Sharpes Trafalgar
Victory, ein halbes Dutzend auf die Royal Sovereign, die sich etwas mehr als eine Meile südwärts befand. Dieses Schiff, bei Weitem am nächsten der französisch-spanischen Linie, sah ziemlich mitgenommen aus, denn die Leesegel waren zerschossen worden und hingen wie zerbrochene Schwingen in der Takelage. Sie konnte das feindliche Feuer nicht erwidern, aber in wenigen Minuten würde sie unter dem Feind sein, und ihre Geschütze auf den drei Decks konnten beginnen, den erlittenen Schaden heimzuzahlen.
Die See vor der Pucelle war pockennarbig und schäumte von Einschlägen, doch bis jetzt war keine Kugel dem Schiff selbst nahe gekommen. Die Temeraire , die sich nicht an der Victory hatte vorbeischieben können, segelte jetzt steuerbord von ihr und war dem feindlichen Beschuss ausgesetzt. Sharpe sah wie durch Zauberei Löcher in den Segeln auftauchen und das ganze Segeltuch erzittern. Ein gebrochenes Tau flog fort. Für Sharpe hatte es den Anschein, als segelten Victory und Temeraire direkt auf die Santisima Trinidad mit ihren vier vom Rauch umhüllten Decks des Todes zu. Das Krachen der feindlichen Geschütze hallte jetzt laut über das Wasser, manchmal als Breitseite, öfter jedoch als Einzelfeuer.
»In zehn- bis fünfzehn Minuten sind wir in Reichweite, Sir«, sagte Clouter und beantwortete Sharpes unausgesprochene Frage.
»Viel Glück, Clouter.«
Der große Mann grinste. »Kein weißer Mann kann mich killen, Sir. Nein, Sir, sie haben mir alles angetan, was sie nur konnten, aber jetzt bin ich mit meinem Vernichter an der Reihe.« Er klopfte auf seinen »Vernichter«, das hässlichste Geschütz, das Sharpe je gesehen hatte. Es ähnelte einem Mörser der Armee, hatte jedoch ein etwas längeres Rohr und kauerte wie ein deformierter Kochtopf auf seiner kurzen Lafette. Die Lafette hatte keine Räder, sondern Schlitten, mit dem es zurückrutscht, Holz auf gefettetem Holz. Die Mündung war sehr groß, und aus seinem Rohr wurden eine 32-Pfund-Kanonenkugel oder ein Sack von Musketenkugeln abgefeuert. Es war kein schönes Ding und nicht treffgenau, aber wenn man es auf wenige Yards an ein feindliches Schiff heranbrachte, konnte es verheerende Wirkung beim Feind erzielen.
»Ein Schotte hat das Ding erfunden«, sagte Sergeant Armstrong, der neben Sharpe erschien. Der Sergeant grinste und legte die Hand auf die Karronade. »Ein heidnisches Geschütz, Sir. Ebenfalls heidnische Kanoniere«, fügte er hinzu und blickte zu Clouter. »Wenn wir einen Feind entern, Clouter«, sagte er ernst, »dann bleiben Sie nahe bei mir.«
»Jawohl, Sergeant.«
»Warum nahe bei Ihnen?«, fragte Sharpe Armstrong, als sie von der Karronade weggingen.
»Wenn dieser schwarze Heide zu kämpfen beginnt, wagt es keiner, sich ihm entgegenzustellen, Sir. Er ist ein Teufel, ein Satan, der rot sieht.« Es klang missbilligend von Armstrong, denn Clouter stammte augenfällig nicht aus Northumberland. »Und Sie, Sir?«, fragte er misstrauisch. »Werden Sie mit uns an Bord gehen?« In Wirklichkeit wollte der Sergeant wissen, ob Sharpe vorhatte, ihm seine Befehlsgewalt streitig zu machen.
Sharpe hätte darauf bestehen können, die Seesoldaten zu befehligen, doch er nahm an, dass sie besser kämpfen würden, wenn Armstrong ihnen die Befehle gab. Was bedeutete, dass Sharpe wenig auf dem Vordeck zu tun hatte, außer ein Beispiel zu geben, was die meisten rangniedrigen Offiziere taten, bevor sie in der Schlacht getötet wurden. Armstrong wusste, was er tun musste, die Seesoldaten waren hervorragend von Llewellyn ausgebildet, und Sharpe hatte nicht vor, wie manche Gentlemen tatenlos über das Vordeck zu marschieren und so zu tun, als würden sie nur Verachtung für das feindliche Feuer übrig haben. Er würde lieber kämpfen.
»Ich gehe nach unten«, sagte er zu Armstrong, »um mir eine Muskete aus dem Magazin zu holen.«
Der feindliche Beschuss schlug immer noch zu kurz vor der Pucelle ein, als Sharpe zum Hauptdeck hinab und weiter zur Küche ging - für gewöhnlich ein Ort, an dem sich Männer versammelten. Jetzt war die Küche leer, kalt und verlassen. Alle Feuer in dem großen Herd waren gelöscht, und zwei der Schiffskatzen rieben sich an dem geschwärzten Metall, als rätselten sie, weshalb die Quelle der Wärme verschwunden war.
Die Kanoniere saßen bei ihren Geschützen. Dann und wann hob ein Mann den Verschluss einer Stückpforte an, ließ Helligkeit herein und lehnte sich hinaus, um zum Feind zu spähen.
Sharpe ging weiter auf das untere Deck, auf
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