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Shelter Bay - 02 - Furienlied

Shelter Bay - 02 - Furienlied

Titel: Shelter Bay - 02 - Furienlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Papademetriou
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sein.«
    »Wir sind sehr stolz auf sie.«
    »Natürlich.«
    Die alte Frau verengte die Augen. Sie musterte Zoes Gesicht aufmerksam. »Y dónde está tu mama, mija?«, fragte sie sanft, aber in einem Ton, der keine Antwort erwartete.
    Zoe verstand ein bisschen Spanisch – genug, um die Frage zu übersetzen: Und wo ist deine Mutter, mein Liebes?
    Das Lächeln der alten Frau jagte Zoe einen Schauer über den Rücken. Nicht, weil es irgendwie bösartig war – einfach, weil es die Antwort bereits zu kennen schien.
    In dem Moment polterte Mafer die Treppe herunter, gefolgt von ihrem kleinen Bruder. Der Lärm löste den Bann.
    »Wir gehen bloß in die Bibliothek«, sagte Mafer gerade.
    »Kann ich nicht mitkommen?«
    »Frag doch einen deiner Freunde, ob sie herkommen wollen, Joaquin«, antwortete sie. Sie strich ihm sanft übers Haar. »Oder geh nach draußen und spiel was.«
    »Ich wär aber lieber bei dir.«
    Zoe fragte sich, wie Mafer es schaffte, diesen großen Augen mit ihrem bewundernden Blick zu widerstehen.
    Mafer gab Joaquin einen Kuss auf die Wange. »Ich bin in zwei Stunden zurück. Du überlebst das schon. Pass auf Abuelita auf.«
    »Komm mit«, sagte Mafers Großmutter. »Wir machen Churros.«
    Joaquin grinste. »Und für Mafer machen wir keine.«
    »Was?«, kreischte Mafer in gespieltem Entsetzen. »Malcriado! Zoe, lass uns gehen. Hast du meine Großmutter schon kennengelernt? Abuelita, das ist Zoe.«
    »Yo conozco esta huérfana« ,entgegnete Abuelita. »La hija del fuego. «
    Stille legte sich über den Raum. Zoe hatte das Gefühl, als könne sie ihr Blut durch ihre Venen rauschen hören.
    Sie bemerkte den Seitenblick, den Mafer ihr heimlich zuwarf, und spürte ihre Betretenheit.
    »Was bedeutet das?«, fragte Zoe schließlich. »Tochter des Feuers – was meinen Sie damit?«
    Mafers Großmutter lächelte. »Du sprichst Spanisch.« Sie schien nicht im Geringsten überrascht zu sein und bot auch keine weitere Erklärung an.
    Mafer riss die Tür auf. »Okay, wir müssen los«, sagte sie schnell, wobei sie Zoe regelrecht hinausschob.
    Als die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, fühlte sich Zoe, als sei sie gerade in die wirkliche Welt zurückgekehrt und lasse einen verwirrenden Traum hinter sich.
    »Gott – ich hab keine Ahnung, warum sie das gerade gesagt hat.« Mafer packte Zoes Hand, kaum dass die Tür sich hinter ihnen geschlossen hatte. »Es tut mir echt leid.«
    »Schon okay.«
    »Meine Großmutter ist ein bisschen verrückt.«
    Zoe nickte, aber sie glaubte nicht, was Mafer sagte. Der Verstand der alten Frau war so scharf, dass er Metall hätte zerteilen können. Nein, sie war nicht verrückt. Nicht im Geringsten. »Ich bin adoptiert«, sagte Zoe.
    Mafer biss sich auf die Lippe. »Das macht es nur noch schlimmer.«
    »Du wusstest es.« Zoe hielt an und sah zu, wie ihre Freundin sich wand.
    Mafer strich mit den Fingern durch die Spitzen ihrer langen dunklen Haare. Zoe hatte festgestellt, dass das eine Marotte von ihr war. »Manchmal, Zoe … Meine Familie. Wir wissen Dinge über andere. Wir versuchen nicht, sie herauszufinden. Wir fragen nicht danach. Wir …« Sie hob die Schultern, dann ließ sie sie wieder fallen. »Wir wissen es einfach. Aber ich weiß nicht, warum meine Großmutter dich gerade eine Waise genannt hat. Was hat sie sich nur dabei gedacht?«
    Zoe wurde das Gefühl nicht los, dass sie gerade genau die Unterhaltung führten, die Mafers Großmutter hatte auslösen wollen. Sie hatte gesagt, was sie gesagt hatte, um Zoe etwas mitzuteilen. Und was sie Zoe hatte mitteilen wollen, war: Ich weiß etwas über dich.
    Ein solcher Gedanke mochte vielen Leuten Angst einjagen, aber nicht Zoe. Dennoch rief er in ihr ein ungutes Gefühl hervor. Was wusste die Frau?
    * * *
    Die Bibliothek von Waterbreak war ein kastenförmiges Gebäude im Stil der Achtziger, dessen eine Wand vollständig aus Fenstern bestand. Eine Treppe führte nach oben in die Kinderbuchabteilung, eine andere nach unten in den Arbeitsbereich. Ein fülliger Bibliothekar stand hinter dem Ausleiheschalter und war damit beschäftigt, DVDs auf einem Wagen zu sortieren. Er sah nicht auf, als die Mädchen eintraten, obwohl sich außer ihnen nur noch eine weitere Person – ein weißhaariger Herr, der still an einem der Tische saß und las – im gesamten Gebäude befand. Die Scheiben der Glaswand waren getönt und das Licht, das durch sie hineinsickerte, verlieh allem einen Sepiaton.
    Für Zoe fühlte sich die Bibliothek an wie ein sicherer

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