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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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er mich nicht eher loslassen würde, bis ich ihm einen Kuss gegeben hätte. Als Mr Carruther ins Zimmer trat und ihn von mir losriss, wandte er sich gegen seinen eigenen Gastgeber, indem er ihn zu Boden schlug und misshandelte. Wie Sie sich denken können, war damit der Besuch zu Ende. Mr Carruther entschuldigte sich am folgenden Tag bei mir und versicherte mir, dass ich nie wieder einer derartigen Beschimpfung ausgesetzt sein würde. Seit damals habe ich Mr Woodley nicht wieder gesehen.
    Nun kommt erst die eigentliche Veranlassung zu meinem heutigen Besuch bei Ihnen, Mr Holmes. Ich fahre nämlich jeden Sonnabendvormittag mit dem Rad zur Station Farnham, um den Stadtzug 12 Uhr 22 zu erreichen. Der Weg von Chiltern Orange ist sehr einsam, besonders ein Teil, der über eine Meile zwischen der Charlingtoner Heide auf der einen und den großen Wäldern von Charlington Hall auf der anderen Seite hindurchführt. Hier ist es eine wahre Seltenheit, wenn man einem Fuhrwerk oder einem Menschen begegnet; erst wenn man auf die Höhe von Crooksbury kommt, wird die Straße etwas lebhafter. Vor zwei Wochen passierte ich diese Strecke, und als ich mich zufällig umdrehte, erblickte ich hinter mir einen Mann, der auch auf einem Rad saß. Er schien in mittleren Jahren zu sein und hatte einen kurzgeschnittenen schwarzen Bart. Vor Farnham schaute ich mich noch einmal um, der Mann war jedoch verschwunden, und so dachte ich später gar nicht mehr an die Geschichte. Zu meiner größten Überraschung sah ich jedoch auf der Rückfahrt am Montag den Mann wieder und zwar genau an derselben Stelle, und ebenso wieder am folgenden Sonnabend und Montag. Er blieb immer in derselben Entfernung und belästigte mich in keiner Weise, aber die Sache kam mir doch eigentümlich und unheimlich vor. Ich erzählte es Mr Carruther; es schien ihm auch auffallend, und er tröstete mich damit, dass er Pferd und Wagen bereits bestellt hätte, sodass ich künftighin diese einsamen Wege nicht mehr allein zu machen brauchte.
    Der Wagen sollte diese Woche kommen, aber aus irgendeinem Grund wurde er nicht geliefert, und ich musste wieder zur Station radeln. Das war heute Morgen. Wie Sie sich denken können, hielt ich auf der Charlingtoner Heide Umschau und wahrhaftig, der Mann war wieder da, genau wie die vorhergehenden Male. Er kam mir nie so nahe, dass ich sein Gesicht deutlich sehen konnte, aber sicher war es ein Unbekannter. Er trug einen dunklen Anzug und eine Tuchmütze. Das einzige, was ich richtig sehen konnte, war sein dunkler Bart. Ich hatte heute weniger Angst, war vielmehr neugierig und fest entschlossen, herauszukriegen, wer er sei und was er wolle. Ich fuhr ganz langsam, da fuhr er auch so langsam. Ich hielt ganz an, er ebenfalls. Nun wollte ich ihm eine Falle stellen. Der Weg macht eine scharfe Biegung, ich fuhr rasch um die Ecke herum, sprang ab und wartete. Er sollte nun schnell ebenfalls herumsausen und an mir vorüberkommen, ohne vorher halten zu können. Aber er ließ sich nicht sehen. Ich fuhr zurück und guckte um die Ecke. Ich konnte die Straße eine Meile weit überblicken, er war jedoch nirgends zu entdecken. Das plötzliche Verschwinden wurde dadurch noch rätselhafter, dass an dieser Stelle kein Seitenweg abging, den er benutzt haben könnte.«
    Holmes rieb sich vergnügt die Hände.
    »Der Fall ist von ganz besonderer Art«, sagte er. »Wie viel Zeit lag wohl dazwischen – ich meine zwischen Ihrer Fahrt um die Ecke und Ihrer Umkehr, wo niemand mehr zu sehen war?«
    »Zwei oder drei Minuten.«
    »In dieser Zeit kann er also nicht auf der Straße außer Sehweite gekommen sein, und Seitenwege, sagen Sie, gibt’s dort nicht?«
    »Nein.«
    »Dann muss er auf einem Fußpfad nach der einen oder anderen Seite entkommen sein.«
    »Nach der Seite der Heide ist es ausgeschlossen, denn da müsste ich ihn gesehen haben.«
    »Wenn das alles unmöglich ist, bleibt nur der eine Ausweg nach Charlington Hall. – Haben Sie noch weitere Angaben zu machen?«
    »Nein, Mr Holmes. Ich möchte nur noch bemerken, dass ich sehr bestürzt war und mich nicht eher beruhigen werde, bis ich Ihren erfahrenen Rat und Ihren Beistand habe.«
    Holmes verharrte eine Zeitlang in Schweigen.
    »Wo wohnt Ihr Bräutigam?«, fragte er endlich.
    »In Coventry, er ist bei der Midland-Elektrizitätsgesellschaft in Stellung.«
    »Sollte er nicht vielleicht Sie haben überraschen wollen?«
    »Oh, Mr Holmes. Und ob ich den nicht erkannt hätte!«
    »Haben Sie sonst noch Verehrer

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