Shelter Bay - 02 - Furienlied
ihm ging das Verandalicht an.
Johnny gab ein überraschtes »Oh!« von sich und Will richtete sich schnell auf, wobei er knallrot wurde.
»Äh –«
»Oh«, sagte Johnny und entspannte sich etwas, als hätte er einen Einbrecher erwartet. »Du bist das.« Verschlafen und verwirrt schüttelte er den Kopf. »Was machst du denn noch hier?« Die Frage war halb an ihn selbst gerichtet und er strich sich über den Bart, während er den Blick über Wills zerknittertes, knallrotes Äußeres bis zu seinen nackten Füßen hinunterwandern ließ und von dort aus zurück zu dem Glas in Wills Hand. Ein Gedanke schien sich über Johnnys Gesicht auszubreiten und sein Ausdruck veränderte sich. »Oh«, sagte er langsam, offensichtlich unsicher, wie er reagieren sollte.
Will stand da wie festgefroren und wäre wohl auch bis in alle Ewigkeiten so stehen geblieben, während er Stückchen für Stückchen einen langsamen Tod starb, doch in dem Moment drang ein Schrei, gefolgt von dem Geräusch zerbrechenden Glases, durch die stille Dunkelheit. Es kam von oben – aus Zoes Zimmer.
Will reagierte schneller als Johnny, stürzte an ihm vorbei und zurück ins Haus. Er flog die Treppe hinauf und riss die Tür auf. Feuer und Hitze schlugen ihm entgegen – ihr Zimmer stand in Flammen.
»Ruf die Feuerwehr!«, brüllte Will Johnny entgegen. Dann fiel er auf die Knie, um dem Rauch zu entgehen, und kroch in Zoes Zimmer hinein.
Alles brannte – die Bücher in ihrem Regal, die Vorhänge, der Teppich – und sie stand in ihrem dünnen Nachthemd in der Mitte ihres brennenden Bettes und starrte ausdruckslos vor sich hin. Als sie ihn ansah, schien sie aus einer Trance zu erwachen. »Will?« Orientierungslos und verängstigt blickte sie sich um.
»Zoe!«, brüllte er und stand auf, um sie am Handgelenk zu packen. Doch ihre Haut war ganz heiß und er schrie vor Schmerzen auf. »Runter!«
Sie sprang über die Flammen und kroch hinter Will zur Tür. Sie rannten die Treppe hinab und Will schnappte sich eine Decke vom Sofa und legte sie ihr um die Schultern, als sie nach draußen eilten.
»Oh Gott, wo ist Daddy?«, fragte Zoe. Will wollte gerade ins Haus zurückgehen, doch in dem Moment tauchte Johnny mit Bananas auf dem Arm auf. Er setzte die Katze ab und zog Zoe an sich. »Die Feuerwehr ist schon unterwegs.«
Zoe sah hoch zu ihrem Fenster. Dort waren immer noch die Flammen zu sehen, während sich die Vorhänge in der Hitze bereits fast vollständig aufgelöst hatten. »Ich war das«, flüsterte sie.
»Das ist nicht deine Schuld.« Johnny ging etwas in die Knie, um ihr direkt in die Augen zu sehen. »Auf keinen Fall.«
Doch Zoe wandte die Augen ab. Will spürte, dass sie seinen Blick suchte, und er zwang sich, sie anzusehen, auch wenn jede Faser seines Körpers gegen das aufbegehrte, was sie als Nächstes sagen würde.
»Ich war das«, wiederholte Zoe. »Aber ich weiß nicht, wie.«
Kapitel 13
»Tim!«, schrie Zoe. Aber er rief nach jemand anderem – der anderen Person auf dem Boot.
Will. Er blickte zu Tim auf, und in diesem Moment sah Zoe, wie sich etwas bewegte. Etwas kam an die Oberfläche. Es sah aus wie ein Kopf, der neben dem Boot halb aus dem Wasser ragte. Der Vollmond schien herab und die Augen verschwanden im Schatten.
Bananas saß auf Zoes Schoß und schnurrte zufrieden, als wäre nichts passiert. Zoe hockte in einer Ecke der steifen Couch der Archers, einem ungemütlichen Monstrum, das keinerlei Vorzüge hatte – es sah nicht einmal besonders gut aus. Das Wohnzimmer der Archers mit dem krummbeinigen Couchtisch aus dunklem Holz und der falschen Tiffanylampe wirkte seltsam formell. Das war merkwürdig, denn es passte so gar nicht zu der angenehmen, entspannten Art der Familie selbst. Zoe vermutete, dass sie die Möbel geerbt hatten. Vielleicht befanden sie sich schon länger in diesem Haus als jeder seiner momentanen Bewohner. Die Möbel verliehen dem Wohnzimmer etwas von einem schicken Schuh – es sah gut aus, war aber nicht sehr bequem –, sodass der Raum weitestgehend ungenutzt blieb. Zoe konnte das gut nachvollziehen. Sie besaß auch Dinge, die sie nicht benutzte und über die sie deswegen auch nie nachdachte. Sie war überrascht gewesen, wie viele davon aufgetaucht waren, als sie ihre Sachen in Manhattan in Kisten gepackt hatte. Ein edelsteinbesetzter Gürtel, ein Paar High Heels aus rotem Lackleder, ein langer violetter indischer Rock – alles Überreste längst überwundener Rollen. Zoe stellte sich gerne vor, dass
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