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Shibumi: Thriller (German Edition)

Shibumi: Thriller (German Edition)

Titel: Shibumi: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevanian
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besorgt. Es war ein bunt zusammengewürfeltes Kostüm, das mit der weißseidenen Halsbinde an Stelle einer Krawatte und der reichbestickten Brokatweste, von zwei Reihen Rheinkieselknöpfen verziert, wohl dem fin de siècle entstammte. Der schwarze, ziemlich lange Schwalbenschwanz war an den Aufschlägen mit grauer Seide überzogen. Mit seinem frisch gewaschenen, in der Mitte gescheitelten Haar und dem buschigen Bart, der über die Halsbinde herunterreichte, wirkte er wie ein russischer Großfürst in mittleren Jahren, der als Glücksspieler verkleidet auf einem Mississippi-Dampfer reist. Die große Teerose am Revers mutete seltsamerweise korrekt an und stand durchaus im Einklang mit diesem Potpourri robusten schlechten Geschmacks. Den langen makila wie ein Spazierstöckchen schwingend, schritt Le Cagot stolzgeschwellt auf und ab. Der makila befand sich schon seit Generationen im Besitz seiner Familie; das glattpolierte Eschenholz wies zahlreiche Narben und Kerben auf, und von dem Marmorknauf fehlte ein Stück – Beweise dafür, dass der Stock von Großvätern und Urgroßvätern zur Selbstverteidigung benutzt worden war. Der Knauf eines makila lässt sich abschrauben, woraufhin man eine zwanzig Zentimeter lange Klinge in der Hand hält, während der Stock in der Linken dem Parieren von Schlägen dient und der schwere Marmorknauf eine wirksame Schlagwaffe darstellt. Der makila, heute fast ausschließlich zum Schmuck und nur bei offiziellen Anlässen getragen, spielte in früheren Zeiten eine sehr wichtige Rolle für die persönliche Sicherheit eines Basken, wenn er nachts allein auf der Straße war oder im Gebirge umherwanderte.
    »Das ist wirklich ein schöner Anzug!«, lobte Hana mit gut gespieltem Ernst.
    »Nicht wahr? Meinst du nicht auch?«
    »Wie bist du an dieses … diesen Anzug gekommen?«, erkundigte sich Hel.
    »Eine gewisse Person hat ihn mir verehrt.«
    »Wegen einer verlorenen Wette?«
    »Keineswegs. Er ist das Geschenk einer Frau, als Anerkennung für … Aber Einzelheiten zu verraten wäre ungalant. Also, wann wird gegessen? Wo bleiben die Gäste?«
    »Sie kommen gerade die Allee herauf.« Hel erhob sich und ging in die Empfangshalle hinüber.
    Le Cagot spähte durch die portes-fenêtres, konnte aber nichts erkennen; Abenddämmerung und Gewitter hatten den letzten Silberschimmer verschlungen. Da er jedoch an Hels Proximitätssinn gewöhnt war, vertraute er darauf, dass sich tatsächlich irgendjemand dem Haus näherte.
    Im selben Augenblick, als Pierre draußen nach dem Griff der Türglocke langte, öffnete Hel. Er hatte die Kronleuchter der Halle im Rücken, und so konnte er die Gesichter seiner drei Gäste genau betrachten, während das seine im Schatten lag. Er erkannte in einem von ihnen eindeutig den Anführer, der zweite war ein offenbar schießwütiger CIA -Typ, Jahrgang ’53, und der dritte ein Araber mit wenig ausgeprägter Persönlichkeit. Alle drei zeigten Spuren emotionaler Erschöpfung, eine Folge der Fahrt über die Bergstraße ohne Scheinwerfer und mit Pierre am Steuer.
    »Bitte, kommen Sie herein.« Hel trat zur Seite, um sie in die Empfangshalle vorausgehen zu lassen, wo Hana ihnen lächelnd entgegenkam.
    »Es ist wirklich sehr freundlich von Ihnen, unsere Einladung so kurzfristig anzunehmen. Ich bin Hana. Das ist Nikolai Hel. Und dies hier ist unser lieber Freund, Monsieur Le Cagot.« Sie bot allen dreien die Hand.
    Der Anführer fand als Erster seine Selbstsicherheit wieder. »Guten Abend. Darf ich vorstellen? Mr. Starr. Mr. … Haman. Und mein Name ist Diamond.« Das letzte Wort wurde von einem Donnerschlag unterstrichen.
    Hel lachte laut auf. »Wie peinlich! Die Natur scheint in melodramatischer Stimmung zu sein.«

    3
Esteka ist der baskische Ausdruck für »sexuelle Unzulänglichkeit«.

Dritter Teil • Seki
    CHATEAU D’ETCHEBAR
    Nach ihrer halsbrecherischen Autofahrt mit Pierre in dem verbeulten Volvo gewannen die drei Gäste den ganzen Abend keinen Boden mehr unter den Füßen. Diamond hatte eigentlich geplant, Hel gegenüber sofort zur Sache zu kommen, aber das war offenbar unmöglich. Während Hana die kleine Gesellschaft vor dem Dinner zu einem Glas Lillet in den blaugoldenen Salon führte, blieb Diamond ein wenig zurück und sagte zu Hel: »Ich nehme an, Sie möchten wissen, warum …«
    »Nach dem Essen!«
    Diamond erstarrte für einen Augenblick; dann lächelte er mit der Andeutung einer Verbeugung, eine Geste, die er sofort als zu gekünstelt bereute. Dieser verdammte

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