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Sherry Thomas

Sherry Thomas

Titel: Sherry Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine fast perfekte Ehe
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seine Braut sei so rein wie der arktische Schneefall. Ihre
Mutter lässt sie keine Sekunde aus den Augen. Du musst da etwas verwechseln,
mein Junge.«
    Sein Kopf drohte zu zerspringen.
Schnell goss er sich ein volles Glas Curaçao ein und trank es in einem Zug aus.
Der Alkohol brannte in seiner Kehle, aber er spürte es kaum.
    »Es ist erst zwei Uhr nachmittags,
das dürfte noch etwas früh sein für deinen letzten Junggesellen-Schwips,
oder?«, gackerte Tante Ploni. »Du bekommst doch nicht etwa plötzlich kalte
Füße?«
    »Keine Sorge.« Er stand auf und
verbeugte sich vor der Gräfin. »Ich muss mich nur noch um eine Kleinigkeit
kümmern. Wir sehen uns dann ja beim Dinner.«
    Auch nachdem er den Empfangssalon
verlassen hatte, konnte Camden nicht klarer denken. Schweigend wanderte er in den Fluren auf und ab,
während das, was Tante Ploni erzählt hatte, in seinem Kopf hin und her raste
wie ein Hühnerhaufen im Stall auf der Flucht vor einem Wiesel.
    Er begriff nicht wirklich, warum,
bekam aber auf einmal eine furchtbare Angst. Tief in seinem Innern wusste er,
dass Tante Ploni sich nicht geirrt hatte. Das erschreckte ihn am meisten.
    An einer Ecke des Flurs stieß er mit
einem jungen Diener zusammen, der ein Tablett mit Briefen vor sich hertrug.
»Verzeihen Sie, Mylord! «, bat der und kniete sich hin, um die
heruntergefallenen Briefe aufzusammeln.
    Camden erkannte dabei die
Handschrift einiger seiner Freunde. Das neue Semester hatte bereits begonnen;
sie fragten sich wohl, weshalb er nicht zurückgekehrt war. Er hatte seine
Kommilitonen nicht von seiner bevorstehenden Heirat unterrichtet. Gigi und er
planten eine Überraschungsparty in Paris. Ein Agent hatte eine sehr großzügige
Wohnung für sie an der Montagne Sainte Genviève im Quartier Latin gefunden,
einen Steinwurf von der Universität entfernt. Es standen sogar schon ein paar
Möbel in den Zimmern, und eine Köchin und ein Dienstmädchen waren ebenfalls
eingezogen, um alles für die Ankunft des Brautpaares in fünf Tagen
vorzubereiten.
    Wie im Traum streckte er die Hand
aus. »Geben Sie sie mir, Elwood.«
    Der Diener wirkte erstaunt. »Aber
Sir, Mr. Beckett hat ausdrücklich angeordnet, dass die gesamte Post erst zu ihm
gebracht werden soll, damit er sie durchsehen kann.«
    »Seit wann das?«
    »Weihnachten, Sir. Mr. Beckett
sagte, Seine Gnaden möchte nicht ständig um Spenden für wohltätige Zwecke
gebeten werden.«
    Wie bitte? Camden hätte es fast laut gefragt.
Sein Vater hatte noch nie einem Bettler eine Münze verweigert. Gerade sein
weiches Herz hatte die Familie zu armen Leuten gemacht.
    Plötzlich schöpfte er einen scheußlichen
Verdacht. Mit aller Macht versuchte er, die Gedanken zu verscheuchen, keine
Schlüsse aus dem zu ziehen, was er heute gehört hatte, um sein perfektes Glück
nicht zu zerstören. Ganz einfach so tun, als wäre alles, wie es sein sollte.
    Morgen würde er heiraten. Er konnte
es kaum erwarten, endlich mit seiner Braut das Bett zu teilen, jeden Tag neben
ihr aufzuwachen, sich in ihrer Bewunderung zu sonnen, ihr unglaubliches
Temperament zu erleben.
    »Gut, dann bringen Sie die Post zu
Beckett«, sagte er. »Sehr wohl, Sir.«
    Der Diener verschwand den Korridor
hinab. Camden sah ihm hinterher. Lass ihn gehen. Lass ihn gehen. Stell nur
keine Fragen. Denk nicht nach. Mach dir keine Gedanken.
    »Warten Sie«, befahl er.
    Elwood drehte sich brav um. »Bitte,
Sir?«
    »Sagen Sie Beckett, dass ich ihn in
fünf Minuten in meinen Räumen erwarte.«

Kapitel 11
    22. Mai 1893
    Nach seiner einwöchigen Geschäftsreise
auf den Kontinent war Camden der Club wie der perfekte Hort der Erholung
erschienen. Doch jetzt bereute er es bereits, überhaupt beigetreten zu sein.
Bisher war er noch nie in einem englischen Club gewesen. Er hatte sich diese
Institution als Zuflucht vorgestellt, in die Männer vor Weib und Herd
flüchteten, um Scotch zu trinken, über Politik zu reden und schnarchend hinter
der aufgeschlagenen Times einzuschlafen.
    Die Einrichtung und die Wände sahen
aus, als hätte sich hier seit einem halben Jahrhundert nichts mehr verändert –
das Weinrot der Vorhänge verblasste zusehends, die Wandbespannung hatte dunkle
Flecken von den Gaslampen, und die Möbel würden in spätestens zehn Jahren entschieden
schäbig wirken. Auf den ersten Blick hatte Camden eigentlich angenommen, dass
er hier in aller Ruhe den Nachmittag verbringen und vor sich hin grübeln
konnte. Damit war es jedoch schon nach einigen Minuten aus und vorbei

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