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Sherry Thomas

Sherry Thomas

Titel: Sherry Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine fast perfekte Ehe
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Danach hatte sie noch einmal die alte Nachricht genau studiert,
in der Gräfin von Schweppenburg damals abgesagt hatte, und anschließend den
gefälschten Brief verfasst, indem sie deren Entschuldigungen und sehnsuchtsvolle
Erklärungen wortgetreu übernahm. Zu guter Letzt war sie zum alten Wildhüter von
Briarmeadow gegangen, der früher einmal als Fälscher gearbeitet hatte und sie
behandelte wie eine liebe Enkelin.
    »Verstehe«, antwortete sie
schwach. »Also haben Sie beschlossen, nun doch den praktischen Vorteil einer
Ehe mit mir zu nutzen.«
    »Es mag sein, dass dies meinen
Entschluss beeinflusst hat«, sagte er ruhig und kam ihr nun so nahe, dass
sie den kühlen Duft des Winterwetters riechen konnte, der noch in seinem
Gehrock hing. »Allerdings kann ich Ihretwegen seit Tagen keinen klaren Gedanken
mehr fassen, daher bin ich diesbezüglich nicht ganz
sicher.«
    Er umfasste ihr Kinn und küsste sie.
    Sie hatte schon einige Männer
geküsst – wenn sie sich auf Bällen langweilte zum Beispiel oder sich über die
strenge Beaufsichtigung ihrer Mutter ärgerte. Küssen fand sie eher sonderbar.
Oft hatte sie die Männer dabei mit offenen Augen beobachtet und sich gefragt,
wie hoch deren Schulden wohl sein mochten.
    Aber kaum berührten Lord Tremaines
Lippen die ihren, vergaß Gigi alles. Sie fühlte sich wie ein Kind, das zum
ersten Mal ein Stück Zucker probiert und von der Süße ganz überwältigt ist.
Sein Kuss war zart wie Baiser, sanft wie die ersten Takte der Mondscheinsonate
und so lang ersehnt wie der erste Frühlingsregen nach einem trockenen Winter.
    Fast schwindelig gab sie sich ganz
hin. Bis es nicht mehr reichte, dass er sie nur küsste. Sie umfasste sein
Gesicht und erwiderte den Kuss – nicht einfach leidenschaftlich, sondern fast
verzweifelt, zitternd und wild.
    Gleich darauf hörte sie, wie er
aufstöhnte, spürte seine körperliche Erregung. Er unterbrach den Kuss, schob
sie auf Armeslänge von sich und starrte sie schwer atmend an.
    »Teufel, wenn deine Mutter nicht vor
der Tür warten würde ...« Er blinzelte zweimal. »War das ein Ja?«
    Noch war es nicht zu spät. Sie
konnte noch immer den Weg der Wahrheit wählen, alles gestehen, sich entschuldigen
und ihre Würde behalten.
    Nur würde sie ihn dann verlieren.
Wenn er die Wahrheit herausfand, musste er sie verabscheuen. Gigi hätte seinen
Zorn einfach nicht ertragen. Oder gar seine Verachtung. Damit hätte sie nicht
leben können. Oh, nur noch eine Weile, ein paar Tage ...
    Seufzend schlang sie die Arme um ihn
und lehnte den Kopf gegen seine Schulter. »Ja.«
    Er umarmte sie fest, und in Gigis
Freude mischte sich grässliche Furcht. Aber sie hatte ihre Wahl nun getroffen. Sie würde ihn sich nehmen, und wenn
sie dafür ewig büßen sollte. Deshalb musste sie dafür sorgen, dass er so lange
wie nur möglich nicht erfuhr, was sie getan hatte.
    Wenn sie erst verheiratet waren,
würde sie ihn beim Schlafen beobachten und sich über ihr ungeheures Glück
wundern – während sie gleichzeitig die schreckliche Angst verdrängte, die ihre
Seele verdunkelte.
    Camden hatte überhaupt nicht gewusst, dass
er so glücklich sein konnte. Er gehörte nicht zu jenen Menschen, die schon
allein die Großartigkeit des Universums an sich oder ähnlicher Unsinn in einen
Freudentaumel versetzte. Auch stand er nie morgens mit dem festen Vorsatz auf,
sich heute ganz vom wunderbaren Strom des Lebens hinwegtragen zu lassen. Ein
verarmter junger Mann, der sich um seine unfähigen Eltern kümmern und die
jüngeren Geschwister unterstützen musste, hatte für solche Empfindsamkeiten
keine Zeit.
    Aber mit Gigi an seiner Seite war er
schlicht außer sich vor Glück. In ihrer schier magischen Gegenwart fühlte er
sich wie berauscht, und es hätte ihn nicht gewundert, wenn ihm Flügel gewachsen
wären. Während ihrer dreiwöchigen Verlobungszeit besuchte er sie so oft, dass
man es schon fast für unanständig halten konnte. Meist ritt er bereits zum
Frühstück nach Briarmeadow hinüber, um am Nachmittag zur Teestunde
zurückzukehren und dann die Einladung seiner künftigen Schwiegermutter zum
Dinner anzunehmen, ohne auch nur der Höflichkeit halber ablehnend zu tun.
    Sich mit Gigi zu unterhalten war
wunderbar. Ihre Sicht der Welt war ähnlich düster und unromantisch wie die
seine. Sie waren sich beide vollkommen darüber einig, dass jeder von ihnen im
Augenblick zumindest noch ein bedeutungsloser Niemand war. Weder hatte er
sonderlich viel für seine adlige Abstammung

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