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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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er. »Behält dies Papier seine blaue Farbe, so ist alles gut; wird es rot, so kostet es ein Menschenleben.« Er tauchte es in das Glas, und sofort nahm es eine schmutzig feuerrote Färbung an. »Hm, ich dachte es mir wohl. In einem Augenblick stehe ich Ihnen zu Diensten, Watson. Nehmen Sie sich Tabak aus dem persischen Pantoffel.« Er setzte sich an das Pult, schrieb mehrere Depeschen und übergab sie seinem kleinen Diener. Dann warf er sich in den Stuhl, der mir gegenüber stand, schlug seine langen, dünnen Beine übereinander und faltete die Hände über dem Knie.
    »Ein sehr alltäglicher kleiner Mord«, sagte er. »Vermutlich bringen Sie mir etwas Besseres. Sie sind der Sturmvogel, der ein Verbrechen ankündigt, Watson. Was gibt’s denn?«
    Ich reichte ihm den Brief, den er mit großer Aufmerksamkeit durchlas. »Sehr viel lässt sich nicht daraus entnehmen, wie mir scheint.«
    »So gut wie nichts.«
    »Doch interessiert mich die Handschrift.«
    »Es ist nicht seine eigene.«
    »Eben darum. Eine Frau hat den Brief geschrieben.«
    »Bewahre, es ist eine Männerhand«, rief ich.
    »Nein, die Schrift einer Frau von seltener Charakterstärke. Es ist beim Beginn einer Untersuchung von Wichtigkeit zu wissen, dass der betreffende Klient in naher Beziehung zu einer Person steht, welche hervorragende Gaben besitzt, im guten oder bösen Sinne. Ich fange schon an, mich für den Fall zu interessieren. Wenn Sie nichts anderes vorhaben, wollen wir gleich nach Woking fahren, um den Herrn Diplomaten aufzusuchen, der in solcher Klemme steckt, und uns die Dame anzusehen, der er seine Briefe diktiert.«
    Wir hatten gerade noch Zeit, den Vormittagszug auf der Waterloo Station zu erreichen; eine etwa einstündige Fahrt brachte uns nach den Fichtenwäldern und dem Heideland von Woking. Brierbrae erwies sich als der Name eines Hauses, das inmitten weitläufiger Anlagen in geringer Entfernung vom Bahnhof dalag. Als wir unsere Karten abgegeben hatten, wurden wir in ein vornehm ausgestattetes Empfangszimmer geführt, wo uns schon nach kürzester Frist ein etwas wohlbeleibter Mann aufs Gastfreundlichste begrüßte. Er mochte eher vierzig als dreißig Jahre alt sein, aber seine roten Pausbacken und munteren Augen gaben ihm das Aussehen eines dicken, durchtriebenen Jungen.
    »Wie froh bin ich, dass Sie da sind«, sagte er, uns die Hände schüttelnd. »Percy hat den ganzen Morgen über nur immer nach Ihnen gefragt. Der Ärmste klammert sich an jeden Strohhalm. Ich soll Sie auch im Namen seiner Eltern willkommen heißen; schon die bloße Erwähnung der Angelegenheit ist ihnen äußerst peinlich.«
    »Wir haben noch gar nichts Näheres darüber gehört«, versetzte Holmes. »Sie selbst sind offenbar kein Mitglied der Familie.«
    Der Herr sah überrascht auf, dann erwiderte er lachend:
    »Sie werden wohl das J. H. auf meinem Siegelring bemerkt haben. Ich wollte schon über Ihren Scharfsinn staunen. Mein Name ist Josef Harrison, und da Percy mit meiner Schwester Anna verlobt ist, zähle ich bald wenigstens zu den angeheirateten Verwandten. Sie werden meine Schwester bei ihm im Zimmer finden; sie pflegt ihn seit zwei Monaten ohne Rast und Ruhe. Gehen Sie lieber gleich zu ihm, ich weiß, mit welcher Ungeduld er auf Sie wartet.«
    Das Gemach, in das man uns wies, lag im nämlichen Stockwerk und diente zugleich als Wohn- und Schlafzimmer; zierlich geordnete Blumen, die auf Gesimsen und hier und da in den Ecken standen, gaben ihm ein freundliches Aussehen. Auf einem Sofa am offenen Fenster, durch das die laue Sommerluft und die Wohlgerüche des Gartens hereinströmten, lag ein junger Mann mit bleichen, eingefallenen Wangen. Ein Mädchen, das neben ihm saß, stand auf, als wir eintraten.
    »Soll ich fortgehen, Percy?«, fragte sie.
    Er hielt ihre Hand fest, sodass sie bleiben musste, und begrüßte mich herzlich. »Wie geht es dir, Watson?«, fragte er. »Du hast dich sehr verändert, das macht der Bart. Mich hättest du wohl auch kaum wiedererkannt. Der Herr ist vermutlich dein berühmter Freund Sherlock Holmes?«
    Ich stellte ihn mit kurzen Worten vor, und wir setzten uns beide. Der dicke junge Mann hatte sich entfernt, aber seine Schwester nahm neben dem Kranken Platz, der ihre Hand nicht losließ. Sie war eine ungewöhnliche Erscheinung mit den großen, dunkeln, italienischen Augen, der schönen Olivenfarbe des Gesichts und der reichen Fülle tiefschwarzen Haares, nur die Gestalt war etwas zu kurz und gedrungen. Ihre blühenden Farben machten

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