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Sherlock Holmes - Der Rote Kreis

Sherlock Holmes - Der Rote Kreis

Titel: Sherlock Holmes - Der Rote Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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vorbei.
    »Meine Brüder!« stöhnte Mortimer Tregennis mit weißen Lippen. »Sie bringen sie nach Helston.«
    Entsetzt schauten wir dem schwarzen Wagen hinterher, der schwer dahinrumpelte. Dann gingen wir jenem schicksalsschweren Haus zu, in dem ihnen ein solches Geschick widerfahren war.
    Es war ein großes, helles Haus, eher eine Villa als eine Kate, umgeben von einem großen Garten, in dem jetzt schon, infolge des milden Klimas in Cornwall, die ersten Frühlingsblumen blühten. Das Fenster des Wohnzimmers zeigte auf den Garten hinaus. Aus diesem Garten muß, wenn man Mortimer Tregennis glauben darf, das böse Ding gekommen sein, das sie alle von einem Augenblick auf den anderen um den Verstand gebracht hat. Holmes schlenderte langsam und nachdenklich zwischen den Blumenbeeten den Pfad entlang, bevor wir den ü-
    berdachten Eingang betraten. Er war so sehr in Gedanken versunken, daß er über eine Gieß-
    kanne stolperte, die im Weg stand. Sie fiel um und das Wasser ergoß sich sowohl über den Gartenweg als auch über unsere Füße. Im Haus kam uns eine ältere cornische Haushälterin entgegen, die zusammen mit einem jungen Mädchen die Familie versorgt hatte. Sie antwortete sehr prompt auf Holmes Fragen. In der Nacht hatte sie nichts gehört. ja, ihre Arbeitgeber seien in der letzten Zeit immer wohlauf gewesen. Niemals waren sie vergnügter und so voller Pläne gewesen. Als sie am Morgen das Zimmer betreten und am Tisch die entsetzliche Gesellschaft gesehen hätte, sei sie ohnmächtig geworden. Sie sei jedoch schnell wieder zu sich gekommen und hätte das Fenster aufgerissen, um die Morgenluft hereinzulassen. Dann sei sie die Dorfstraße hinuntergelaufen und habe einen Bauernjungen nach dem Doktor geschickt.
    Die Tote läge oben auf ihrem Bett, falls wir sie sehen wollten. Um die beiden Brüder in den Wagen des Irrenhauses zu bekommen, hätte es vier starke Männer gebraucht. Sie selber wür-de keinen Tag länger in diesem Haus bleiben. Noch am Nachmittag würde sie zu ihrer Familie nach St. Ives gehen.
    Wir stiegen die Treppe empor, um die Leiche zu besichtigen. Miß Brenda war mittleren Alters, einst muß sie ein wunderschönes Mädchen gewesen sein. Ihr dunkles, klargeschnittenes Gesicht war selbst im Tod noch schön. Und doch war etwas von dem Schrecken auf ihrem Gesicht zu lesen, den sie in ihren letzten Lebensminuten erlebt hatte. Von ihrem Schlafzimmer aus gingen wir dann in das Wohnzimmer, in dem die Tragödie sich abgespielt hatte. Die verkohlte Asche lag immer noch im Kamin, die Leuchter mit den vier ausgebrannten Kerzen auf dem Tisch, auf dem auch noch die verstreuten Karten lagen. Die Stühle hatte man zurück an die Wand gestellt, sonst war alles so gelassen worden, wie es am Abend vorher gewesen war. Holmes ging mit seinen leichten, schnellen Schritten im Zimmer umher. Er stellte die Stühle wieder um den Tisch herum, setzte sich hintereinander auf jeden und rekonstruierte die Situation des Vorabends. Er schaute, wie weit man den Garten überblicken konnte, untersuc h-te den Fußboden, die Decke und den Kamin. Nicht einmal ich entdeckte, wie plötzlich seine Augen aufleuchteten und er die Lippen zusammenpreßte - Zeichen, die mir sonst verraten haben würden, daß er in dieser totalen Finsternis einen kleinen Schimmer Licht sah.
    »Warum hatten Sie gestern ein Feuer an? An einem Frühlingsabend und in einem so kleinen Zimmer ist das Feuer doch nicht nötig. «
    Mortimer Tregennis erklärte, daß der Abend feucht und kalt gewesen sei. Darum sei nach seiner Ankunft das Feuer angezündet worden. »Was werden Sie nun tun, Mr. Holmes?« fragte er.
    Mein Freund lächelte und legte seine Hand auf meinen Arm. »Ich glaube, Watson, ich werde wieder die Methode der Nikotinvergiftung anwenden, die Sie so oft und mit Recht bei mir verdammt haben«, sagte er zu mir gewandt. Und zu den übrigen: »Meine Herren, wenn Sie nichts dagegen haben, werde ich mich jetzt in unsere Kate zurückbegeben. Ich kann hier im Augenblick nichts Neues entdecken. Ich werde über die Geschehnisse nachdenken, Mr. Tregennis. Wenn ich zu einem Ergebnis komme, werde ich mich mit Ihnen und dem Pastor in Verbindung setzen. Inzwischen wünsche ich Ihnen einen guten Morgen. «
    Erst, als wir schon lange wieder in unserer Kate in Poldhu waren, brach Holmes schließlich das völlige Schweigen, mit dem er sich umgeben hatte. Er hatte es sich in einem großen Sessel bequem gemacht. Sein hageres, asketisches Gesicht tauchte aus dem blauen

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