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Sherlock Holmes und das Druidengrab

Sherlock Holmes und das Druidengrab

Titel: Sherlock Holmes und das Druidengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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Unglück der Bewohner überall in diesen Mauern spürbar. Sie, Sir, haben Ihre Verlobte und Ihren Sohn verloren, Sie, Gnädigste, Ihre Schwester, Ihren Neffen und nun auch noch Ihre Eltern. Dass Butler James ebenfalls nicht mehr unter uns weilt, ist an dieser Stelle aber leider ohne Bedeutung. Was haben wir also? Ein Paar, das sich fand, nachdem die Schwester der Gattin wegen Kindstötung im Zuchthaus saß. Ein Paar, für den der Wunsch nach Familienglück nie wahr werden sollte. Ein Paar, das sich fremd wurde in all den stillen Jahren. Sie, Sir, haben Elizabeth nie vergessen, die unbeschwerte Zeit der großen Liebe. Aber da war ja noch Helen.“
    Er fixierte die Countess mit strengem Blick, doch Carnington warf sofort ein: „Sie war es, die mich damals aus meiner Qual gerettet hat. Ohne Helen hätte ich das Leben nicht mehr ertragen.“
    Holmes nickte verständnisvoll und sog an seiner Pfeife. „Natürlich hat sie das. Da war sie ja auch bereits am Ziel. Oder?“
    Sein Ton wurde schärfer, die Countess zuckte zusammen.
    „Wollen Sie erzählen, oder soll ich es tun?“, fragte Holmes und lächelte süffisant. „Also erzähle ich. Die Geschichte fängt damit an, dass sich eine junge Frau in einen jungen Mann verliebt. Sie erzählt ihrer Schwester davon, schwärmt. Wie das so bei Backfischen ist. Dann kommt der Auserwählte zum ersten Mal ins Haus der Braut. Er will um die Hand des Mädchens anhalten und die Schwester spürt sofort, diesen Mann will ich haben, diesen und keinen anderen. Ob es der Anstand oder die Intelligenz ist, vermag ich nicht zu sagen. Auf jeden Fall offenbart sie sich nicht, auch der künftige Schwager ahnt nichts von ihren Gefühlen. Dann gerät das Leben aus den Fugen. Es ist Krieg; Robert ist Offizier in Reserve und meldet sich freiwillig. Die geplante Hochzeit wird verschoben. Kurz nach seiner Abreise erfährt Elizabeth, dass sie schwanger ist. In ihrer Not vertraut sie sich ihrer Schwester Helen an. Sie schreibt Briefe an ihren Verlobten, bittet ihn, sie vor der Schande zu bewahren und einer Eiltrauung zuzustimmen. Es kommt keine Antwort. Elizabeth ist in heller Aufregung. Ihr Zustand wird bald nicht mehr zu verheimlichen sein. Die Schwester gibt ihr Mut und Kraft. Alles wird gut werden ...“
    Holmes nutzte eine Pause, um sich von der Aufmerksamkeit an seiner Darbietung zu überzeugen. Alle Blicke waren auf ihn gerichtet; es war so still im Salon, dass man das Atmen der Anwesenden deutlich hörte. Zufrieden fuhr der Detektiv fort: „Jemand unterschlug die Briefe, nicht wahr, Countess? Sie kamen nie an und Carnington erfuhr nie, dass seine Braut in Schwierigkeiten war. Als Elizabeth ihren Zustand nicht mehr geheimhalten konnte, schickten die Eltern sie nach Plymouth zu einer entfernten Verwandten. Hier sollte sie das Kind zur Welt bringen und abwarten. Und an dieser Stelle bekommt unsere Geschichte eine böse Wendung, denn erstmalig taucht die Weiße Frau auf. Wie in den Gerichtsakten nachzulesen ...“
    Holmes zeigte auf Watson, der seinerseits einen Papierstapel in die Höhe hielt. „... wie dort nachzulesen ist, gab Elizabeth an, eine Weiße Frau hätte sie verfolgt, ihr das Kind entrissen und in den Fluss geworfen. Doch niemand glaubte ihr. Leider sprach alles gegen die junge Mutter.“
    Holmes seufzte theatralisch und bewegte Watson damit zu einem unwilligen Augenrollen. Der Detektiv quittierte das mit einem Lächeln, bevor er weitersprach: „Elizabeth wurde verurteilt, die Familie sagte sich von ihr los, ihr Kind wurde hier bestattet, sie selbst zu dreißig Jahren Zuchthaus verurteilt. Ihr Vater bezahlte ein kleines Vermögen an die Presse in Plymouth, um die Berichterstattung so lapidar wie möglich zu halten. Und hatte Erfolg. Die Jahre vergingen und Elizabeth saß im Kerker, während draußen das Leben weiterging. Robert heiratete ihre Schwester, die Familie siedelte von Worsley Manor nach Carnington Hall um. Alles schien gut zu werden. Doch das war ein Trugschluss, nicht wahr, Helen? Sie merkten schnell, dass Sie nur ein schaler Ersatz für Elizabeth waren, dass seine Liebe für Sie nicht ein Bruchteil dessen ausmachte, was Ihre Schwester ihm bedeutet hatte. Und dann die Kinderlosigkeit. Robert kam aus dem Krieg zurück und war zeugungsunfähig. Sie schafften es zwar, ihn von der inzwischen verurteilten Kindsmörderin fernzuhalten, aber seine Erinnerung konnten Sie ihm nicht nehmen. Wie schlimm muss es gewesen sein, all die Jahre neben dem unberührten Mädchenzimmer zu leben

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