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Sherry Thomas

Sherry Thomas

Titel: Sherry Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine fast perfekte Ehe
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er so wundersam perfekt zu ihr passen und
gleichzeitig derart unerreichbar sein?
    »Gibt es eigentlich auch etwas, das
Sie nicht können?«
    »Nein«, erklärte er lachend.
»Aber immerhin bin ich nicht in allem sonderlich begabt. Meine Kochkünste zum
Beispiel sind ein Graus. Ich habe es versucht, aber meine Familie weigerte
sich schlicht, sich von meinen kargen Mahlzeiten zu ernähren.«
    Allein die Vorstellung schockierte
sie. Auch bevor er sich in Lord Tremaine verwandelt hatte, war dieser Mann der
Cousin von Herzögen und Prinzen gewesen. Und mit seinem königsblauen Blut
hatte er sich über einen Herd gebeugt und zumindest einmal ein, wenn auch
ungenießbares, Essen zubereitet? Was sollte danach noch kommen? Würde der
Prince of Wales etwa als Nächstes eigenhändig Bahnschienen verlegen?
    Dann kam ihr ein noch
entsetzlicherer Gedanke. »Hatten Sie vor, selbst zu arbeiten und so Geld zu
verdienen?«
    »Ursprünglich schon, aber jetzt
zögere ich. Mein Titel erschwert die Dinge derzeit. Wahrscheinlich ist es wirklich
eine noble und zeitraubende Aufgabe, einen Besitz zu verwalten.« Er zuckte
die Schultern, wobei sein Ärmel den Saum ihres Rocks berührte. »Allerdings
hatte ich mich ursprünglich anders entschieden.«
    »Und wofür genau?«
    »Ingenieur, ich wollte Ingenieur
werden«, antwortete er. »An der Polytechnischen Hochschule habe ich
deshalb Mechanik studiert.«
    »Ihre Eltern sagten etwas von Physik
oder Wirtschaft.«
    »Meine Eltern verdrängen das lieber.
Sie finden, dass Mechanik zu gewöhnlich klingt, nach Schmiere, Rauch und
Ruß.«
    »Aber warum ausgerechnet
Ingenieur?« Ihr Vater hat te mit Dutzenden Ingenieuren
zusammengearbeitet. Das waren lauter ernst veranlagte Männer mit beschränkter
Sichtweise gewesen, die nichts mit dem eleganten Marquess an ihrer Seite
gemein zu haben schienen.
    »Es macht mir Freude, etwas zu
bauen, mit meinen Händen zu arbeiten.«
    Sie schüttelte den Kopf. Der
zukünftige Duke ein einfacher Handwerker! »Erzählen Sie nur niemand anderem,
was Sie mir gerade gesagt haben«, riet sie ihm. »Kein Mensch würde das
auch nur im Mindesten verstehen.«
    »Werde ich nicht. Ihnen konnte ich
es gestehen, weil ich weiß, dass Sie mit Ihrem Buchhalter und Anwalt genauso
viel Zeit verbringen wie mit Ihrer Schneiderin. Sie widersetzen sich den
üblichen Erwartungen genau wie ich.«
    Bisher hatte sie sich noch nie als
Pionierin auf dem Weg zu neuen Ufern gesehen, sondern war immer der Meinung gewesen, dass sie lediglich ihre
eigenen Regeln aufstellte. Doch vielleicht waren sie beide wirklich aus einem
Holz geschnitzt?
    Nachdenklich betrachtete sie ihn,
wie er ruhig und gemessen neben dem Pferd ausschritt, in der einen Hand den
Haltestrick des Tieres, mit der anderen schob er die tiefhängenden Äste der
alten Weide aus dem Weg.
    »Ich ... «, begann sie, sprach
aber nicht weiter.
    Die alte Weide. Dann mussten sie ein großes Stück zurückgelegt
haben. Gigi konnte es kaum glauben, trotzdem, als sie sich umdrehte, sah der
Holzpfosten klein aus wie ein Streichholz.
    »Ja?«, fragte er, wobei er im
selben Tempo weiterging.
    Sie sah noch einmal über die
Schulter, um sicherzugehen, dass ihre Augen sie nicht trogen. Nein, sie
täuschte sich nicht. Sie mussten über eine
Viertel Meile zurückgelegt haben, und ihre Übelkeit war währenddessen vollkommen
verschwunden. Gigi stellte fest, dass ihre Hände die Zügel auch nicht länger
umklammerten, sondern sie ganz locker und entspannt hielten.
    Mit Lord Tremaine in dieses
angeregte Gespräch vertieft, war das Unmögliche
geschehen. Sie hatte ihre Angst vergessen, ihr Körper hatte sich entkrampft und
bewegte sich im Rhythmus des Pferdes.
    »Wir dürften mehr als nur ein kurzes
Stück hinter uns gebracht haben, denke ich«, flüsterte sie.
    Er schaute sich um. »Das
stimmt.«
    »Und Sie wussten das die ganze Zeit,
oder?«
    Diese Frage beantwortete er nicht
direkt. »Möchten Sie, dass ich Ihnen beim Absteigen helfe?«
    Ja, wollte sie das? Plötzlich wurde
ihr wieder schwindlig, aber nicht vor Angst, sondern wegen der beglückenden
Abwesenheit ihrer Furcht – so wie man sich nach der Genesung von einer langen
schweren Krankheit fühlte. Nein, sie wollte nicht herunter ... sie wollte
reiten, in wildem Galopp davonstürmen.
    Lord Tremaine trat einen Schritt
zurück. »Bitte sehr, nur zu.«
    Das ließ Gigi sich nicht zwei Mal
sagen! Es war einfach wunderbar, ein Gefühl wie der erste Frühlingstag, schwerelos,
als könnte sie übers Wasser

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