Sharpes Sieg
könnten zerkratzt werden?«, höhnte Dodd. »Was wollen Sie, Monsieur? Ein zerkratztes Rohr und ein lebendes Regiment? Oder ein sauberes Geschütz und eine Reihe toter Männer? Bis morgen dreißig Schuss Kartätschen pro Geschütz, und wenn kein Platz in den Protzen ist, werfen Sie diese verdammten Kanonenkugeln raus. Da könnten Sie genauso gut mit Kirschkernen feuern wie mit diesen Kieselsteinen.« Dodd knallte den Deckel der Protze zu.
Selbst wenn die Geschütze behelfsmäßige Kartätschen abfeuerten, war er sich nicht sicher, ob er sie behalten wollte. Jedes Bataillon in Indien hatte solche Unterstützungsartillerie, doch nach Dodds Meinung dienten die Geschütze nur dazu, die Manöver eines Regiments zu verlangsamen. Sie waren schwerfällig, und der Viehbestand, der gebraucht wurde, um sie zu ziehen, war lästig. Und wenn er je seine eigene compoo bekommen würde, dann würde er die Regimenter von Feldgeschützen befreien, denn wenn sich ein Infanteriebataillon nicht mit Musketen verteidigen konnte, welchen Nutzen hatten sie dann? Aber jetzt war er mit fünf Geschützen belastet. So würde er sie als gigantische Schrotflinten benutzen und auf dreihundert Yards das Feuer eröffnen. Die Kanoniere würden über den Schaden bei den Rohren stöhnen, aber zum Teufel mit den Kanonieren!
Dodd inspizierte die Haubitze, fand sie so sauber wie die anderen Geschütze und nickte dem eingeborenen Kompanieführer der Artilleristen zu. Er sprach kein Lob aus, denn er hielt nichts davon, Männer zu loben, nur weil sie ihre Pflicht taten. Lob gebührte denjenigen, die ihre Pflicht übertrafen, Strafe denjenigen, die sie nicht erfüllten, und für den Rest war Schweigen bestimmt.
Als die fünf Geschütze inspiziert waren, ging Dodd langsam an den weiß berockten Gliedern der Infanterie vorbei, wo er jedem Mann in die Augen sah und seine grimmige Miene behielt, obwohl die Soldaten besonders darauf geachtet hatten, einen guten Eindruck auf ihren neuen befehlshabenden Offizier zu machen.
Captain Joubert folgte Dodd mit einem Schritt Abstand, und es war etwas Spaßiges am Anblick des großen, langbeinigen Dodd und des kleinen Joubert, der sich beeilen musste, um mit dem Engländer Schritt zu halten.
Dann und wann machte der Franzose eine Bemerkung. »Er ist ein guter Mann, Sir«, sagte er, als sie einen Soldaten passierten, doch Dodd ignorierte das Lob jedes Mal, und nach einer Weile verfiel Joubert in Schweigen und blickte nur finster auf Dodds Rücken. Dodd spürte die Abneigung des Franzosen, doch er machte sich nichts daraus.
Dodd war zwar beeindruckt, zeigte jedoch keinerlei Reaktion auf das Äußere des Regiments. Diese Männer waren smart, und ihre Waffen waren so sauber wie die seiner eigenen Sepoys, die jetzt, in neu ausgegebenen weißen Uniformröcken, als zusätzliche Kompanie an der linken Flanke des Regiments angetreten waren, wie in britischen Regimenten die Plänkler antraten. Die East India Company hatte keine Plänkler, denn man hielt die Sepoys für nicht gut genug darin, aber Dodd hatte sich entschlossen, seine loyalen Sepoys zu den besten Plänklern in Indien zu machen. Sollten sie der Company beweisen, dass sie sich mit ihrem Vorurteil irrte, und dadurch konnten sie helfen, die Company zu zerstören.
Die meisten der Männer blickten Dodd in die Augen, als er an ihnen vorbeiging, jedoch nur wenige lange, die meisten blickten schnell fort. Joubert sah die Reaktionen und sympathisierte mit den Männern, denn da war etwas ausgesprochen Unangenehmes an dem länglichen, grimmigen Gesicht des Engländers, vor dem man sich fürchten konnte. Joubert sagte sich, dass dieser Engländer vermutlich ein Peitscher war. Die Engländer waren berüchtigt dafür, die Peitsche zur Züchtigung gegen ihre eigenen Männer einzusetzen und Rotröcke blutig zu schlagen, doch Joubert irrte sich in der Annahme, dass Dodd auch zu diesen Schindern zählte. Major Dodd hatte nie in seinem Leben jemanden ausgepeitscht, und das nicht nur, weil die Company die Prügelstrafe in ihrer Armee verbot, sondern weil William Dodd das Auspeitschen verabscheute und es hasste, wenn Soldaten zur Strafe ausgepeitscht wurden.
Major Dodd mochte Soldaten. Er hasste die meisten Offiziere, besonders die im Rang über ihm, aber er mochte Soldaten. Gute Soldaten gewannen Schlachten, und Siege machten Offiziere berühmt, folglich brauchte ein Offizier zum Erfolg Soldaten, die ihn mochten und ihm folgen würden. Dodds Sepoys waren der Beweis dafür. Er hatte
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