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Sharpes Sieg

Titel: Sharpes Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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lassen Sie das restliche Geld auf Packtiere laden. Wir werden es mitnehmen.«
    Sillière war erstaunt über den Befehl.
    »Aber der Killadar, Monsieur ...«, begann er.
    »Der Killadar, Monsieur, ist ein elender kleiner Mann mit den Eiern einer Maus! Sie sind ein Soldat. Wenn wir das Geld nicht nehmen, werden die Briten es bekommen. Gehen Sie jetzt!«
    Dodd schüttelte ärgerlich den Kopf, als der Lieutenant davonging. Vier Monate ohne Sold! Ein solcher Lapsus war nicht ungewöhnlich, aber Dodd missbilligte ihn. Ein Soldat setzte sein Leben für sein Land aufs Spiel, und sein Land konnte ihn dafür als Gegenleistung wenigstens pünktlich bezahlen.
    Dodd ging auf dem Wehrgang ostwärts, versuchte vorauszuahnen, wo die Briten ihre Batterien platzieren und wo sie eine Bresche schlagen würden. Es bestand immer die Möglichkeit, dass Wellesley an Ahmadnagar vorbei einfach nordwärts auf Sindhias Armee zumarschierte. Doch Dodd bezweifelte, dass der Feind diesen Kurs wählen würde, denn die Stadt und die Festung würden auf den britischen Nachschublinien liegen, und die Garnison konnte ein Chaos für die Konvois verursachen, die die Munition und die Verpflegung der Rotröcke transportierten.
    Eine Menschentraube hatte sich auf der südlichsten Brustwehr versammelt, um zu der fernen Wolke zu spähen, welche die Anwesenheit der feindlichen Armee verriet.
    Simone Joubert war darunter, beschirmte ihr Gesicht vor der Sonne mit einem Sonnenschirm.
    Dodd nahm seinen Zweispitz ab. Er fühlte sich stets sonderbar unbeholfen bei Frauen, jedenfalls bei weißen, doch sein neuer Rang gab ihm ein ungewohntes Selbstvertrauen.
    »Ich sehe, Sie sind gekommen, um den Feind zu beobachten, Ma’am«, sagte er.
    »Ich mag es, über die Wälle zu spazieren, Major«, antwortete Simone. »Aber heute ist der Weg von Leuten blockiert, wie Sie sehen.«
    »Ich kann Ihnen den Weg frei machen, Ma’am«, bot Dodd an und berührte den goldenen Griff seines neuen Säbels.
    »Es ist nicht nötig, Major«, sagte Simone.
    »Sie sprechen gut Englisch, Ma’am.«
    »Das habe ich als Kind gelernt. Wir hatten eine walisische Gouvernante.«
    »In Frankreich, Ma’am?«
    »Auf der Iˆle de France, Monsieur«, sagte Simone. Sie sah dabei Dodd nicht an, sondern starrte in den hitzeflimmernden Süden.
    »Mauritius«, sagte Dodd und gab der Insel den Namen, der von den Briten benutzt wurde.
    »Die Île de France, Monsieur, wie ich gesagt habe.«
    »Das ist sehr weit entfernt, Ma’am.«
    Simone zuckte mit den Schultern. Insgeheim stimmte sie Dodd zu. Mauritius war weit entfernt, eine Insel vierhundert Meilen östlich von Afrika und der einzige anständige Marinestützpunkt im Indischen Ozean. Dort war sie als Tochter des Hafenkommandanten aufgewachsen, und als sie sechzehn gewesen war, hatte ihr dort Captain Joubert, der auf der Reise nach Indien gewesen war, wo er als Berater von Sindhia fungieren sollte, den Hof gemacht. Joubert hatte Simone mit Geschichten, zu welchem Reichtum man es in Indien bringen konnte, berauscht. Simone, gelangweilt von der kleinbürgerlichen Gesellschaft auf ihrer Insel, hatte sich von diesem Rausch hinwegtragen lassen. Dann hatte sie die Wirklichkeit erkannt: Captain Joubert war ein zaghafter, furchtsamer Mann, dessen verarmte Familie in Lyon seinen Verdienst beanspruchte, und das wenige, das übrig blieb, wurde eifrig gespart, damit der Captain sich in Frankreich behaglich zur Ruhe setzen konnte. Simone hatte ein Leben mit Partys und Juwelen, Tanzen und Seide erwartet, doch stattdessen wurde sie knapp gehalten und litt.
    Colonel Pohlmann hatte ihr einen Weg aus der Armut aufgezeigt, und jetzt spürte sie, dass der schlaksige Engländer unbeholfen versuchte, ihr das gleiche Angebot zu machen, doch Simone hatte nicht vor, nur aus Langeweile die Mätresse eines Mannes zu werden. Da musste für sie schon Liebe im Spiel sein, und weil es ihr an jeder Liebe im Leben mangelte, kämpfte sie um Lieutenant Sillière, obwohl sie wusste, dass der Lieutenant fast wo wertlos wie ihr Ehemann war. Bei diesem Dilemma glaubte sie, wahnsinnig zu werden. Sie weinte darüber, und die Tränen bestärkten nur ihre Selbstdiagnose von Wahnsinn.
    »Wann werden die Briten kommen, Major?«, fragte sie Dodd.
    »Morgen, Ma’am. Übermorgen werden sie Batterien einrichten, dann zwei oder drei Tage anklopfen, ihre Bresche schlagen und dann reinkommen.«
    Sie schaute Dodd unter dem Rand ihres Sonnenschirms an. Er war ein großer Mann, doch Simone konnte ihm in die

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