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Sherlock Holmes und die Theatermorde

Sherlock Holmes und die Theatermorde

Titel: Sherlock Holmes und die Theatermorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Meyer
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starrte mit glasigem Blick vor sich hin.
    »Ich habe sie nicht sehr gut gekannt«, sagte er hölzern wie ein Träumender. »Aber sie war immer brav und guten Willens. Ein liebes junges Ding«, wiederholte er und begann zu blinzeln.
    »Für uns ist hier nichts weiter zu tun, Watson«, verkündete Holmes und zog Jackett und Mantel wieder an.
    Carte stürzte auf ihn zu und ergriff seine Rockaufschläge.
    »Sie können nicht gehen!« rief er. »Sie dürfen nicht! Sie wissen, um was es hier geht! Ich bestehe darauf, daß Sie es mir sagen. Was für Fragen wollten Sie dem Mädchen stellen?«
    »Meine Fragen waren nur für ihre Ohren bestimmt«, erwiderte der Detektiv gemessen. Er entfernte sanft die zitternden Hände des anderen. »Bitte verweisen Sie die Polizei an Dr. Watson und mich. Sie weiß, wo wir zu finden sind. Kommen Sie, Doktor.« Er wandte sich mir zu. »Wir haben eine Verabredung bei Simpsons, die jetzt wichtiger ist.«
    Wir verbeugten uns und drückten Gilbert, der wie in Trance reagierte, die Hand, dann verließen wir Carte und den bestürzten Dr. Eccles, der die notwendigen Einzelheiten seiner Untersuchung niederzuschreiben hatte. Der arme Mann, er war wohl mehr an entzündete als an durchschnittene Hälse gewöhnt.
    Als wir den Flur hinuntergingen, hörte ich, wie Carte an Gilbert gewandt vorschlug, den Rest der Probe abzusagen.
    »Wir können nicht«, erwiderte Gilbert mit einer Stimme, die heiser und mit Emotion geladen war.

KAPITEL SIEBEN

    Überfälle

    Simpsons Café Diwan war nur ein paar Meter weiter im Strand, und es war kein Problem, vom Theater dorthin zu gelangen. * Dennoch sprang der eisige Wind mich beim Verlassen des Savoy an wie eine überschäumende Woge, und ich stolperte gegen den Kiosk neben dem Kartenschalter.
    »Ist alles in Ordnung, Watson?«
    »Ich glaube schon – nur ein wenig schwindlig.«
    Holmes nickte verständnisvoll. »Es war recht warm dort drinnen – und gräßlich. Ich gebe zu, daß ich mich selbst ein wenig schwach fühle.« Er nahm meinen Arm, und wir betraten das Restaurant.
    Um diese Zeit war es bei Simpson noch nicht voll. Mr. Crathie erkannte uns sofort, und wir bekamen ohne Schwierigkeiten einen Tisch. Es war erst Viertel vor acht, was uns ein wenig Zeit für privates Durchdenken der unerwarteten Ereignisse gewährte. Was mich betraf, so hatte ich nicht das geringste Bedürfnis zu essen. Ich verspürte allerdings einen allmächtigen Durst und bestellte Kognak und eine Karaffe Wasser. Der Kognak brannte in meiner Kehle wie Feuer, und ich mußte feststellen, daß ich nicht genug Wasser schlucken konnte.
    »Wenn wir darauf bestehen, in diesem Wetter herumzulaufen«, bemerkte Holmes, »müssen wir damit rechnen, uns den Tod zu holen.« Auch er trank eine Menge Wasser und sah, wie ich fand, bleicher aus als gewöhnlich.
    Wir saßen einige Augenblicke lustlos über unsere Speisekarte gebeugt, jeder in seine eigenen Gedanken versunken. Um uns begann sich das Restaurant mit lebhaft redenden Abendgästen zu füllen.
    »Der Fall beginnt eine vertraute Form anzunehmen«, stellte Holmes fest, während er die Weinkarte beiseite legte.
    »Was für eine Form ist das? Ich bekenne, daß ich gänzlich im dunkeln tappe.«
    »Ein Dreieck, wenn mich nicht alles täuscht. Ich wäre äußerst überrascht, wenn es sich nicht um die alte Geschichte vom eifersüchtigen Liebhaber handelte, der von seiner Geliebten zugunsten eines anderen fallengelassen wurde. Möglicherweise eines einflußreicheren«, fügte er dunkel hinzu. Er zog sein Notizbuch aus der Jackentasche und entnahm ihm vorsichtig noch einmal das Stück Papier aus Jonathan McCarthys Notizbuch.
    »Das muß ein sehr sonderbares Dreieck sein«, erwiderte ich, »wenn es eine so schiefe Seite enthält wie McCarthy. Wollen Sie mir wirklich weiß machen, daß diese hübsche junge Frau sich mit einem Mann seiner Art einlassen würde? Das kann ich mir einfach nicht vorstellen.«
    »Ich muß von Ihrer Vorstellungskraft etwas mehr verlangen, Doktor, denn sie hat sich mit ihm eingelassen. Zumindest deutet das Beweismaterial in diese Richtung.«
    »Was für Beweismaterial?« Der pochende Schmerz in meinem Kopf war fast so schlimm wie in der alten Beinwunde.
    »Wildes Beweismaterial natürlich. Da seine Informationen über George Grossmith’ Zuflucht zu Drogen eine entsprechende Reaktion in Carte hervorriefen, können wir ihm – zumindest vorläufig – wohl auch auf anderen Gebieten Genauigkeit unterstellen. Auf was können Sie sich

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