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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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glauben sollte, dass ich mich in seine Angelegenheiten mischte. Und nun kommen Sie doch hierher und stellen mich bloß, zeigen, dass geschäftliche Verbindungen zwischen uns bestehen.«
    »Leider hatte ich keine andere Wahl, gnädige Frau. Ich habe den Auftrag, dieses ungeheuer wichtige Schriftstück wieder zu beschaffen. Ich muss Sie daher ersuchen, gnädige Frau, mir es gütigst einzuhändigen.«
    Die Dame sprang auf, jeder Blutstropfen war aus ihrem schönen Gesicht gewichen. Ihre Augen waren starr – sie wankte – ich glaubte, sie fiele in Ohnmacht. Dann gelang es ihr durch eine gewaltige Willensanstrengung, sich zu bemeistern, nur höchstes Erstaunen und höchste Entrüstung standen noch auf ihren Zügen.
    »Sie – Sie beleidigen mich, Mr Holmes.«
    »Machen Sie, machen Sie! Gnädige Frau, es ist zwecklos. Geben Sie den Brief heraus!«
    Sie stürzte an die Klingel.
    »Der Hausdiener soll Sie hinausweisen.«
    »Läuten Sie nicht, gnädige Frau. Wenn Sie’s tun, werden alle meine ernstlichen Bemühungen, einen Skandal zu vermeiden, vergeblich sein. Wenn Sie sich aber mit mir verständigen, kann ich noch alles zum Guten wenden. Arbeiten Sie mir jedoch entgegen, muss ich Sie kompromittieren. Geben Sie also den Brief her, und alles wird geregelt werden.«
    Trotz bietend stand sie da, eine fürstliche Erscheinung, ihre Augen auf seine gerichtet, als ob sie ihm ins Herz sehen wollte. Die Hand hatte sie auf dem Knopf, aber sie hatte noch nicht gedrückt.
    »Sie wollen mich ins Bockshorn jagen. Es ist eines Mannes nicht sehr würdig, Mr Holmes, hierherzukommen und eine Frau einzuschüchtern. Sie behaupten, etwas zu wissen. Was wissen Sie?«
    »Bitte setzen Sie sich, gnädige Frau. Sie verletzen sich sonst, wenn Sie umsinken. Ich will nicht eher reden, bis Sie sitzen. Danke Ihnen.«
    »Ich gebe Ihnen noch fünf Minuten, Mr Holmes.«
    »Es genügt eine einzige, gnädige Frau. Ich weiß von Ihrem Besuch bei Eduardo Lucas, weiß, dass Sie ihm das Schriftstück gegeben haben, weiß, dass Sie gestern Abend wieder dort waren, und weiß, auf welche Weise Sie den Brief wieder von dem verborgenen Plätzchen unter dem Teppich hervorgeholt haben.«
    Sie starrte meinen Freund entsetzt an, sie war aschfahl geworden, sie musste erst nach Worten ringen.
    »Sie sind verrückt, Mr Holmes – Sie sind wahnsinnig!«, rief sie endlich.
    Er zog ein kleines Stückchen Karton aus der Tasche. Es enthielt das Bild eines Weibes, das aus einer Fotografie herausgeschnitten war.
    »Ich habe dies mitgebracht, weil ich glaubte, es könnte vielleicht von Nutzen sein«, sagte er. »Der Schutzmann hat es erkannt.«
    Sie stieß einen tiefen Seufzer aus und ließ den Kopf in ihren Stuhl zurücksinken.
    »Machen Sie rasch, gnädige Frau! Sie haben den Brief. Die Sache lässt sich noch in Ordnung bringen. Ich wünsche durchaus nicht, Ihnen Unannehmlichkeiten zu bereiten. Ich habe meine Pflicht erfüllt, sobald ich Ihrem Gemahl das vermisste Schreiben eingehändigt habe. Befolgen Sie meinen Rat und seien Sie offen gegen mich; es ist Ihre einzige Chance.«
    Sie besaß einen bewundernswerten Mut. Selbst jetzt wollte sie sich noch nicht ergeben.
    »Ich kann Ihnen nur erwidern, Mr Holmes, dass Sie in einem merkwürdigen Irrtum befangen sind.«
    Holmes stand vom Stuhl auf.
    »Es tut mir leid, gnädige Frau. Ich habe es gut mit Ihnen gemeint, ich sehe aber, dass alles nutzlos ist.«
    Er klingelte. Ein Diener trat ein.
    »Ist Mr Trelawney Hope zu sprechen?«
    »Er will um dreiviertel eins wieder hier sein.«
    Holmes sah auf die Uhr.
    »Noch eine Viertelstunde«, sagte er. »Es ist gut, ich werde so lange warten.«
    Der Diener hatte kaum die Tür hinter sich zugemacht, als Mrs Hilda Trelawney Hope meinem Freund zu Füßen lag. Sie hob die Hände empor und blickte ihn mit Tränen in den Augen flehentlich an.
    »Oh, schonen Sie mich, Mr Holmes! Haben Sie Nachsicht mit einem Weib!«, bat sie inständig. »Um Himmels willen, sagen Sie ihm nichts! Ich liebe ihn so sehr! Ich will ihm keinen Kummer bereiten, denn das würde ihm sein edles Herz brechen.«
    Holmes hob die Dame auf. »Ich freue mich, gnädige Frau, dass Sie noch im letzten Moment zur Besinnung gekommen sind! Wir haben keinen Augenblick mehr zu verlieren. Wo haben Sie den Brief?«
    Sie lief rasch an den Schreibtisch hinüber, schloss ihn auf und zog einen langen, blauen Briefumschlag hervor.
    »Hier ist er, Mr Holmes. Oh! Dass ich ihn nie gesehen hätte!«
    »Wie können wir ihn nun zurückerstatten?«,

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