Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherry Thomas

Sherry Thomas

Titel: Sherry Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine fast perfekte Ehe
Vom Netzwerk:
weiter anstachelte. Schließlich half er ihr
beim Einsteigen, verneigte sich und kehrte zu Camden zurück.
    »Eigentlich habe ich für feine Damen
nicht sonderlich viel übrig«, erklärte der Schotte. »Aber diese Frau hat
wirklich etwas. Ist sie nicht einfach großartig?«
    Die dermaßen Beschriebene hob ihren
Schoßhund hoch und küsste ihn. »Ja, auf jeden Fall«, bestätigte Camden,
der den Corgi natürlich erkannte.
    Gigi. Wieso mietete sie eine Kutsche
bei Mr. Adams? Sie besaß doch nun wirklich selber genügend Prachtgefährte. Und
warum zog sie sich auf einmal an wie die Geliebte eines amerikanischen
Millionärs?
    »Wenn ich es mir recht
überlege«, sagte Camden, »werde ich doch eine einfache Droschke
nehmen.«
    Gigis gemieteter Landauer fuhr über die
Westminster Bridge und dann nach Southwark. Hier reihte sich ein Geschäft an das andere. Auf den
Bürgersteigen verkauften fliegende Händler Ingwerbier und Erdbeeren. Reklameläufer
priesen auf ihren Schildern von Tabak bis zu Wundermitteln alles an.
    Die Häuser sahen hübsch und gepflegt
aus, einige wirkten sogar recht wohlhabend. Doch der Eindruck verflüchtigte
sich schnell, sobald man die Hauptstraße verließ. Der Landauer bog in eine
Gasse ein, die schon fast ärmlich war.
    Der Wagen hielt vor einem Büro, das
zwischen einer Garküche und den Räumen eines Quacksalbers stand, der auf seinem
Schild sämtliche nur denkbare Gebrechen zu heilen versprach.
    Ein halbes Dutzend Frauen warteten auf
dem Bürgersteig, zwei von ihnen mit kleinen Kindern auf dem Arm. Als die große
Dame dem Landauer entstieg, versuchten sie alle, sie nicht anzustarren, was
aber nicht recht gelang.
    Gigi sah aus, als wäre sie reicher
als der Schöpfer selbst und kälter als Persephone im Bett des Hades. Ihr
grüngoldenes Kleid bildete einen fast schockierenden Gegensatz zu dem
verwaschenen Braun und Grau, dass die Wartenden trugen. Als sie sich der
Eingangstür näherte, wurde diese von einer korrekt gekleideten Frau mittleren
Alters geöffnet.
    Auf der anderen Straßenseite
beobachtete Camden das alles fasziniert aus der Droschke heraus. Was tat Gigi
im schäbigen Bermondsey?
    Eine der Frauen beugte sich zu ihrem
Kind, um ihm das Haar glatt zu streichen. So erhaschte Camden einen Blick auf
die Bronzetafel, die links neben der Eingangstür angeschraubt war.
    Krösus-Kredit
    Wir
verleihen nur an Damen
    Gigi hatte es hier schon hundert Mal mit
diesem jungen Mädchen und ihrem Kind zu tun gehabt. Die Gesichter und Namen wechselten, doch die
Geschichten blieben immer gleich. Die Kleine hatte sich verliebt, hatte
geglaubt, es sei für immer, aber dann war es anders gekommen. Und jetzt stand
sie hier und war mit ihrem Latein am Ende, besaß gerade einmal ein paar Penny
und flehte eine Fremde um Hilfe an.
    Und ganz gleich, wie oft Gigi diese
Geschichte hörte, ihr lief jedes Mal ein kalter Schauer über den Rücken. Wenn
sie eine arme einsame Näherin gewesen wäre, hätte sie sich dann nicht
vielleicht auch in den gut aussehenden Bäckerlehrling von nebenan verliebt?
Wenn sie in Stellung gewesen wäre, hätte sie nicht vielleicht auch dem
Liebesgeflüster vom Sohn des Hauses geglaubt?
    Sie hatte genau dieselben Fehler in
ihrem Leben begangen und wusste, was es bedeutete, sich einsam zu fühlen und
Liebeskummer zu haben ... wohin es führte, wenn Vernunft und Verstand keine
Rolle mehr spielten.
    Miss Shoemaker war ein
vielversprechender Lehrling bei einer Floristin gewesen, als sie sich Hals über
Kopf in einen jungen Lehrer verliebte, der jeden Morgen in den Laden kam, um
eine Blume für sein Knopfloch zu kaufen. Natürlich kam es, wie es kommen
musste. Der Mann weigerte sich, sie zu heiraten oder finanziell zu unterstützen.
Als sich ihre Schwangerschaft nicht länger verbergen ließ, wurde ihr gekündigt
– und selbstverständlich fand sie auch in keinem anderen Blumengeschäft eine
neue Anstellung. Um sich und ihr Kind nicht verhungern zu lassen, musste sie
sich prostituieren.
    Dann schrieb ihr Miss Neeley, die
ebenfalls Gehilfin in einem Blumengeschäft war. Der Brief kam wie ein Geschenk
des Himmels. Miss Neeley war von Cambridge nach London gezogen, um hier einen
eigenen Laden zu eröffnen. Sie wusste nicht, dass Miss Shoemaker inzwischen
ein gefallenes Mädchen war, und bot ihr eine Stelle an. Miss Shoemaker arbeitete
zwei Jahre lang hart und legte jeden Pfennig zurück, um einmal selbst ein
eigenes Geschäft zu besitzen. Doch gerade als sie glaubte, ihre Vergangenheit

Weitere Kostenlose Bücher