Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda

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mittelgroßer Mann war, der einen dunkeln Anzug trug. Von seinem Äußeren ist sonst nichts bekannt; doch wird eifrig nach ihm gefahndet, und wenn er nach auswärts geflohen ist, werden wir ihn bald haben.«
    »Wie kam jener William dorthin? Hat er vor seinem Tod nichts ausgesagt?«
    »Kein Wort. Er wohnte mit seiner Mutter im Pförtnerhäuschen und war dem Herrn treu ergeben; wir glauben, er habe noch einmal nachsehen wollen, ob alles im Haus auch sicher und wohlverwahrt sei. Seit dem Einbruch bei Acton war jedermann stets auf seiner Hut. Der Räuber muss gerade die Tür erbrochen haben – das Schloss war gesprengt –, als William hinzukam.«
    »Hat William nichts zu seiner Mutter gesagt, ehe er fortging?«
    »Sie ist alt und taub, man kann wenig aus ihr herausbekommen. Der Schreck hat sie halb blödsinnig gemacht; doch sagt man, sie sei nie recht klar im Kopf gewesen. – Etwas sehr Wichtiges muss ich Ihnen noch zeigen. Hier – sehen Sie!«
    Er nahm einen Fetzen Papier aus seinem Taschenbuch und glättete ihn auf dem Knie.
    »Dies hier fand ich in des Toten Hand zwischen Daumen und Zeigefinger. Es scheint von einem größeren Blatt abgerissen zu sein. Um dieselbe Stunde, die dort erwähnt ist, ereilte den armen Menschen sein Schicksal. Der Mörder wird ihm wohl den Zettel entrissen haben, oder er selbst hat die Ecke von einem Blatt abgerissen, das der Mörder in der Hand hielt. Es sieht fast aus, als habe man ihn zu einer Zusammenkunft bestellt.«
    Holmes nahm das beschriebene Papier zur Hand, von dem wir hier einen Abdruck geben.

    »Falls es sich um ein Stelldichein handelte«, fuhr der Inspektor fort, »so ist die Annahme nicht ausgeschlossen, dass William Kirwan trotz seines ehrlichen Rufs mit dem Dieb unter einer Decke gesteckt hat. Er kann ihn hier getroffen, ihm vielleicht geholfen haben, die Tür aufzubrechen, und dann sind sie miteinander in Streit geraten.«
    »Die Schrift ist außerordentlich interessant«, sagte Holmes, der sich ganz in die Betrachtung des Papiers vertieft hatte. »Es wird der Sache nicht so leicht auf den Grund zu kommen sein, wie ich dachte.« Er vergrub nun den Kopf in beide Hände, und der Inspektor lächelte, als er sah, welchen Eindruck sein Kriminalfall auf den berühmten Londoner Spezialisten machte.
    »Ihre letzte Bemerkung«, fuhr Holmes nach einer Weile fort, »dass möglicherweise zwischen dem Dieb und dem Kutscher ein Einverständnis bestanden haben kann und er durch diesen Zettel an den Ort bestellt wurde, ist sehr scharfsinnig und keineswegs zu verwerfen. Aber jene Schriftzüge lassen noch eine andere ...«, er hielt sich abermals die Hand vor die Augen und versank in tiefes Nachsinnen. Als er wieder aufblickte, bemerkte ich zu meinem Erstaunen, dass seine Wangen gerötet waren und sein Auge so lebhaft funkelte wie vor der Krankheit. Mit verjüngter Tatkraft sprang er empor.
    »Wisst ihr was?«, rief er. »Ich möchte mir gern in aller Ruhe einen kleinen Einblick in den Fall verschaffen, er fesselt mich ungemein. Wenn Sie nichts dagegen haben, Herr Oberst, überlasse ich Ihnen einstweilen meinen Freund Watson und begleite den Inspektor zum Tatort, um mich zu überzeugen, ob ein paar Dinge, die mir eben eingefallen sind, auf Wahrheit beruhen. In einer halben Stunde bin ich wieder da.«
    Es vergingen fast anderthalb Stunden, dann kehrte der Inspektor allein zurück.
    »Mr Holmes spaziert draußen im Feld auf und ab«, sagte er. »Sein Wunsch ist, dass wir alle vier zusammen zum Haus gehen.«
    »Zu Mr Cunningham?«
    »Jawohl.«
    »Weswegen?«
    Forcester zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht genau. Unter uns gesagt, glaube ich, dass Mr Holmes seine Krankheit noch nicht völlig überwunden hat. Er ist schrecklich aufgeregt und gebärdet sich ganz sonderbar.«
    »Fürchten Sie nur nichts«, sagte ich. »Meist habe ich noch immer gefunden, dass Methode in seiner Tollheit war.«
    »Mancher dächte vielleicht, es sei Tollheit in seiner Methode«, brummte der Inspektor. »Aber er scheint mit Feuereifer ans Werk zu gehen; wir wollen ihn lieber nicht aufhalten, wenn es Ihnen recht ist, Herr Oberst.«
    Die Hände in den Taschen, den Kopf auf die Brust gesenkt, schritt Holmes draußen auf und ab.
    »Sie Sache wird immer interessanter«, sagte er. »Ihr Ausflug aufs Land, Watson, ist über alles Erwarten gelungen. Ich hätte mir keinen schöneren Morgen wünschen können.«
    »Sie haben den Schauplatz des Verbrechens in Augenschein genommen, wie ich höre«, sagte der