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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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sinnlosen Akte von Zerstörungswut zu handeln, wie sie von Zeit zu Zeit vorkommen; und als solcher wurde er auch dem diensttuenden Polizisten gemeldet. Der Wert der Figur betrug nur wenige Schillinge, und die ganze Sache erschien zu unbedeutend, um eine eingehendere Untersuchung einzuleiten. Der zweite Fall war jedoch schon ernster und auch eigentümlicher. Er hat sich erst vergangene Nacht zugetragen.
    In der Kennington Street, nur ein paar Hundert Meter von Hudsons Geschäft entfernt, wohnt ein sehr bekannter praktischer Arzt namens Barnicot, der eine ausgedehnte Praxis südlich der Themse hat. Seine Wohnung und sein Hauptsprechzimmer befinden sich in der Kennington Street, außerdem hält er aber noch in einem Haus der Lower Brixton Street, zwei Meilen entfernt, Sprechstunden ab. Dieser Dr. Barnicot ist ein begeisterter Verehrer Napoleons und besitzt eine Menge Bilder, Bücher und sonstige Andenken von dem französischen Kaiser. Vor Kurzem hat er auch bei Hudson zwei Gipsbüsten des berühmten Napoleonkopfes von dem französischen Bildhauer Devine gekauft. Die eine derselben stellte er im Eingang seines Hauses in der Kennington Street auf, die andere auf dem Kaminsims seines Sprechzimmers in der Lower Brixton Street. Als Dr. Barnicot heute früh nun herunterkam, fand er zu seiner Überraschung, dass während der Nacht in seiner Wohnung eingebrochen, aber weiter nichts gestohlen worden war als die Napoleonbüste in der Vorhalle. Sie war hinausgetragen und mit Gewalt gegen die Gartenmauer geworfen worden, wo man die Bruchstücke noch liegen sehen konnte.«
    Holmes rieb sich die Hände.
    »Das ist entschieden merkwürdig«, sagte er.
    »Ich dachte mir, dass Sie’s interessieren würde. So lassen Sie mich weitererzählen, die Sache ist noch nicht zu Ende. Mittags ging Dr. Barnicot in sein zweites Sprechzimmer, und, siehe da, dort war das Fenster geöffnet und die Trümmer der zweiten Büste lagen am Boden umher; sie war an ihrem Standort vollständig in Stücke zerschlagen worden. In beiden Fällen hat der Verbrecher oder Geisteskranke keine Spur zurückgelassen, die uns auch nur den geringsten Anhaltspunkt zu seiner Ergreifung liefern könnte. Das sind die Tatsachen, Mr Holmes.«
    »Sie sind eigenartig, ganz seltsam«, sagte Holmes. »Können Sie mir vielleicht angeben, ob die beiden Büsten des Dr. Barnicot genau ebenso waren wie die bei Hudson zerschlagene?«
    »Es waren ganz gleiche Nachbildungen desselben Modells.«
    »Dieser Umstand spricht gegen die Annahme, dass der Täter von einem allgemeinen Hass gegen Napoleon geleitet worden sei. Denn wenn man bedenkt, wie viel hundert Statuen des großen Kaisers in London stehen, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass ein wahnsinniger Bilderstürmer zufällig gerade hintereinander drei Stück von demselben Modell erwischen sollte.«
    »Das habe ich mir auch gesagt«, antwortete Lestrade. »Andererseits ist Hudson der Büstenlieferant für diesen ganzen Stadtteil, und diese drei Köpfe waren die einzigen dieser Art und hatten schon jahrelang in seinem Laden gestanden. Daher ist es, obwohl es, wie Sie ganz richtig bemerken, in London Hunderte von Napoleonbüsten gibt, doch nicht unwahrscheinlich, dass in diesem Bezirk nur diese drei existierten. Ein Fanatiker aus jener Gegend könnte also sehr wohl damit sein allgemeines Zerstörungswerk angefangen haben. Wie denken Sie darüber, Dr. Watson?«
    »Bei dieser Krankheitsform ist alles möglich«, erklärte ich. »Es handelt sich offenbar um jene geistige Störung, die die neuere Psychopathie als ›fixe Idee‹ bezeichnet. Dieselbe äußert sich oft nur in unmerklichen Anzeichen, und der Kranke kann sonst vollkommen normal sein. Bei einem Mann, der sich stark in die Lektüre Napoleonischer Geschichte vertieft oder dessen Familie womöglich infolge der Kriege Unbill erlitten hat, könnte sich leicht eine solche ›fixe Idee‹ gebildet haben, unter deren Einfluss er zu jeder Gewalttat in dieser Richtung fähig wäre.«
    »Ihre medizinischen Ausführungen vermögen meinem Laienverstand nicht recht einzuleuchten, mein lieber Watson«, sagte Holmes kopfschüttelnd. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie auch die stärkste ›fixe Idee‹ Ihren interessanten Kranken in den Stand setzen sollte, die zwei Büsten des Dr. Barnicot ausfindig zu machen.«
    »Nun, wie erklären Sie es sich dann?«
    »Ich kann die Sache überhaupt noch nicht ganz durchschauen. Ich wollte vorläufig nur soviel bemerken, dass dieser exzentrische Herr nach

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