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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Holmes beschrieben habe, ohne Brille oder Klemmer, gesehen zu haben, schien ihn gar nicht besonders zu interessieren. Er achtete vielmehr darauf, als Susan, die mit dem Essen auf uns wartete, freiwillig erzählte, dass sie glaubte, Mr Smith sei gestern Morgen spazieren gewesen und erst eine halbe Stunde vor dem schrecklichen Ereignis zurückgekehrt. Ich selbst konnte die Bedeutung dieses Nebenumstandes nicht einsehen, aber gleichwohl bemerkte ich, dass ihn Holmes seinem Bild, das er sich von dem Fall gemacht hatte, einverleibte, und dass er auch in dieses Schema zu passen schien. Denn er sprang plötzlich vom Stuhl auf und sah nach der Uhr. »Zwei, meine Herren«, sagte er. »Wir müssen hinaufgehen und die Sache mit unserem Freund, dem Professor ins Reine bringen.«
    Der alte Herr war gerade mit dem Essen fertig, und die leeren Schüsseln bewiesen, dass seine Haushälterin recht gehabt hatte mit ihrer Prophezeiung; er musste einen ordentlichen Hunger gehabt haben. Als er sein weißes Haupt emporhob und uns mit seinen durchbohrenden Augen ansah, machte er wirklich einen bezaubernden Eindruck. Die unvermeidliche Zigarette qualmte schon wieder in seinem Mund. Er war angezogen und saß in seinem Lehnstuhl am Kamin.
    »Nun, Mr Holmes, haben Sie das Geheimnis schon aufgeklärt?« Er schob die große Schachtel Zigaretten, die neben ihm auf dem Tisch stand, meinem Gefährten hin. Holmes streckte gleichzeitig seine Hand aus, und das Kistchen kam zu weit über die Tischkante hinaus, verlor das Gleichgewicht und fiel zu Boden. Ein oder zwei Minuten lagen wir alle auf den Knien und lasen in alle Winkel zerstreute Zigaretten auf. Als wir aufstanden, bemerkte ich an Holmes, dass seine Augen glänzten und seine Wangen leicht gerötet waren. Nur in entscheidenden Augenblicken zeigten sich diese Kampfsignale.
    »Jawohl«, versetzte er, »ich hab’s aufgedeckt.«
    Hopkins und ich starrten ihn erstaunt an. Über das hagere Gesicht des alten Professors zuckte es wie Hohnlachen und Spott.
    »Tatsächlich! Im Garten?«
    »Nein, hier.«
    »Hier! Wann?«
    »Eben.«
    »Sie scherzen gewiss, Mr Holmes. Da muss ich Ihnen freilich sagen, dass die Sache doch zu ernst ist, um in dieser Weise verhandelt zu werden.«
    »Ich habe jedes einzelne Glied meiner Kette sorgfältig geschmiedet und geprüft. Professor Coram, und ich weiß bestimmt, dass sie stark und fest ist. Ihre Motive und Ihre ganze Rolle, die Sie in diesem eigenartigen Fall spielen, durchschaue ich noch nicht ganz. In wenigen Minuten werde ich’s wahrscheinlich aus Ihrem eigenen Mund hören. Ich will Ihnen daher, was vorgefallen ist, vorher noch einmal im Zusammenhang erzählen, damit Sie wissen, welcher Aufklärung ich noch bedarf.
    Gestern kam eine Dame in Ihr Studierzimmer, mit der Absicht, sich gewisse Papiere anzueignen, die sich in dem Schränkchen befanden. Einen Schlüssel brachte sie selbst mit. Ich habe den Ihrigen betrachtet, wie Sie wissen, und jene leichte Spur nicht gefunden, welche der Kritzer hätte daran hervorbringen müssen. Sie haben also keine Schuld und, soweit ich es bis jetzt beurteilen kann, kam sie ohne Ihr Wissen.«
    Der Professor blies eine dicke Rauchwolke von sich. »Das ist ja äußerst interessant und lehrreich«, sagte er dann. »Haben Sie nichts mehr hinzuzufügen? Da Sie die Spur dieser Dame so weit verfolgt haben, können Sie gewiss auch sagen, was weiter aus ihr geworden ist.«
    »Ich will es versuchen. Zuerst wurde sie von Ihrem Sekretär ergriffen, den sie niederstach, um zu entkommen. Diesen tödlichen Ausgang bin ich geneigt, als einen unglücklichen Zufall anzusehen, denn ich bin überzeugt, dass die Dame nicht die Absicht gehabt hat, ein solches Verbrechen zu begehen. Ein Mörder kommt nicht unbewaffnet. Erschreckt über ihre Tat, verließ sie in wilder Flucht die Stätte des Unglücks. Zu ihrem Leidwesen hatte sie in dem Handgemenge ihren Klemmer eingebüßt, und bei ihrer starken Kurzsichtigkeit war sie ohne die Gläser vollkommen hilflos. Sie lief einen Korridor entlang, durch den sie hereingekommen zu sein glaubte – weil beide mit Strohmatten belegt waren – und als sie gewahr wurde, dass sie in den falschen Gang geraten war, war es zur Rückkehr schon zu spät, sie war ihr bereits abgeschnitten. Was sollte sie machen? Sie konnte nicht zurück, sie konnte aber auch nicht stehen bleiben. Sie musste vorwärts. Sie lief weiter. Sie kam an eine kleine Treppe, ging diese hinauf, stieß eine Tür auf und befand sich in Ihrer Kammer.«
    Der

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