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Sherlock Holmes und das Druidengrab

Sherlock Holmes und das Druidengrab

Titel: Sherlock Holmes und das Druidengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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melodischer und dennoch erderschütternder Laut, der zugleich aus der Erde herauf und vom Himmel herabzukommen schien. Unmittelbar danach setzte eine dunkel dröhnende Kantorstimme mit einem hebräischen Sprechgesang ein, der von einem neuerlichen urtümlichen Brüllen abgelöst wurde. Ich fuhr herum und sah den angeblichen „zweiten Polizisten“ in ein weißes Tuch gehüllt stehen, einen Gebetsmantel um die Schultern, und in der Hand das Widderhorn, das Schofar, dessen Klang am Jüngsten Tag die Toten aus den Gräbern rufen wird. Der Gesang des Mannes musste eine Beschwörung sein, denn die steinernen Monstren gerieten in Verwirrung wie Ameisen, deren Königin ihnen keine Befehle mehr erteilt. In der Luft hängend, schlugen sie mit den Flügeln, flatterten hin und her und fielen dann zu Boden, wobei sie auf den Rücken kippten. Die fürchterlichen Stempelfüße in der Luft, lagen sie da.
    „Schnell, Doktor!“ Lestrade packte mich am Arm und zerrte mich zu ihnen hinüber. „Mr Holmes! Reißen Sie ihnen das Maul auf und nehmen Sie heraus, was drinnen ist! Verbrennen Sie es!“
    Getrieben von seinem scharfen Befehl, noch mehr aber vom Gesang des Beschwörers, der über den Hügel donnerte, stürzten wir uns auf die zappelnden Ungeheuer. Lestrade riss dem einen das Maul auseinander, ich fuhr mit der Hand hinein und fühlte tatsächlich ein Röllchen, das sich wie Pergament anfühlte. Ich kam aber nicht dazu, es näher zu betrachten, denn schon hatte Lestrade sein Taschenfeuerzeug – eine neumodische Spielerei der Firma Repeating Light & Co – hervorgezogen und angeschnippt. Das Röllchen fing Feuer und verbrannte mit schwefliger Flamme unter einem Gestank, der uns den Atem verschlug. Gleich darauf loderte auch das zweite, das Holmes zutage gefördert hatte.
    Während der Gesang des Beschwörers leiser wurde und verebbte, blickten wir auf die Steinfiguren hinunter. Sie lagen, wie sie gefallen waren, flach auf dem Rücken und gaben nicht das geringste Lebenszeichen mehr von sich.
    Holmes, der sehr blass aussah, kam herbei und sagte mit einem Blick auf den Polizisten : „Mein guter Lestrade, Sie haben mir das Leben gerettet, aber wie sind Sie denn auf die Idee gekommen, diesen Mann hier mitzubringen?“
    „Nun“, antwortete Lestrade mit einem verschmitzten Lächeln, „als Dr. Watson mir sein Telegramm schickte und mir schilderte, was hier los ist, da fiel mir etwas ein. Der Rabbi Löw in Prag, hatte der nicht seinerzeit eine Lehmfigur geschaffen, die sich nach seinem Willen bewegte, indem er ihr ein Plättchen mit Zauberworten in den Mund legte? Was soll’s, sagte ich mir, nutzt es nichts, so schadet es nichts, und so bat ich diesen Rabbi – der ungenannt bleiben will – mich zu begleiten und notfalls einzugreifen. Er ist ein Fachmann in solchen Dingen. Kein dämonisches Wesen, sagte er mir, kann dem Klang des Schofar widerstehen.“ Mit gedämpfter Stimme fügte er hinzu: „Die Kunst des Rabbi Löw, das bestätigte er mir, ist auch heute noch nicht aus der Welt verschwunden.“
    Holmes fehlten die Worte. Er war Zeuge der Ereignisse gewesen, so gut wie wir, er konnte sich also nicht herausreden, dass wir uns getäuscht hätten. Aber natürlich wollte er das nicht zugeben. Also wischte er sich die Erde von den Händen und wandte sich zum Gehen. Lestrade und ich folgten ihm, während der Rabbi auf der Hügelkuppe zurückblieb.
    „Was immer hier geschehen ist“, sagte mein Freund nach einer Weile, „es tut mir vor allem leid, dass ich mein Hauptziel nicht erreicht habe, nämlich Millstone unschädlich zu machen. Seine Todesfalle hat versagt, aber ich stehe nach wie vor am Anfang.“
    „Das glaube ich nicht, Mr Holmes“, erwiderte Lestrade, der immer noch dieses schelmische Lächeln zu Schau trug. „Sehen Sie, der Rabbi da oben“, er wies auf die Kuppe des Hügels, „erzählte mir, dass sich solche Geschöpfe selbst gegen ihren Meister wenden, wenn man ihnen ein Papier mit den entsprechenden kabbalistischen Zeichen ins Maul legt ...“
    „Unsinn!“, erklärte Holmes scharf. „Ich will nichts mehr davon hören.“ 
    Und dabei blieb er.

    4

    Der geneigte Leser wird sich jedoch daran erinnern, welches Aufsehen der plötzliche und entsetzliche Tod des berühmten Archäologen Professor Albus Millstone erregte. Man fand diesen im völlig zertrümmerten Inneren seines Landhauses, und zwar so grausam ausgeblutet, zertrampelt und ausgewalzt, dass der Leichenbeschauer nicht wagte über die Ursache seines

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