Shkarr (German Edition)
Antwort kam prompt. Ein Blitz schien seinen Leib zu spalten, tauchte ihn in gleißenden Schmerz. Augenblicklich war er gelähmt und stumm. Er fühlte noch, wie die Katze von ihm ließ, dann wurde es Nacht um ihn. Seltsamerweise blieb er bei Bewusstsein, dennoch benötigte er Minuten, bis er wieder die Kontrolle über sich hatte. Verwirrt schaute Krischan in die goldenen Augen, in denen Sorge zu glimmen schien. Wieder näherte sich das mittlerweile vertraute Gesicht.
Krischan zuckte zurück. Doch dieses Mal war etwas anderes das Ziel der Annäherung. Die reibeisenartige Zunge strich vorsichtig über seine Schläfen und leckte die Tränen fort.
Truschan war nicht erstaunt, als er das Salz in der Flüssigkeit schmeckte. Er wusste inzwischen, dass der Fremde verschwenderisch mit diesem kostbaren Stoff umging. Genauer gesagt, dessen Körper war in dieser Hinsicht maßlos. Als sich das fremde Männchen wieder beruhigt hatte, zog Truschan sich zurück. Schnell kletterte er auf einen höher gelegenen Ast. Verborgen vor neugierigen Blicken, gewährte ihm dieser Platz einen guten Rundblick über seine Umgebung und auf das nackte Wesen einige Etagen unter ihm.
Krischan hatte der schwarzen Katze nachgeschaut, bis diese im Laub verschwunden war. Er wusste, was sein Retter vorgehabt hatte. So wie er es sah, war der Versuch fehlgeschlagen. Krischan war kein Telepath. Aber er verstand nicht ganz, warum die goldäugige Katze keinen Kontakt zu seinem Bewusstsein herstellen konnte. Seufzend streckte er sich. Seine Augen streiften seine Beine und fanden sie in einem versteifenden Verband vor. Ähnliches war mit seiner rechten Hand geschehen. Anscheinend hatte er sich bei dem Absturz einige Knochen gebrochen. Krischan presste die Zähne aufeinander. Soweit er das sehen konnte, hatte er mehr als Glück als Verstand gehabt. Es war ein Wunder, dass er noch am Leben war. Aber was jetzt? Ihm lief die Zeit davon. Er musste Shkarr finden!
***
Krischan zählte nicht die Tage oder gar Wochen, die in dem Rhythmus dieses Planeten an ihm vorüberzogen. Er wusste nicht einmal, ob die Tage mit denen auf der Erde übereinstimmten, da ihm außer der Sonne und dem Wechsel von Tag und Nacht kein Messgerät zur Verfügung stand. Es hatte aber auch keinen Sinn, die Zeit messen zu wollen. So wie die Dinge jetzt standen, hatte er kaum eine andere Wahl, als erst einmal zu warten und zu hoffen. Stumm und fürsorglich kümmerte sich sein schwarzfelliger Retter um ihn. Des Nachts schützte er ihn vor der Kälte, am Tag vor der Sonne. Regelmäßig wechselte er die Verbände mit einer Geschicklichkeit, die Krischan schon an Shkarr bewundert hatte, wenn dieser seine mit Krallen bestückten Vorderpfoten einsetzte. Alle Wunden verschorften sauber, und neue Haut wurde nach und nach sichtbar. Da Krischan das einmal angebotene, rohe Fleisch verweigert hatte, bestand sein Speiseplan aus unbekannten, exotischen Früchten, Wurzeln und zarten Blättern, die ihm Truschan mundgerecht zerkleinerte. Einen weiteren Kommunikationsversuch hatte Truschan nicht unternommen, da er befürchtete, dass dieser genauso verheerend ausfallen würde wie der erste. Neugierig, aber immer auf Distanz bedacht und für Krischan unsichtbar, statteten alle Mitglieder seines Familienverbandes dem Fremden einen Besuch ab. Die meisten, vor allen Dingen die Älteren, enthielten sich höflich eines Kommentars. Die Jungen hingegen zerrissen sich fast vor lauter Spott und Häme, als sie des seltsamen, nackten Wesens ansichtig wurden. Beleidigende Gedanken wechselten blitzschnell von ihren Urhebern zu denen, die es hören wollten.
Truschan kümmerte das nicht. Arusch hatte ihn gefragt und es war eine Ehre, dem Alten zu dienen. Außerdem war er nicht Ziel der Spottgesänge und der Fremde konnte diese sowieso nicht wahrnehmen. Daher war es auch für ihn nicht wichtig, dem Treiben Einhalt zu gebieten. Als die Jungen es jedoch immer wilder trieben und auch Gedanken fielen, die, in die Tat umgesetzt den Tod des Verletzten bedeuten konnten, blitzte eine Warnung von Arusch auf.
Für Minuten herrschte erschrockenes Schweigen. Betreten zogen sich die zuvor übermütigen Jungen zurück.
Nach diesem Vorfall verschwendete niemand mehr einen Gedanken an Krischan, der bewegungslos in dem Nest lebte und weiterhin von Truschan und Arusch versorgt wurde. Er berührte niemandes Leben weiter und war daher einfach nur uninteressant. Vor allen Dingen, wenn man die täglichen Abenteuer und Aufregungen
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