Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shelter Bay - 02 - Furienlied

Shelter Bay - 02 - Furienlied

Titel: Shelter Bay - 02 - Furienlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Papademetriou
Vom Netzwerk:
»Ich bin so müde«, sagte Zoe und klammerte sich an Wills Arm fest. »Ich schaff es jetzt einfach nicht, meinem Dad davon zu erzählen.«
    »Ich komm mit dir.«
    »Ehrlich?«
    Er drückte ihre Hand. »Ich lass dich nicht allein.«
    »Nicht?«
    »Ich schlafe auf dem Boden.« Zoe lachte, aber Will lächelte nicht. »Das war kein Witz.«
    Er hatte erwartet, dass sie protestieren würde. Aber sie streckte nur die Hand aus und strich mit dem Finger sanft über die Narbe, die sich durch sein Gesicht zog. »Du kannst bleiben«, sagte sie. »Aber du brauchst nicht auf dem Boden zu schlafen.«
     
    Zoe wälzte sich im Schlaf unruhig hin und her und Will strich ihr eine klamme Locke aus der Stirn. Er fragte sich, welche Träume sich wohl einen Weg durch ihren Kopf bahnten. Es war seltsam, darüber nachzudenken, wie rätselhaft dieses Mädchen war, das ihm doch auch so vertraut war. Sie war solange er denken konnte immer ein fester Teil seiner Sommer gewesen, wie die Krabbenjagd oder die Fahrt mit dem Riesenrad auf dem Jahrmarkt. Er kannte sie. Er kannte ihre Gedanken, er konnte ihre Sätze beenden, und doch war sie ihm ein einziges Rätsel.
    Was für ein tiefes, undurchdringliches Gefühl von Einsamkeit das war – jemanden zu kennen und zu lieben und dann festzustellen, dass es Bereiche tief in dessen Inneren gab, die man niemals zu Gesicht bekommen würde. Doch noch einsamer fühlte er sich bei dem Gedanken, dass er ihr würde helfen können, wenn er doch nur in sie hineinblicken und ihre Geheimnisse ergründen könnte.
    Und dass sie ihm vielleicht würde helfen können, wenn sie seine Geheimnisse wüsste.
    Doch die Furcht hielt ihn davon ab, etwas zu sagen. Und auch das machte ihn einsam.
    Warum sagte er nichts? Will war sich nicht sicher, was der Grund dafür war. Ein- oder zweimal hatte er überlegt, dass er ihr vielleicht erzählen sollte, was in jener Nacht in der Bucht passiert war. Aber er wollte ihr keine Angst einjagen. Oder vielleicht wollte er auch sich selbst keine Angst einjagen. Und je länger er wartete, desto schwieriger wurde es, das Schweigen zu brechen. Würde sie ihn jemals fragen, warum er nichts gesagt hatte, als sie im Krankenhaus erwacht war, würde er antworten, dass er das Gefühl hatte, nicht darüber reden zu können – zumindest nicht damals. Es war einfach zu viel.
    Und jetzt?
    Jetzt war es immer noch zu viel, aber auf eine andere Art, denn Will hatte endlich erkannt, dass er Zoe liebte, sie so sehr liebte, dass der Gedanke, ihr könne etwas passieren oder Angst machen, ihm körperliche Schmerzen bereitete. Also zog er die Mauern hoch und hielt sein Geheimnis dahinter verborgen. Und nun lag sie hier neben ihm, in ihrem Bett, seine Hand berührte ihre nackte Schulter, und doch war sie weiter denn je von ihm entfernt.
    Ein Stöhnen entwich ihren halb geöffneten tiefroten Lippen. Will fürchtete, dass sie möglicherweise Fieber hatte, denn ihre Haut unter seiner Hand fühlte sich ganz warm an. Aber durch die Nähe ihrer Körper war es warm geworden im Zimmer. Vorsichtig stieg er aus dem Bett, darauf bedacht, dass seine Bewegungen sie nicht aufweckten, und ging zum Fenster. Er zog die Vorhänge beiseite, öffnete das Fenster und ließ die kühle Nachtluft herein. Eine leichte Brise wehte, bewegte den Stoff und kühlte Wills Haut.
    Zoe drehte sich im Bett um und ihre Decke rutschte hinunter. Will deckte sie wieder zu, dann setzte er sich ans Fußende. Er beobachtete sie eine ganze Weile. Ruhelos zog er sich schließlich etwas über und tappte nach unten in die Küche.
    Er verzichtete darauf, das Licht anzuschalten, und als er die Kühlschranktür öffnete, erblindete er beinahe. Er wartete einen Moment, bis die Schatten Gestalt angenommen hatten, dann griff er nach einer Karaffe mit Wasser. Er goss sich etwas in ein Glas und trank; der plötzliche Gegensatz zu der Hitze, aus der er gerade entkommen war, ließ ihn erschaudern. Das Haus versank erneut in Dunkelheit, als Will die Kühlschranktür schloss und durch den Flur hinaus auf die Veranda ging.
    Es war noch früh – Viertel nach fünf laut der Uhr an der Mikrowelle – und am Horizont war gerade einmal ein Hauch von Helligkeit zu erahnen. Will mochte diese ruhige Zeit des Tages, wenn die Erde zu schlafen schien. Drüben in seinem Haus brannte in der Küche natürlich schon Licht – seine Mutter buk. Sie hatte noch nicht bemerkt, dass er nicht in seinem Bett lag. Er fragte sich, was sie wohl sagen würde, wenn es ihr auffiel.
    »Zoe?« Über

Weitere Kostenlose Bücher