Shit
zu gefährlich?“, entgegnete Conny und dachte an das Mädchen, das vor zwei Wochen nach der Einnahme von zwei Ecstasypillen mit dem Elefantensymbol gestorben war. Die Polizei hatte gemeinsam mit der Drogenberatungsstelle und dem Jugendamt alle Diskotheken und Jugendtreffs aufgesucht und vor dem Konsum der „Elefanten“ gewarnt. In der Zeitung hatte er dann gelesen, dass der Tod nach Einnahme von zwei Pillen zwangsläufig eintreten musste. Letale Dosis, hatten es die Ärzte genannt. Also tödlich. Das Mädchen hatte zwei Pillen eingeworfen, weil es nach der ersten nichts gespürt hatte. Und dies wurde ihr zum Verhängnis. Könnte das mit den Gelben nicht auch passieren?
„Das Leben ist nun einmal eines der gefährlichsten! Alter, was soll’s?“, unterbrach Frank Connys Gedanken.
„Sehr lustig. Wenn die ahnen würden, dass ich sie gelinkt habe, könnte ich meinen Laden zumachen.“
„Was macht man nicht alles für die Kohle. Dein Cabrio braucht Sprit und du willst dir doch irgendwann im Lehmtal eine Mühle kaufen. Bleib mal locker!“
Conny nickte.
Kohle machen!
Das war ein gutes Argument.
Es gibt in der Szene keine echten Freundschaften, dachte Conny, nur Notgemeinschaften für Deals, Straftaten und Einkaufsfahrten.
8.
Die Sommerferien waren wie im Flug vergangen und der Schulalltag hatte die „neuen Zehner“ wieder voll im Griff.
Nur eine fehlte.
Anja.
Sie war seit der Grillparty spurlos verschwunden.
Ihre Eltern hatten die Tochter schon vor den Sommerferien als vermisst gemeldet.
Die polizeilichen Suchaktionen auf der Schmidtenhöhe und im Stadtwald wurden ergebnislos abgebrochen. Und auch keine der gestrandeten weiblichen Wasserleichen aus Rhein und Mosel konnte als Anja identifiziert werden.
Alle Freunde waren von der Polizei befragt worden.
Aber niemand wusste, wohin Anja abgehauen war.
Auch die Frage nach dem
Warum
wurde nicht beantwortet, denn keiner hatte den Vorfall an der Grillhütte erwähnt. Alle hatten geschwiegen – aus Angst, selber Probleme zu bekommen. Aber sie hatten auch ein schlechtes Gewissen und noch vor den Sommerferien überall in der Stadt Plakate aufgehängt und Handzettel mit Anjas Foto verteilt.
Darunter stand in großer Schrift,
ANJA!
KOMM ZURÜCK.
WIR WOLLEN DIR HELFEN.
MELANIE UND DEINE FREUNDE
Aber Anja war nicht aufgetaucht, weder tot noch lebendig.
Obwohl sie wild plakatiert hatten, drückte das ansonsten strenge Ordnungsamt ein Auge zu.
Die Kosten für den Druck der Handzettel und Plakate hatte Andys Vater, Inhaber der Firma
copy plus
übernommen.
In der Schule hatte Marco inzwischen kapituliert:
Seine Noten wurden immer schlechter.
Die letzte Mathearbeit war schon wieder eine Fünf gewesen.
Er hatte keinen Bock mehr, sich anzuhören, dass seine Versetzung gefährdet sei und wollte sich im Schlosspark was zum Rauchen besorgen.
Auf dem Weg vom Gymnasium in Richtung Schloss dröhnte die Stimme seines Vaters wie ein Echo in seinen Ohren. Er konnte den vorwurfsvollen Worten nicht entkommen, denn die Stimme schrie von innen:
„Wie läufst du denn rum?“
„Mach endlich deine Hausaufgaben!“
„Wieso klappt das bei den anderen und bei dir nicht?“
„Räum endlich dein Zimmer auf!“
„Mach die Musik leiser!“
„Wie siehst du aus, so nehme ich dich nicht mit!“
„Nimm dir mal ein Beispiel an...!“
„
Du immer. Andere nie“
, wenn er was schlecht gemacht hatte.
„Andere immer, du nie“
, wenn andere was gut gemacht hatten.
„Von dir habe ich sowieso nichts anderes erwartet“
, wenn er wieder eine Fünf geschrieben hatte.
Echt ätzend.
Immer nur Forderungen, Vorwürfe, Drohungen und der blöde Spruch: „
Solange du die Füße unter meinen Tisch stellst ...“
Und dann diese Drohungen:
„Wenn du nicht das machst, dann ...“
.
Dann was?
Selten fand sein Vater etwas gut, interessierte sich nur für seine kleinbürgerliche Welt: das Auto, das Haus, den Schrebergarten am Gülser Moselufer, und vor allem fürchtete er um seinen guten Ruf:
Was sollen denn die Nachbarn denken?
Das alles ging Marco mächtig auf den Geist.
Und dann der blöde Spruch:
Wenn du willst, dass wir dich als Erwachsenen behandeln, dann benimm dich auch so
.
Wie benimmt sich denn ein Erwachsener?
Gibt es nicht genügend negative Beispiele?
Man muss nur die Nachrichten verfolgen.
Jeden Tag eine Meldung, dass sich ein Erwachsener vollkommen daneben benommen hat.
Selbst in höchsten Politikerkreisen.
Als Marco von der Rheinbrücke unter der
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