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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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suchte einen Zeugen, und um sein eigenes Leben zu retten und die ausgesetzte hohe Belohnung zu verdienen, verriet er seine Frau und seine Genossen. Auf seine Aussage hin wurden wir alle festgenommen. Einige kamen an den Galgen und einige nach Sibirien. Unter den Letzteren war ich, aber ich hatte nicht lebenslänglich. Mein Mann ging mit seinem unredlich erworbenen Vermögen nach England und hat hier stets zurückgezogen gelebt. Er weiß wohl, dass, wenn der Bund seinen Aufenthaltsort kennte, er schwerlich länger als eine Woche zu leben haben würde.«
    Der Alte streckte die zitternde Hand aus, um sich eine Zigarette zu nehmen, dann sagte er: »Ich bin in deiner Hand, Anna. Du bist mir immer gut gewesen.«
    »Aber seine größte Schurkerei habe ich noch nicht erzählt«, fuhr sie fort. »Unter unseren Genossen war einer, der meinem Herzen nahestand. Er war edel, selbstlos und liebreich – was mein Mann alles nicht war. Er hasste die Gewalttat. Wir waren alle schuldig – wenn man dabei von schuldig sprechen kann – nur er war’s nicht. Er schrieb uns stets, dass wir diesen Weg nicht einschlagen sollten. Auf diese Briefe hin würde er freigesprochen worden sein. Ebenso würde ihn mein Tagebuch gerettet haben, worin ich täglich meine Gefühle gegen ihn sowie unseren politischen Standpunkt eingetragen hatte. Mein Mann machte Tagebuch und Briefe ausfindig und behielt sie. Er versteckte sie und hätte diesen Mann gerne durch seinen Eid an den Galgen gebracht. Das gelang ihm nicht, aber Alexis wurde in eine Zwangskolonie nach Sibirien gebracht, wo er noch jetzt, bis auf diesen Augenblick, in einem Salzbergwerk arbeitet. Bedenke das, du Schurke, du Elender; jetzt, jetzt, in diesem Augenblick muss Alexis, ein Mann, dessen Namen du nicht würdig bist, auf die Zunge zu nehmen, arbeiten und leben wie ein Sklave, und trotzdem ich dein Leben in meiner Hand habe, lass ich dich gehen.«
    »Du warst immer ein edles Weib, Anna«, warf der Alte dazwischen und zog an seiner Zigarette.
    Sie hatte sich erhoben, sank aber mit einem leisen Schrei des Schmerzes wieder nieder.
    »Ich muss rasch zu Ende kommen«, sagte sie. »Als meine Zeit um war, nahm ich mir vor, mir das Tagebuch und meine Briefe wieder zu verschaffen, welche, an die russische Regierung gesandt, meines Freundes Freilassung bewirken würden. Ich wusste, dass sich mein Mann nach England gewandt hatte. Nach monatelangem Suchen entdeckte ich seinen Aufenthaltsort. Ich wusste, dass er das Tagebuch noch im Besitz hatte, denn nach Sibirien hat er mir einmal einen Brief geschrieben, worin er mir Vorwürfe machte und einige Stellen daraus anführte. Aber ich kannte seine rachsüchtige Natur zu gut, um zu wissen, dass er mir’s nie freiwillig geben würde. Ich musste mir’s selbst zu verschaffen suchen. Zu diesem Zweck nahm ich einen Agenten von einem Privatdetektivinstitut an, der als Sekretär bei meinem Mann eintrat – es war dein zweiter Sekretär, Sergius, derjenige, der dich so schnell verlassen hat. Er entdeckte, dass die Papiere in jenem Schränkchen eingeschlossen waren, und machte ein Modell vom Schloss. Weiter wollte er nicht gehen. Er versah mich mit einem Plan des Hauses und sagte mir, dass am Vormittag das Studierzimmer fast stets leer sei, weil der Sekretär hier hinten zu tun habe. So fasste ich endlich den Vorsatz und kam hierher, um die Briefschaften wiederzuerlangen. Es gelang mir, aber um welchen Preis!
    Ich hatte gerade die Papiere herausgenommen und wollte das Schränkchen wieder zuschließen, als mich der junge Herr ergriff. Ich hatte ihn schon am Morgen gesehen. Ich traf ihn auf der Straße und fragte ihn, wo Professor Coram wohne; ich wusste nicht, dass er in seinen Diensten stand.«
    »Richtig! Richtig!«, sagte Holmes. »Der Sekretär ist zurückgekommen und hat seinem Herrn von dem Weib erzählt, das er getroffen hatte. Dann wollte er in den letzten Sekunden kundtun, dass sie’s war, sie, über die er eben mit dem Professor gesprochen hatte.«
    »Sie müssen mich reden lassen«, sagte die Frau in befehlendem Ton, während sie das Gesicht vor Schmerzen verzog. »Als er zu Boden gefallen war, stürzte ich aus dem Zimmer, erwischte die verkehrte Tür und stand meinem Mann gegenüber. Er sagte, dass er mich der Polizei überliefern wolle. Ich bedeutete ihm, dass ich auch sein Leben in der Hand hätte. Wenn er mich der Behörde übergäbe, könnte ich ihn dem Bunde überantworten. Ich wollte nicht meinetwegen mein Leben retten, sondern ich wollte

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