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Sherry Thomas

Sherry Thomas

Titel: Sherry Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine fast perfekte Ehe
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verzweifelt Geld, dass er versuchte,
seine verwitwete Tante zu vergiften, weil sie ihn in ihrem Testament mit ein
paar hundert Pfund bedacht hatte. Er war dann später im Gefängnis gestorben.
    Lord Tremaine hörte ihr aufmerksam
zu. An seinem ernsten Gesichtsausdruck konnte sie nicht ablesen, ob er schlicht
empört war oder traurig. Schon während sie die Geschichte erzählte, bereute sie
ihre Offenheit. Was half es, ihn mit dieser hässlichen Begebenheit zu belasten?
    »Bitte warten Sie hier«, sagte
er. »Ich brauche nur eine Minute.«
    Als er zurückkehrte, führte er das
Pferd hinter sich am Zügel. Für einen Mann seiner bemerkenswerten Größe bewegte
er sich sehr elegant und schnell. Die hohen Reitstiefel reichten ihm bis zum
halben Oberschenkel. Gigi musste sich einigermaßen beherrschen, um nicht auf
die hellbraunen Hosen zu starren, dorthin, wo seine Schenkel endeten und ...
    »Würden Sie mich ein wenig
begleiten?«, bat er.
    »Gern.« Zwar wusste sie nicht,
was er vorhatte, aber das machte nichts. Er hätte alles von ihr haben können,
sogar ihre Jungfräulichkeit – mit oder ohne Eheversprechen.
    Seit sie ihm begegnet war, erwachte
sie morgens mit einer bittersüßen Qual im Herzen – dem Glück und der Verzweiflung
der Verliebten – und fragte sich, wie sie einen weiteren Tag ohne ihn oder
aber ein weiteres Zusammentreffen mit ihm überstehen sollte.
    Auf einen Hügel folgte eine Wiese,
die jetzt im Winter grau und trübe dalag und von dichten
Wäldern eingefasst war. Die beiden gingen weiter, bis sie zu einem Pfosten kamen,
an dem man ein Pferd anbinden konnte. Dort blieb Lord Tremaine stehen, knotete
die Zügel des Hengstes fest, nahm ihm den Sattel ab und legte ihn vorsichtig
auf den Boden.
    »Was soll das alles?«, fragte
Gigi, die langsam argwöhnisch wurde.
    »Kommen Sie her«, bat er, »und
schauen Sie mir genau zu.«
    In seiner Gegenwart konnte sie
ohnehin den Blick nicht von ihm abwenden.
    Er schaute sich die Pupillen und
Ohren des Tieres an, fuhr mit der Hand dessen Beine hinunter und inspizierte
jeden einzelnen Huf. »Wir sollten ihn wirklich verkaufen«, erklärte er.
»Carrington hatte ein gutes Auge für Pferde. Das hat seinem Geldbeutel sehr
geschadet.«
    Dann nahm er die Satteldecke, strich
sie glatt und legte sie auf den Rücken des Hengstes. Der Sattel folgte.
    »Überprüfen Sie, dass der Gurt
festsitzt«, befahl er.
    Sie tat, wie ihr geheißen. Der Gurt
war breit und heil. Alles war in Ordnung.
    »Wissen Sie, was ich gleich mit
Ihnen vorhabe?«, erkundigte er sich lächelnd. »Denn Sie haben keine Angst
vor Pferden, sondern vor Menschen, die Ihnen Böses wollen.«
    Gigi zuckte die Schultern. »Wo ist
denn da der Unterschied?«
    Er streckte ihr die Hand hin. »Ich
will Sie vollkommen furchtlos erleben.«
    Die Erinnerungen an den Sturz waren
sofort wieder da ... der scheinbar unendliche Augenblick höchster Angst und
Panik ... wie sie mit den Armen gerudert hatte ... der Schrei, der sich aus
ihrer Brust löste ... wie sie das Bett nie wieder hatte verlassen wollen, um
für immer weiter in diesem Laudanum-Traum zu verharren.
    Nach diesem Vorfall war sie
endgültig dazu entschlossen gewesen, einen Mann zu heiraten, der
gesellschaftlich auf der obersten Stufe stand, damit sie nicht zum Opfer ihres
eigenen Vermögens wurde. Lieber war sie die Jägerin als die gehetzte Beute.
Drei Monate später hatte sie Briarmeadow gekauft, und nur wenige Wochen darauf
begann sie mit ihrem Feldzug zur Eroberung von Twelve Pillars.
    Gigi nahm Lord Tremaines Hand. Er
sah ihr in die Augen. »Bereit?«
    »Das ist kein Damensattel.«
    »Aus irgendeinem Grund bin ich ganz
sicher, dass Sie wissen, wie man in einem normalen Sattel reitet«, erwiderte
er. »Kommen Sie, nur ein ganz kurzes Stück. Ein ruhiger Spaziergang. Ich halte
die Zügel dabei.«
    Es war klar, worum es ihm ging. Sie
sollte ihre Angst überwinden, und er wollte ihr dabei helfen. Bei jedem anderen
hätte sie an diesem Punkt wohl eingewilligt, um sich keine Blöße zu geben. Sie
hasste es, schwach zu erscheinen.
    Aber im Fall von Lord Tremaine war
das anders. Er durfte ruhig feststellen, dass sie möglicherweise doch nicht
unverwundbar war. Ihm gegenüber konnte sie offen sein und ihre Ängste zeigen.
    Sie würde auf dieses Pferd steigen,
weil er es sich so sehr wünschte, damit er wusste, dass er ihr das Leben
erleichtert und geholfen hatte. Vielleicht, ganz vielleicht würde sie es
wirklich schaffen, ein paar Minuten oben zu bleiben. Jetzt

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