsten Vorstellungen überstieg.
Die Rifles waren beeindruckt von dem Gold, hocherfreut über seine Entdeckung. Sie betrachteten die warmen, stinkenden Beutel zu Füßen von Sharpe mit ungläubiger Erregung.
El Católicos Gesicht war so starr wie eine Kindermaske, wie sie auf einem ländlichen Jahrmarkt zu haben ist, aber Sharpe wusste, dass die eisern beherrschten Muskeln einen tobenden Zorn verbargen. Der Spanier kam zu Sharpe herüber und zeigte auf die Beutel. »Unser Gold, Sharpe.«
»Unseres?«
»Spanisches Gold.« Die dunklen Augen blickten forschend in das Gesicht des Schützen.
»Also schaffen wir es für Sie nach Cádiz. Wollen Sie mitkommen?«
»Cádiz!« Einen Moment lang verrutschte die Maske, und die Stimme war ein wütendes Knurren. »Ihr werdet es nicht nach Cádiz schaffen! Es wird mit eurem Heer nach England zurückkehren, um euren Generälen Annehmlichkeiten zu erkaufen.«
Sharpe hoffte, dass sein eigenes Gesicht ebenso verächtlich aussah wie das des Spaniers. »Und was hatten Sie damit vor?«
Der Spanier zuckte mit den Schultern. »Wir wollten es nach Cádiz bringen. Auf dem Landweg.«
Sharpe glaubte ihm nicht. Sämtliche Instinkte sagten ihm, dass El Católico vorgehabt hatte, das Gold zu stehlen und für sich zu behalten, aber er hatte keine Beweise außer dem, dass das Gold versteckt worden war. Er bedachte den Guerillaführer mit einem Schulterzucken. »Dann ersparen wir Ihnen halt die Reise. Es wird uns ein Vergnügen sein.«
Er lächelte El Católico an. Der wandte sich ab und redete hastig auf seine Männer ein, wobei er immer wieder auf Sharpe zeigte. Die an der Mauer hockenden Kämpfer brachen in wütendes Gemurmel aus, sodass Sharpes Männer gezwungen waren, ihre Gewehre zu heben und einen Schritt näher zu treten.
Patrick Harper blieb neben Sharpe stehen und reckte sich. »Die sind nicht glücklich, Sir.«
Sharpe grinste. »Sie glauben, wir würden ihnen ihr Gold wegnehmen. Ich glaube nicht, dass sie uns helfen wollen, es nach Cádiz zu schaffen.«
Teresa starrte Sharpe an wie eine Katze einen Vogel. Harper sah ihren Gesichtsausdruck.
»Glauben Sie, die werden versuchen, uns daran zu hindern, Sir?«
Sharpe hob unschuldig die Brauen. »Wir sind doch Verbündete.« Er hob die Stimme und sprach langsam, damit diejenigen unter den Spaniern, die ein wenig Englisch konnten, ihn verstanden. »Wir bringen das Geld nach Cádiz, zur Junta.«
Teresa spuckte aus und hob erneut den Blick zu Sharpe. Er fragte sich, ob sie wohl allesamt gewusst hatten, dass das Gold im Misthaufen versteckt war. Er bezweifelte es. Hätten zu viele Partisanen Bescheid gewusst, hätte immer die Gefahr bestanden, dass einer auspackte und das Geheimnis verriet. Andererseits war nicht zu bezweifeln, dass sie, nachdem das Gold entdeckt war, alles daransetzen würden, zu verhindern, dass er es mitnahm. Das bedeutete Krieg, unerklärten, rücksichtslosen Privatkrieg. Sharpe fragte sich, wie die Leichte Kompanie es schaffen sollte, die Münzen durch ein Terrain zu transportieren, das für El Católicos Männer ein vertrautes Jagdrevier war.
»Sir!«, rief Hagman vom Glockenturm herab. »Mister Knowles in Sicht, Sir!«
Knowles war offenbar vom Weg abgekommen und hilflos durch die Dunkelheit geirrt. Jedenfalls war das Gesicht des jungen Lieutenants aufgebracht und müde, als die Männer mit den roten Röcken ins Dorf gestolpert kamen. Als
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