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Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)

Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Walter
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gebracht hätten! Aber ich hätte nie gedacht, dass meine Absichten so offen zu Tage liegen. Da hätte ich Ihnen ja gleich meine Visitenkarte überreichen können.«
    »Die Sie sicherlich als Professor Henry Higgins ausweisen würde. Phonetiker, Lexikograph und Mitarbeiter an dem hoch geschätzten Oxford English Dictionary sowie Verfasser von Higgins' Universalalphabet .«
    »Ach so, Sie kennen mich also doch! Dann ist das ja keine Kunst. Ja, ich bin Professor Higgins.« Gleich nahm seine Stimme wieder einen selbstgefälligeren Ton an. »Ich kann auf etwa acht Kilometer genau angeben, woher ein Engländer stammt. Vorausgesetzt, er ist nicht stumm. Und wenn Sie, mein Lieber, Ihre Militärzeit geheim halten wollen, sollten Sie den Ausdruck Fritzen meiden. Er ist nirgendwo anders als in Soldatenkreisen üblich.«
    »In der Tat!«, gab ich zu.
    »Nicht wahr!«, antwortete er selbstzufrieden.
    »Aber meine Herren, da Sie mich anscheinend kennen, würde ich gerne erfahren, wer ...«
    Just in diesem Moment hob Holmes seinen zusammengeklappten Schirm. Er hatte eine Droschke erspäht, deren Kutscher auf seinen Wink hin tatsächlich anhielt. »Ah, ein fahrbarer Untersatz. Endlich! Wenn Sie uns bitte entschuldigen wollen, Professor. Guten Abend.«
    »Professor«, verabschiedete auch ich mich, zog betont höflich den Hut und folgte Holmes, der die Droschke bestieg, die uns in die Baker Street brachte. Unterwegs unterhielten wir uns über das gerade Erlebte.
    »Dieser Higgins scheint ja Ihre detektivischen Methoden auf die Phonetik anzuwenden, Holmes!«
    »Kein Zweifel, das tut er, und nicht einmal schlecht, dieser eingebildete Kerl!« Holmes imitierte Higgins' Stimme: » Ach so, Sie kennen mich also! Dann ist das ja keine Kunst! Aber ich gebe zu, ich habe selbst den verblüffenden Eindruck geschmälert, den meine Schlussfolgerungen hinterlassen hatten, indem ich sein Buch erwähnte. Kennen Sie übrigens Higgins' Universalalphabet , Watson?«
    »Noch nicht, aber ich werde das so schnell wie möglich nachholen. Vor meinem geistigen Auge beginnt sich eine Kriminalerzählung zu formen, in der Sie mit diesem impertinenten Burschen zusammenarbeiten. Vielleicht um einen bestens geschulten deutschen Spion zu überführen, der sich letztlich nur durch einen geringfügigen Aussprache-oder Grammatikfehler verrät. Zum Beispiel, weil er den typisch deutschen Fehler macht und over a million sagt statt more than a million . Oder der zwei Wodka Martini bestellt und auf die Frage des Barkeepers Dry? zerstreut auf Deutsch Nein, zwei! antwortet. Das wäre doch einmal eine originelle Geschichte.«
    »Bisher haben Sie sich, wenngleich mit einigen Übertreibungen, immer an die Wahrheit gehalten, Watson. Was ich sehr zu schätzen wusste. Wenn Sie jetzt anfangen, erfundene Räuberpistolen unter die Leute zu bringen ...!« Holmes erhob drohend den langen Zeigefinger.
    »Aber er ist mit diesen phonetischen Spielereien immerhin Professor geworden. Manchmal frage ich mich, warum ich noch immer von der Bienenzucht in Sussex träume. Warum bewerbe ich mich nicht auf einen Lehrstuhl für Kriminologie an der Universität?«
    »Ja, warum eigentlich nicht? Professor Sherlock Holmes! Das klingt doch wunderbar! Sir Mycroft würde diese Bewerbung sicherlich tatkräftig fördern!«
    Holmes antwortete nicht, und mir war natürlich klar, warum er sich nie um einen öffentlichen Posten bemühen würde, und schon gar nicht mit Hilfe seines Bruders. Er konnte sich schlechterdings nirgendwo einoder unterordnen. Ärgerlich widmete er sich seiner Pfeife. Dieses Ärgers wegen erwähnte ich vorsichtshalber in den nächsten Stunden Professor Higgins nicht mehr und hätte ihn wohl bald völlig vergessen, hätte nicht am Nachmittag des folgenden Tages eine vornehme Dame bei uns vorgesprochen. »Mein Name ist Mrs. Higgins!«
    Ich bat sie, in unserem Besuchersessel Platz zu nehmen, und bestellte Tee bei Mrs. Hudson.
    Holmes ging sofort zum Angriff über. »Es geht um Ihren Herrn Sohn, gnädige Frau? Den Professor?«, begann Holmes. »Und die Dame, die er so verzweifelt sucht?«
    Mrs. Higgins drohten vor Überraschung die Gesichtszüge zu entgleisen, aber sie fing sich sofort. »Ich sehe, man rühmt Ihren Scharfblick nicht umsonst, Mr. Holmes. Wie haben Sie das erraten?«
    »Ich rate grundsätzlich nicht. Ich wurde zum Sehen geboren und habe mich durch Übung ein wenig verbessert. 34 Ich schaue also genau hin, ziehe meine Schlüsse und gelange dadurch – und durch nichts anderes

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