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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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scheint nicht nur in Ihrem Studier-, sondern auch in Ihrem Schlafzimmer gewesen zu sein, Herr Professor!«
    »Was kann er hier nur gewollt haben?«
    »Das scheint mir nicht allzu schwer erklärlich. Sie kamen auf einem unerwarteten Weg zurück, sodass er Sie nicht eher bemerkte, bis Sie bereits an der äußeren Tür waren. Was blieb ihm übrig? Er raffte alles auf, was ihn direkt hätte verraten können, und stürzte in Ihr Schlafzimmer, um sich dort zu verbergen.«
    »Heiliger Himmel, Mr Holmes, Sie meinen, dass wir während der ganzen Zeit, die ich mit Bannister verhandelte, den Kerl nebenan gefangen hatten, wenn wir’s nur gewusst hätten?«
    »So denke ich mir’s.«
    »Dann besteht noch eine andere Möglichkeit, Mr Holmes. Ich weiß nicht, ob Sie mein Schlafzimmerfenster betrachtet haben?«
    »Es ist ein Gitterfenster mit drei Eisenstäben, die weit genug auseinander stehen, um einen Mann zur Not durchzulassen.«
    »Ganz recht. Und es mündet auf eine Ecke des Hofes, die ziemlich verdeckt liegt. Der Mann kann also auch hier eingestiegen sein, die Fährte in der Kammer zurückgelassen haben und dann, als er die Tür offen fand, auf dem natürlichen Weg hinausgeschlüpft sein.«
    Holmes schüttelte ungeduldig den Kopf.
    »Wir wollen nicht so unpraktisch denken«, antwortete er. »Wenn ich Sie richtig verstanden habe, benutzen drei Studenten die Haustreppe und gehen täglich mehrmals an Ihrer Tür vorbei?«
    Jawohl, das ist so.«
    »Und sie stehen alle drei vor dem Examen?«
    »Ja.«
    »Haben Sie auf einen stärkeren Verdacht als etwa auf die anderen?«
    Der Professor zögerte mit der Antwort.
    »Das ist eine delikate Frage«, sagte er dann. »Man spricht nicht gerne einen Verdacht aus, für den man keine Beweise hat.«
    »Lassen Sie uns nur den Verdacht hören. Wenn er begründet ist – für den Beweis will ich schon sorgen.«
    »Ich will Ihnen dann die Charaktere dieser drei Mitbewohner kurz schildern. Der unterste derselben heißt Gilchrist, er ist ein fleißiger Student und ein tüchtiger Turner; er gehört dem studentischen Reit- und Cricket-Klub an und hat schon einen Preis im Hürdenrennen und im Weitsprung bekommen. Er ist ein schöner, stattlicher junger Mann. Sein Vater war der bekannte Baron Jabez Gilchrist, der sich durch den Sport finanziell ruiniert hat. Mein Zögling ist in verhältnismäßiger Armut hinterlassen worden, aber er arbeitet sehr fleißig, sodass etwas Tüchtiges aus ihm werden wird.
    Im zweiten Stock wohnt der Inder Daulat Ras. Er ist ein ruhiger, tief angelegter Mensch, wie die meisten seines Stammes. Er ist einer der Ersten in seinen Leistungen, freilich ist Griechisch seine schwache Seite. Er arbeitet sicher und methodisch.
    Im obersten Stock liegt das Zimmer von Miles Laren. Er macht glänzende Arbeiten – wenn er überhaupt welche macht. Er ist entschieden einer der intelligentesten Studenten an der ganzen Universität, aber er ist launenhaft, zerstreut und haltlos. Er wurde wegen einer Spielsache gleich im ersten Jahr beinahe entlassen. Er ist die ganze Zeit über faul gewesen und muss der Prüfung trotz seiner unbestreitbaren Begabung mit Besorgnis entgegensehen.«
    »Dann trauen Sie’s diesem wohl zu?«
    Der Professor sah verlegen auf den Boden.
    »So weit möchte ich nicht gleich gehen. Doch von den Dreien ist’s bei ihm nach meiner Ansicht am wenigsten unwahrscheinlich.«
    »Gut. Nun möchte ich gerne Ihren Diener sprechen, Herr Professor.«
    Dieser drückte auf den Knopf einer elektrischen Klingel, worauf Bannister erschien.
    Er war ein kleiner Mann von etwa fünfzig Jahren, mit blassem, glattrasiertem Gesicht. Er litt noch unter der plötzlichen Störung, die den gewohnten ruhigen Gang seines Lebens unterbrochen hatte. Seine Gesichtsmuskeln zuckten noch, auch die Finger zitterten noch vor Aufregung, und sein Blick schweifte unstet von einem zum andern.
    »Wir wollen jetzt die unglückliche Geschichte genauestens untersuchen«, sagte der Professor in väterlichem Ton zu ihm.
    »Jawohl, Herr Professor.«
    »Soviel mir gesagt worden ist, haben Sie den Schlüssel in der Tür stecken lassen?«, fragte Holmes.
    »Jawohl, Herr.«
    »War es nicht sehr auffallend, dass Ihnen das gerade an dem Tag passierte, als diese wichtigen Papiere hier offen auf dem Tisch lagen?«
    »Es war ein höchst unglückliches Zusammentreffen, Herr. Aber auch sonst ist schon so was vorgekommen.«
    »Um welche Zeit haben Sie das Zimmer betreten?«
    »Gegen halb fünf, wenn Herr Professor seinen Tee

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