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Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge (German Edition)

Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. J. Preyer
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dem Manuskript zu einem sentimentalen Roman vertauscht hatte. Sie hatte den Entwurf zu ihrem Roman in den Kinderwagen gelegt und das Baby in ihrer Handtasche in die Gepäckaufbewahrung der Victoria Station gebracht. Achtundzwanzig Jahre später freute sich die Frau über das wiedergefundene Manuskript und Jack über die Aufklärung seiner wahren Herkunft und seinen richtigen Namen Ernst, der es ihm ermöglichte, die Frau seiner Träume zu heiraten.
    Was für eine absolut unglaubwürdige Geschichte , dachte Holmes. Und wie geistreich sie entwickelt wurde. Es war ein einziges Vergnügen, die Dialoge dieses Stücks zu lesen.
    Als er das Manuskript beiseitelegte, dachte er nach, welcher Hinweis darin verborgen sein könnte. Die Reaktion Moriartys ließ auf eine geheime Botschaft schließen. Der Professor hätte Wilde töten lassen können. In diesem Fall wären dessen Stücke weiterhin aufgeführt worden. Nur der öffentliche Skandal, der Sturz des Schriftstellers, gewährleistete dessen Verstummen.
    Was sollte verschwiegen werden? Ernst sein ist alles . Ein unernstes Spiel mit Worten, mit Gefühlen, mit Menschen, das mit einem Schlag bitterer ERNST wurde.
    Wäre es möglich, dass der Professor in engerer Verbindung zu Wildes Familie stand, als auf den ersten Blick zu erkennen war? Es musste etwas in dem Text verborgen sein, eine auf spielerische Weise gemachte Andeutung, die Moriarty aufgeschreckt hatte, etwas, das in der Vergangenheit lag, wie die eigentliche Herkunft des Helden des Stückes, die erst am Ende gelüftet wurde.
    Holmes entschloss sich, dazu Mutter und den Bruder des Dichters zu befragen.
     
    Eine Zeile aus Wildes letztem Theaterstück fiel Sherlock Holmes ein, als er der Mutter und dem Bruder in ihrer etwas heruntergekommenen Unterkunft gegenübersaß, die noch den Luxus vergangener Tage erkennen ließ.
    Alle Frauen werden wie ihre Mütter. Das ist ihre Tragödie, die auf keinen Mann zutrifft. Das ist seine.
    Nun, das schien in Bezug auf Lady Wilde und ihren Sohn William, aber auch, was den inhaftierten Oscar Wilde selbst betraf, gelogen. Die Söhne sahen fast genauso aus wie die Mutter. Schönheit, die beinahe durch die Last der Jahre verloren gegangen, aber noch erkennbar war.
    Jane Francesca Lady Wilde wirkte trotz ihres vom Alkohol aufgedunsenen Gesichtes noch immer attraktiv. Sie war so extensiv geschminkt, dass sich Sherlock Holmes bei ihrem Anblick an einen Clown erinnert fühlte. Ihre Stimme jedoch klang angenehm melancholisch.
    Die Augen ihres etwa vierundvierzig, fünfundvierzig Jahre alten Sohnes verrieten eine andere, weitergehende Sucht, der er offenbar verfallen war. Holmes vermutete Heroin. Aber Willie, wie ihn seine Mutter nannte, schien auch dem Alkohol nicht abgeneigt.
    Als Sherlock Holmes von seiner Begegnung mit Oscar Wilde im Gefängnis von Reading berichtete, seufzte die Mutter theatralisch auf. »Ich versuche seit Wochen, einen Besuchstermin abzustimmen. Man lehnt das aus unerfindlichen Gründen ab.«
    »Sie haben einen mächtigen Feind, der nicht nur Ihren Sohn, sondern die ganze Familie verfolgt«, stellte Sherlock Holmes fest und wartete auf eine Reaktion, die jedoch ausblieb. So selbstverständlich schien das Gesagte für Holmes' beide Gesprächspartner.
    Willie Wilde erhob sich und füllte sein Trinkglas und das seiner Mutter mit einer dunkelbraunen Flüssigkeit.
    »Achtzehn Jahre alter Guyana Rum, in Holzfässern gereift. In ihm ist die Kraft der Natur seiner Heimat bewahrt. Sie trinken doch auch ein Glas mit uns?«
    Holmes nickte und probierte die viel zu warme Spirituose, die tatsächlich einen wunderbar rauchigen Geschmack hatte.
    »Die letzten Flaschen, die uns Oscar zur Verfügung stellte. Auch dieser Vorrat geht zu Ende. Wie alles in unserem Leben«, erklärte die Mutter mit einem traurigen Blick aus ihren übergroßen Augen.
    »Und dieser negative Einfluss auf das Leben Ihrer Familie geht von einem Mann namens Moriarty aus«, blieb der Detektiv beim Thema.
    »Er ist Mathematiker, wir sind Künstler«, sagte der Sohn.
    »Künstler in welcher Hinsicht?«, erkundigte sich Holmes.
    »Schriftsteller. Meine Mutter, ich und Oscar.«
    »Ein mathematischer Clown«, präzisierte die Frau und füllte ihr Glas bis zum Rand mit Rum.
    »Clown?«, wiederholte Sherlock Holmes, in der Hoffnung, mehr zu erfahren.
    »Sein Großvater trat als Magier mit Rechenkunststücken im Zirkus des James Sanger auf, wo auch Elena ...«, versuchte Willie Wilde zu erklären, wurde jedoch von seiner

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