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Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)

Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Walter
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Fuhrwerke kamen an, wurden entladen und fuhren leer wieder davon. Artisten – wenn man sie so nennen wollte –, noch ohne ihre Kostüme, schwangen Lassos oder übten das Auf-und Abspringen von Pferden, die im Kreis galoppierten. Jemand fütterte ein paar träge vor sich hin mampfende Kamele. Überall sprühten elektrische Schweißgeräte Funken und man hörte das Klopfen von Schmiedehämmern oder das Kreischen von Sägen. Buffalo Bill führte uns in ein niedriges, längliches Zelt, in dem hinter massiven Holzverschlägen die Büffel lagen und wiederkäuten. Am hinteren Ende des Zeltes residierte das majestätische Oberhaupt der Herde: Goliath! Goliath machte seinem Namen fürwahr alle Ehre. Massive Bohlen bildeten ein Karree, in dem er sich kaum bewegen konnte. Sein gewaltiger Schädel ragte weit über sein Gefängnis hinaus. Eine weißgraue Mähne aus gekräuseltem Haar ließ ihn noch größer erscheinen. Ich hatte ein wahres Monster an Bösartigkeit erwartet, aber Goliath kaute völlig gelassen auf seinem Heu herum und sah uns gleichmütig an. Durch seine Nase war ein armdicker Eisenring gezogen. Der Eisenring war mit einer Kette verbunden, deren Ende in der Tiefe des Verschlags verschwand. Goliath war einen Menschenkopf größer als ich und ich konnte mir lebhaft vorstellen, welche Wucht dieser Körper entwickeln würde, könnte er Anlauf nehmen und sich mit seinem ganzen Gewicht gegen das Holz des Verschlages werfen. In der Luft lag der Geruch nach Rindvieh, den ich aus meiner Jugend kannte.
    »Lassen Sie uns einen Moment allein, Mr. Cody«, bat ich Buffalo Bill.
    »Aber öffnen Sie auf keinen Fall Goliaths Verschlag. Es würde unter Umständen Stunden dauern, ihn wieder einzufangen, und wer weiß, wen er noch alles tottrampeln würde!«
    »Sie können sich auf uns verlassen, Mr. Cody!«
    Cody ließ Lestrade und mich allein, nicht ohne uns noch einen misstrauischen Blick zuzuwerfen.
    Zuerst nahm ich den Verschlag in Augenschein. Er bestand aus vier oder fünf Zoll starken, nur oberflächlich geglätteten Bohlen, und auf jede einzelne war ein eisernes Band aufgeschraubt. Der Verschlag hatte ein Tor. Es bestand ebenfalls aus fünf Bohlen, die von einem massiven geschmiedeten Eisenkreuz verstärkt und zusammengehalten wurden. Das Tor war mit mehreren Scharnieren am Rahmen befestigt und an jeder Bohle war ein eigener Riegel angebracht. Um das Tor zu öffnen, musste man alle fünf Riegel zurückschieben. Um es zu durchbrechen, hätte man eine Lokomotive gebraucht.
    Wenn man zu Goliath in den Verschlag wollte, konnte man natürlich auch über das Tor steigen. Die einzelnen Bohlen waren weit genug voneinander entfernt, um notfalls als eine Art Leiter zu dienen. Aber niemand, der Herr seines Verstandes war, würde das wohl wagen. Gefüttert wurde das Tier von der Seite, wo eine Bohle fehlte. Durch diese Lücke konnte ihm Heu in den Verschlag geworfen und die Tränke nachgefüllt werden.
    »Wir sollten uns später Brannagans Kleider ansehen, Lestrade«, schlug ich vor. »Hier an der oberen Bohle sehe ich Fasern in verschiedenen Farben!«
    Die mussten untersucht werden. Deshalb las ich sie mit der Pinzette vom Holz ab, einige waren weiß, einige dunkelblau oder schwarz. Aber selbst nach einem Blick durch die Lupe konnte ich sie keinem mir bekannten Gewebe zuordnen. Ich würde Holmes' Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Dienstfertig hielt mir Lestrade einen Briefumschlag hin. Ich steckte die Fasern hinein und klebte ihn zu. Mit dem Bleistift schrieb ich Fasern Verschlag auf die Vorderseite des Umschlages. »Danke!«
    Das Holz des Verschlages untersuchte ich sehr sorgfältig auf Beschädigungen, fand aber im oberen Teil nichts. Erst als ich mich, von Goliath ein wenig misstrauisch beäugt, auf die Knie niederließ, konnte ich Kratzer und kleinere Absplitterungen an der untersten Bohle entdecken. Zwischen ihr und dem Erdboden maß ich einen Abstand von ziemlich genau 24 Zoll. Diese Lücke war wohl groß genug, um durch sie selbst einen kräftigen Mann hindurchzuziehen. Ich nahm auch die beiden Stangen in Augenschein, mit denen man Brannagan aus Goliaths Verschlag gezogen hatte. Die Stangen besaßen an der Spitze jeweils einen eisernen Haken. Die Beschädigungen der untersten Bohle waren offensichtlich mit diesen Haken verursacht worden.
    Goliath hatte seinen mächtigen Kopf auf die oberste Bohle gelegt und schnaubte leise. Offenbar war er neugierig. Er hatte richtig treue braune Augen. Ich erinnerte mich an meinen

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