Sharpes Sieg
Man kann nicht darauf vertrauen, dass ein Franzmann sie geschmiert hält. Sie brüten schon wieder, Sharpe.«
»Ich kann es nicht ändern, Sir.«
»Es führt zu nichts, wenn man brütet. Überlassen Sie das Brüten den Poeten und Priestern. Diese Typen werden dafür bezahlt. Für Sie muss das Leben weitergehen. Was hätten Sie denn tun können?«
»Ich hätte ein paar der Bastarde killen können, Sir.«
»Und die hätten Sie gekillt, und das hätte weder Ihnen noch mir gefallen. Sehen Sie sich diesen Winkel an. Nicht zu glauben! Ich liebe rechte Winkel, das muss ich sagen. Wir sollten das mit den Stellböcken überprüfen. Wie geht es Ihrem Kopf?«
»Besser, Sir.« Sharpe betastete den Verband, der sich um seine Stirn wand. »Ich habe jetzt keine Schmerzen mehr, Sir.«
»Vorsehung, Sharpe, das ist göttliche Vorsehung. Der liebe Gott in seiner Gnade wollte, dass Sie am Leben bleiben.« Stokes nahm den Keil aus dem Schraubstock und ging damit zur Lafette. »Eine Spur von Farbe auf diesen Schwanz, und er ist fertig. Meinen Sie, der Radscha würde mir einen der Dachbalken geben?«
»Es kann nicht schaden, ihn zu fragen, Sir.«
»Das werde ich, das werde ich. Ah, ein Besucher.« Stokes richtete sich auf, als ein Reiter, eingehüllt in ein Regencape und mit ein Wachstuch über seinem Zweispitz, in den Hof der Waffenkammer ritt, ein zweites Pferd an den Zügeln. Der Besucher zog die Füße aus den Steigbügeln, schwang sich aus dem Sattel und band dann die Zügel beider Pferde an eine der Säulen des Schuppens.
Major Stokes, dessen Kleidung schmutzig und unordentlich zu werden begann, lächelte beim Anblick des großen Ankömmlings, dessen Zweispitz verriet, dass er ein Offizier war.
»Kommen Sie, um uns zu inspizieren?«, fragte der Major heiter. »Sie werden das Chaos entdecken. Nichts an der richtigen Stelle, alle Unterlagen schmuddelig, Holzwürmer im gelagerten Holz, Schimmel in den Magazinen und die Farbe völlig verdorben.«
»Besser, die Farbe ist verdorben als der Geist«, sagte der Neuankömmling. Dann nahm er seinem Zweispitz ab und enthüllte weißes Haar.
Sharpe, der sich auf eine der fertigen Geschützlafetten gesetzt hatte, sprang auf und entließ die überraschte Katze in die Hobelspäne des Majors. »Colonel McCandless, Sir!«
»Sergeant Sharpe!«, erwiderte McCandless. Der Colonel schüttelte Regenwasser von seinem Zweispitz und wandte sich an Stokes. »Und Sie, Sir?«
»Major Stokes, Sir, zu Ihren Diensten, Sir. John Stokes, Royal Engineers, Kommandant der Waffenkammer und, wie Sie sehen, Zimmermann Seiner Majestät.«
»Werden Sie mir verzeihen, Major Stokes, wenn ich mit Sergeant Sharpe rede?« McCandless streifte das Regencape von seiner Uniform der East India Company ab. »Sergeant Sharpe und ich sind alte Freunde.«
»Es ist mir ein Vergnügen, Sie allein zu lassen, Colonel«, sagte Stokes. »Ich habe in der Gießerei zu tun. Sie gießen zu schnell. Ich sage ihnen andauernd, dass zu schnelles Gießen Blasen im Metall gibt, was zur Katastrophe führen kann, aber sie wollen einfach nicht hören. Es ist nicht wie das Gießen von Tempelglocken, sage ich ihnen immer wieder, doch ich könnte mir den Atem sparen.« Er warf einen sehnsüchtigen Blick zu den glücklichen Männern, die den gigantischen Kopf für das Dusshera-Fest herstellten. »Und ich habe andere Dinge zu erledigen«, fügte er hinzu.
»Ich möchte, dass Sie bleiben, Major«, sagte McCandless sehr förmlich. »Ich nehme an, was ich zu sagen habe, betrifft auch Sie. Es ist schön, Sie zu sehen, Sharpe.«
»Es freut mich auch, Sie wiederzusehen, Sir«, sagte Sharpe, und das entsprach der Wahrheit. Er war mit Colonel Hector McCandless im Kerker Tippus eingesperrt gewesen, und wenn eine Freundschaft zwischen einem Sergeant und einem Colonel möglich war, dann bestand sie zwischen den beiden Männern.
McCandless, groß, kräftig und Anfang sechzig, war der Nachrichtenoffizier der East India Company für das südliche und westliche Indien, und in den vergangenen vier Jahren hatten er und Sharpe ein paar Mal miteinander geredet, wenn der Colonel durch Seringapatam gekommen war, doch diese Gespräche waren gesellschaftliche Plaudereien gewesen. Die grimmige Miene des Colonels ließ darauf schließen, dass das jetzige Treffen alles andere als gesellschaftlich war.
»Sie waren in Chasalgaon?«, fragte McCandless.
»Ja, das war ich, Sir.«
»Haben Sie Lieutenant Dodd gesehen?«
Sharpe nickte. »Den Bastard werde ich nie
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