Sherry Thomas
Bewunderin Ihrer
Gemälde, Lord Frederick?«
Freddie schaute Wrenworth
hilfesuchend an, doch der hielt sich aus der Sache heraus und überließ es ihm,
Camdens Frage zu beantworten. »Lady
Tremaine war immer sehr liebenswürdig, was meine Malversuche angeht. Sie ist
eine große Kunstsammlerin.«
Als solche
hatte Camden seine Frau noch nie betrachtet. Aber in einem Land, das sich für
die Motive der klassischen Antike in den Werken von Sir Frederick Leighton und
Lawrence Alma-Tadema begeisterte, galt vielleicht schon eine recht kleine
Sammlung an Impressionisten als aufsehenerregend. »Und Sie haben etwas übrig
für moderne Kunst, darf ich annehmen?«
»Sehr viel sogar«, bestätigte
Frederick.
»Dann sollten Sie mich besuchen
kommen, wenn Sie nächstes Mal zufällig in New York weilen. Meine Sammlung ist
der von Lady Tremaine noch weit überlegen, zumindest was den Umfang
betrifft.«
Dem armen Jungen war das alles
schrecklich unangenehm, und er hielt es durchaus für möglich, dass die beiden
anderen Herren ihr Spiel mit ihm trieben. Trotzdem bedankte er sich schließlich
für Camdens Einladung, als wäre sie vollkommen ernst gemeint. »Es wäre mir eine
Ehre, Lord Tremaine.«
In diesem Augenblick begriff Camden,
was Gigi in diesem Mann sah: sein gutes Herz, seine Aufrichtigkeit, seine
Bereitschaft, stets das Beste von jedem Menschen anzunehmen – eine
Bereitschaft, die nicht der Naivität geschuldet, sondern angeboren zu sein
schien.
Nach kurzem Zögern fuhr Frederick
fort: »Werden Sie schon bald nach Amerika zurückkehren, oder bleiben Sie erst
einmal für eine Weile bei uns?«
Außerdem besaß der Junge auch noch
Mut, andernfalls hätte er diese Frage nie so offen gestellt. »Ich bleibe wohl
in London, bis die Scheidung erledigt ist.«
Lord Fredericks Wangen nahmen nun
die leuchtende Farbe ungarischer Paprika an. Wrenworth zückte die Taschenuhr
und schaute drauf. »Oje, ich war schon vor fünf Minuten mit meiner Gemahlin im
Buchladen verabredet. Wenn Sie mich entschuldigen würden, meine Herren. Gott
selbst zürnt nicht wie eine Frau, die man warten lässt.«
Man musste es Lord Frederick
zugutehalten, dass er nicht flüchtete, obwohl ihm der sehnliche Wunsch danach
deutlich im Gesicht geschrieben stand. Camden schaute sich in dem großen
Aufenthaltsraum um. Plötzlich hörte man demonstrativ Zeitungen rascheln, die
anwesenden Gentlemen nahmen ihre Unterhaltungen wieder auf, und vergessene Zigarren, deren Asche auf
den rot-blauen Teppich gefallen war, fanden erneut ihren Weg zwischen die
Lippen.
Nachdem Camden so dafür gesorgt
hatte, dass man sie zumindest für einen Augenblick nicht belauschte, wandte er
sich ein weiteres Mal Lord Frederick zu. »Sie wünschen also, meine Gattin zu
heiraten.«
Frederick wurde leichenblass,
stellte sich aber tapfer seinem Gegner. »Richtig.«
»Warum?«
»Ich liebe
sie.«
Lord Fredericks Tonfall ließ keinen
Zweifel daran, dass er sich seiner Sache ganz sicher war. Es gab Camden einen
Stich, den er allerdings ignorierte. »Ist das der einzige Grund?«
»Bitte?«
»Liebe kommt und geht. Was lässt Sie
glauben, dass Sie die Heirat mit Lady Tremaine nie bereuen werden?«
»Sie ist liebenswürdig, klug und
mutig. Obwohl sie nicht leugnet, wie die Welt nun einmal ist, bleibt sie sich
selbst treu. Lady Tremaine ist einfach unglaublich. Wie ... wie ...« Er
wusste nicht, wie er es ausdrücken sollte.
»Die Sonne am Himmel?«, half
Camden ihm und seufzte innerlich.
»Ganz genau«, bestätigte
Frederick. »Woher ... woher wussten Sie, was ich meinte?«
Weil ich das einmal selbst von ihr
gedacht habe. Und es manchmal immer noch tue.
»Reiner Zufall«, antwortete
Camden. »Haben Sie sich schon einmal überlegt, ob es vielleicht auch schwierig
sein könnte, mit einer solchen Frau verheiratet zu sein?«
Die Bemerkung verwirrte Frederick
offensichtlich – wie ein Kind, dem man gerade eröffnete, dass ein Mensch tatsächlich
zu viel Eis essen kann. »Wie kommen Sie darauf?«
Kopfschüttelnd erwiderte Camden nach
kurzem Zögern: »Nehmen Sie das Geplapper von einem Kerl wie mir nicht allzu
ernst.« Er streckte Frederick die Hand hin. »Ich wünsche Ihnen wirklich
viel Glück.«
»Danke, Mylord.« Es klang
erleichtert. »Ihnen wünsche ich dasselbe.«
Möge der Bessere gewinnen.
Beinahe wären Camden die Worte
wirklich herausgerutscht. Erst in letzter Sekunde wurde ihm bewusst, was er da
eigentlich gerade sagen wollte, und er blieb stumm. Unmöglich, dass er
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