Shkarr (German Edition)
alarmiert, ohne dass sich das in seinem Verhalten zeigte, als er sich wieder zu einem Knäuel zusammenrollte.
***
Das rote Taxi brachte Krischan zurück zur Appartementsiedlung am Stadtrand. Erstaunt sah er, dass die Leute vom Tierschutz schon vor seinem Haus standen.
„Sie sind Mr. Ros?“
Krischan nickte leicht und übte sich in Zurückhaltung. Die Frauen in ihren blauen Overalls sahen nicht so aus, als ob sie ihm Glauben schenken würden und der Tonfall ihrer nächsten Frage verbunden mit einem wenig versteckten mokanten Grinsen bestätigte leider seine Vermutung.
„Sie haben also Probleme mit einem Kanarra? Dann werden wir uns mal das Tier anschauen. Gehen Sie bitte vor!“
Mit ungutem Gefühl im Bauch übernahm Krischan die Führung der kleinen Gruppe. Er wusste nicht, was er zu erwarten hatte, wenn sich die Tür zu seinem Appartement öffnete. Unsicher blickte er zum Scanner, der den Eintritt zu seinem kleinen Reich freimachen würde. War es gut für ihn, wenn alles hinter dieser Tür in Ordnung war und es keine Anzeichen der frühmorgendlichen Attacke gab? Wahrscheinlich nicht, stellte er mit zaghaftem Gefühl fest.
Krischan legte seine Hand auf das Erkennungsdisplay. Zögernd betrat er sein einstmals so vertrautes und absolut sicheres Heim. Im ersten Moment konnte er jedoch den Kanarra nicht ausmachen. Auch die beiden Frauen schauten sich suchend um.
„Wo ist denn nun der Kanarra?“, fragte die eine von ihnen ungeduldig.
Shkarr beobachtete derweil misstrauisch die neuen Besucher. Es war also eindeutig ein schlechtes Zeichen gewesen, stellte er fest, dass der Mensch so schnell wieder zurückgekehrt war. Jetzt galt es gute Miene zum bösen Spiel zu machen, um nicht doch noch seine Pläne ganz spontan ändern zu müssen. Geschmeidig erhob er sich, damit ihn die dummen, tauben und blinden Menschen endlich entdeckten, und streckte sich in betonter Lässigkeit. Muskel für Muskel legte sich in gewohnter Position um seine Knochen und erwarteten geduldig seine Befehle.
Majestätisch hob er seinen Schwanz und ging dann in scheinbar argloser Eleganz zu seinem nagelneuen Besitzer . Er schnurrte zur Begrüßung und rieb sich an dessen vor Schreck erstarrter Gestalt. Die Frauen musterten derweil kritisch das Verhalten der zwei, wobei das größere Misstrauen Krischan traf.
„Ich denke nicht, dass Sie wirklich ein Problem mit Ihrem Kanarra haben“, meinte die Frau, die schon zuvor ihre Ungeduld bewiesen hatte. „Er benimmt sich vollkommen normal. Vielleicht haben Sie ein Spiel falsch verstanden. Am besten, Sie informieren sich über die Verhaltenseigenschaften von Kanarras. Sollte wirklich etwas Ernsthaftes sein, dann können Sie ihn immer noch über das Halsband bändigen. Sie müssen sich nur noch einen handelsüblichen Kontroller besorgen, sollten Sie noch keinen haben. Ich denke, dann sollte alles seine Ordnung haben, Mr. Ros.“
Krischan hörte die lapidaren Worte und nickte automatisch, begriff aber nicht wirklich, was das jetzt für ihn hieß. Er hatte nur eines verstanden: Es spielte keine Rolle, was er jetzt noch sagte. Keiner würde ihm Glauben schenken.
„Keine Sorgen, Mr. Ros! Es ist fast unmöglich, Probleme mit einem Kanarra zu haben. Es sind die verträglichsten Tiere auf diesem Planeten. Katzen, und ich meine irdische Katzen, sind weitaus anspruchsvoller und komplizierter. Wenn Sie sich an die wenigen Anweisungen halten, kann überhaupt nichts passieren. Sie werden auch das Tier besser verstehen und Missverständnisse werden schon gleich zu Anfang vermieden. Wenn Sie noch Fragen haben, können Sie sich an die Zentrale wenden. Wir wünschen Ihnen noch einen schönen Tag und danke, dass Sie sich an uns gewandt haben!“ Mit diesen Worten verließen die zwei Frauen Krischans Appartement.
Kaum hatte die Tür sich hinter den Frauen geschlossen, ließ Shkarr von Krischan ab und setzte sich vor ihm hin. Vorwurfsvoll glitt der Blick aus grünen Augen über Krischan.
Der stolperte zurück und starrte entsetzt auf sein Haustier. Die eindeutig nicht irdische Katze hatte ebenso eindeutig den Frauen vom Tierschutz etwas vorgespielt. Krischan schüttelte, von lähmender Panik erfüllt, den Kopf. Das konnte nicht sein! Er musste sich täuschen!
Konnten Kanarras das?
Aber vielleicht war das auch ein völlig normales Verhalten bei Kanarras. Was hatte die eine gesagt? Ratlos fiel Krischans Blick auf das kleine Heft, welches noch immer unberührt auf dem Tisch lag.
Shkarr folgte der Bewegung.
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