Shayne - der Verführer (German Edition)
und er sich ähnlich wie sie fühlte.
In der Hütte hatte er sich entspannt. Er war nicht wie sonst auf der Hut gewesen. Er hatte sich geöffnet. Vielleicht sollte sie versuchen, mit ihm rund um die Uhr im Bett zu bleiben. In ihrer Fantasie sah sie ihn an dem hübschen schmiedeeisernen Kopfteil angekettet, das sie auf einer Versteigerung in Savannah gekauft hatte.
“Wenn du nicht zum Essen kommen willst, wird Zelda dafür Verständnis haben und …”
“Ich sagte doch, dass ich komme.”
“Schön”, erwiderte sie.
Großartig! Jetzt hatte er auch noch ihre Gefühle verletzt. Als er in die Magazine Street einbog, verachtete Shayne sich bereits selbst zutiefst.
“Was ist denn hier los?”
Bliss starrte auf die Streifenwagen, die vor ihrem Laden standen. Auf einigen der Fahrzeuge zuckten noch die roten Lichter. Schaulustige standen auf dem Bürgersteig zu beiden Seiten des gelben Absperrbandes der Polizei.
Shayne fluchte. Cunningham hatte offenbar nicht länger darauf gewartet, dass er die Juwelen fand, und die Sache selbst in die Hand genommen. “Bestimmt hat es bei dir einen Einbruch gegeben.” Hoffentlich war es nicht mehr, aber er befürchtete das Schlimmste.
“Ein Einbruch bei hellem Tageslicht?” fragte sie, als hätte sie seine Gedanken gelesen. “Um Himmels willen!” rief sie erschrocken. “Wegen eines Einbruchs kommen doch nicht so viele Streifenwagen! Falls Lilah etwas zugestoßen ist, werde ich mir das nie verzeihen.”
“Ziehen wir keine voreiligen Schlüsse.” Er versuchte, sie zu beruhigen, doch sie sprang schon aus dem Wagen und lief über die Straße, bevor er den Satz vollendet hatte.
Er stellte den Motor ab und rannte hinter ihr her.
11. KAPITEL
S hayne hatte sich über den Anblick seines Bruders noch nie so gefreut wie jetzt. Michael fing Bliss ab und hinderte sie daran, den Laden zu betreten. Shayne wich einem Taxi aus, auf dessen Kühlerhaube er beinahe gelandet wäre, und beobachtete, wie die beiden miteinander rangen. Bliss wollte nicht nachgeben, aber gegen Mike hatte sie keine Chance.
“Was ist passiert?” fragte Shayne seinen Bruder.
Bevor Michael antworten konnte, trat ein Mann in einem verknitterten Anzug auf sie zu. “Mrs. Fortune?” Er zeigte ihr eine Polizeimarke in einem kleinen Lederetui. “Ich bin Detective Mark Roberts von der Mordkommission, und ich …”
“Mordkommission? Ist meine Assistentin …” Bliss schluckte heftig. “Ist Lilah …” Sie konnte das Wort nicht aussprechen.
“Miss Middleton ist nichts geschehen”, versicherte der Detective. “Sie wurde von einem Arzt untersucht und dann nach Hause geschickt.”
“Also war es ein Raubüberfall?”
Bliss war so erleichtert, dass Lilah überlebt hatte und unverletzt war, dass sie kaum denken konnte. Sie wusste, dass die Polizei von New Orleans wie in so vielen anderen Großstädten zu wenig Leute hatte. Aber es war doch kaum normal, dass Detectives der Mordkommission einen gewöhnlichen Raubüberfall untersuchten.
“Der Laden wurde ziemlich verwüstet. Daher wissen wir noch nicht, ob etwas geraubt wurde. Dabei können Sie uns helfen. Aber wir haben es auch mit einem Mord zu tun, Mrs. Fortune.”
“Mit einem Mord?” Wenn Lilah nichts passiert war und Michael neben ihr auf dem Bürgersteig stand, wer war dann in ihrem Laden gewesen?
“Es geht um Alan, Bliss”, sagte Michael leise.
“Um Alan?” fragte sie entsetzt. “Alan hat jemanden umgebracht?” Das konnte sie sich nicht vorstellen. Er mochte eine Ratte und ein Schuft sein, aber seine Waffe war stets der Charme gewesen.
“Alan wurde umgebracht”, entgegnete Michael.
“Alan ist tot?” Das erschien ihr noch unglaublicher als die Möglichkeit, ihr Exmann könnte jemanden umgebracht haben.
“Jemand hat ihm aus nächster Nähe in den Kopf geschossen”, erklärte Detective Roberts. “Ich muss Sie fragen, Mrs. Fortune, wo Sie sich zwischen Mitternacht und zehn Uhr heute Vormittag, als Miss Middleton den Laden öffnete, aufgehalten haben.”
“Sie war mit mir zusammen”, sagte Shayne. “Wir haben die Nacht außerhalb der Stadt verbracht.”
“Und wer sind Sie?”
Jetzt flog seine Tarnung auf. Shayne wechselte einen kurzen Blick mit Michael. “Mein Name ist Shayne”, sagte er langsam. “Shayne O’Malley.”
Während er die schicksalhaften Worte aussprach, wusste er, dass er in seinem ganzen Leben nie vergessen würde, wie verletzt Bliss ihn ansah und dabei nach Luft rang.
“Du hast mich nicht verstanden”,
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