Sherry Thomas
getan noch sie für ihr
Millionenerbe.
Und obwohl Gigi eine
unverbesserliche Zynikerin war, konnte man ihr mit den einfachsten
Dingen die größte Freude machen. Die traurigen Blumensträuße, die er aus den
Überresten des heruntergekommenen Gewächshauses von Twelve Pillars
zusammenpflückte, erzielten bei ihr solche Begeisterungsstürme, wie Julius
Cäsar sie beim Einmarsch in Rom nach der Eroberung Galliens kaum ausgelassener
erlebt haben dürfte. Beim Anblick des bescheidenen Verlobungsrings, den er von
seinem mageren Ersparten gekauft hatte, traten ihr Tränen in die Augen. Von dem
Geld hatte er eigentlich seine Passage nach Amerika bezahlen und dort eine
kleine Werkstatt wie die von Herrn Benz eröffnen wollen.
Am Tag vor ihrer Hochzeit fuhr
Camden nach Briarmeadow hinüber und bat, dass seine Verlobte zu ihm nach
draußen vors Haus kommen sollte. Sie erschien wie eine feurige Flamme in einem
leuchtenden Mantel von intensivem Erdbeerrot, die Wangen gerötet und die
Lippen ebenfalls tiefrot.
Camden lächelte. Das tat er
inzwischen immer, wenn sie sich sahen. Er war eben ein Esel, aber immerhin ein
glücklicher Esel. »Ich habe etwas für dich«, erklärte er.
Gigi lachte amüsiert, als sie das
kleine Paket auspackte und darin ein frisch gebackenes, noch ofenwarmes Brötchen
mit Frikadelle fand. »Jetzt kann mich wirklich nichts mehr überraschen. Darf
ich annehmen, dass du gestern die letzten Blumen aus dem Gewächshaus geholt
hast?«
Verschmitzt
schaute sie sich schnell um. Er wusste inzwischen, was das bedeutete. Sie
würde ihn gleich küssen, und ihr war ganz egal, dass sie gut sichtbar mitten
auf dem Rasen vor dem Haus standen. Schnell ergriff er ihre beiden Handgelenke,
sodass sie nicht näher kommen konnte. »Ich habe noch etwas anderes für
dich.«
»Tatsächlich? Und ich weiß auch, was
es ist. Gestern hast du es mich aber nicht anfassen lassen.«
»Heute
erlaube ich es dir«, flüsterte er.
»Wie bitte?« Immerhin war sie
noch Jungfrau. »Hier draußen, wo alle Welt uns beobachten kann?«
»Ganz genau!« Er lachte, als er
ihren schockierten Gesichtsausdruck bemerkte – der allerdings auch eine gewisse
verlegene Faszination verriet.
»Auf keinen
Fall!«
»Gut, dann nehme ich den Welpen eben
wieder mit nach Hause.«
»Ein Welpe?«, rief sie entzückt
und hörte sich auf einmal an wie die Neunzehnjährige, die sie ja war. »Ein Welpe!
Wo ist er? Wo hast du ihn?«
Er holte den Korb aus der Kutsche,
schwenkte ihn aber aus ihrer Reichweite, als sie danach greifen wollte. »Du
wolltest ihn doch nicht in aller Öffentlichkeit berühren.«
Entschlossen packte sie den Griff
des Korbs. »Oh, gib ihn mir! Biiiitte. Ich tue auch alles, was du willst.«
Lachend gab er nach. Gigi öffnete
den Deckel des Korbs, und ein kleiner Corgi steckte seinen braunweißen Kopf
heraus. Um den Hals trug er eine etwas schief gebundene blaue Schleife, die
Camden seiner Schwester entwendet hatte. Gigi jauchzte vor Freude und hob das
Hündchen hoch. Es schaute sie aus ernsten, intelligenten Augen an. Zwar war es
über die Begegnung nicht genauso außer sich wie sie selbst, aber es schien sie
dennoch zu mögen und benahm sich ausgezeichnet.
»Ist es ein Mädchen oder ein
Junge?«, fragte sie atemlos und hielt dem Welpen ein Stück vom Brötchen
hin. »Wie alt ist das Schätzchen? Hat es einen Namen?«
Mit einem Blick auf die schwer zu
übersehende Männlichkeit des Hundes überlegte Camden, ob sie sich vielleicht
doch nicht so gut auskannte, wie er gedacht hatte. »Ein Junge. Zehn Wochen alt.
Und ich habe beschlossen, ihn zu deinen Ehren Krösus zu taufen.«
»Krösus, mein Liebling.« Sie
legte die Wange an die Nase des Welpen. »Ich werde dir eine riesige goldene Wasserschüssel
kaufen, und dann werden wir für immer die besten Freunde.«
Schließlich schaute sie wieder Camden
an. »Woher wusstest du nur, dass ich mir schon immer einen Hund gewünscht
habe?«
»Deine
Mutter hat es mir verraten. Sie sagte, dass sie Katzen lieber habe, du dich
aber immer nach einem Hund gesehnt hättest.«
»Wann denn
das?«
»An dem
Tag, an dem wir uns kennengelernt haben. Nach dem Dinner. Erinnerst du dich
denn nicht mehr?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Wahrscheinlich weil du so
beschäftigt damit warst, mich anzustarren.«
Beschämt hielt sie sich die Hand vor
den Mund, lächelte dann jedoch. »Das ist dir aufgefallen?«
Nicht einmal auf jener Soiree in St.
Petersburg, bei der sowohl der Gastgeber als auch die
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