Shkarr (German Edition)
frei sein. Jetzt gab es keine Fesseln mehr, die ihn nur unnötig an Vergangenes erinnerten.
„Werde glücklich!“, flüsterte Krischan leise. Er legte sich zur Seite und zog die Beine an; schaute in die Nacht, die mit ungebrochener Stärke ihre Macht verkündete. Er war mit einem Mal mehr als nur müde. Etwas schien in ihm zerbrochen zu sein und er vermochte nicht zu sagen, was es war. Irgendwie war da die Angst, Shkarr nie wiederzusehen. Eine Angst, die ihm wohl vertraut war ...
Krischan hatte kein Interesse daran, seine Gefühle zu analysieren. Es war vorbei! Seine Aufgabe war beendet und damit auch sein Leben, wie er sich erinnerte. Egal wie er es drehte oder wendete, es sah nicht gut für ihn aus und er fühlte sich schlecht. Doch warum blieb er dann einfach hier und sprang nicht von diesem Baum? Warum wartete er einfach hier und ließ sich nicht von einem dieser Krols verspeisen? Damit hatte er es wenigstens in der Hand, was das Wann und Wo anbelangte. Zumindest überließ er es dann nicht dem SkarraSHrá Harusch.
Krischan atmete tief durch. Vielleicht weil er hoffte, dass es noch einen anderen Weg gab. Einen Ausweg.
Hoffnung war etwas verdammt Grausames. Sie gab dort Mut, durchzuhalten, wo es sich eigentlich nicht mehr lohnte. Wo es besser war, einfach aufzugeben. Bitter schloss er seine Augen und rief verzweifelt nach dem fliehenden Schlaf. Krischan wollte keine weiteren Gedanken, die ihm die Ausweglosigkeit seines Dilemmas aufzeigten. Er wollte schlafen.
Unerwartet schwankte das Nest unter ihm und ließ ihn leicht auf- und abwippen. Erschrocken wollte Krischan sich aufrichten, stieß jedoch gegen ein behaartes Hindernis. Gedanklich nach dem Eindringling tastend, musste er feststellen, dass er es nicht konnte. Krischan schluckte und wich zurück. Leuchtend grüne Augen schauten ihn bannend an und eine schwere Pfote legte sich auf seine Brust. Krallen schabten über seine bloße Haut und warnten vor weiteren Bewegungen.
„Shkarr, was machst du?“, flüsterte Krischan und verwünschte den ängstlichen Unterton in seiner Stimme. Shkarr hatte ihm einen mächtigen Schrecken eingejagt. Krischan war sich trotz der Dunkelheit vollkommen sicher, dass es dieser eine besondere TaszRirasch sein musste und kein anderer, der sich schwer auf seinen Brustkorb stützte. Kein Laut und kein Gedanke kamen von der mächtigen Katze über ihm und Krischan bekam eine Gänsehaut. Etwas stimmte hier nicht. Doch jeglicher Widerstand verbot sich von vornherein. Er war diesem Kater eindeutig unterlegen und mehrere Meter über dem Abgrund machten einen derartig ungleichen Kampf zu einer Selbstmordaktion. Langsam verstärkte sich der Druck auf seine Brust und Krischan hatte den Eindruck, dass ihm nach und nach die Luft abgeschnürt wurde.
„Bitte, Shkarr, was machst du? Hör auf!“
Statt einer Antwort stellte sich die zweite Vorderpfote auf ihn und raubte ihm damit endgültig den Atem. Verzweifelt stemmte Krischan sich dagegen und büßte doch immer mehr an Halt ein. Tiefer presste ihn der Druck des Rirasch in das Nest und machte ihn bewegungslos. Dann stieg Shkarr von ihm herunter und schnupperte über sein schweißnasses Gesicht. Krischan rang nach Atem und seiner Fassung. Was hatte das zu bedeuten?
„Shkarr“, flüsterte er rau. Krischan hatte nicht die Hoffnung, dass dieser mit ihm sprechen würde. Kitzelnd wanderten die langen Barthaare über seine Haut und streiften seine Ohren. Irritiert stellte Krischan fest, dass Shkarr ihn abzulecken begann. Langsam, Zentimeter für Zentimeter mit peinlicher Akkuratesse. Völlig versunken und ohne Unterbrechung arbeitete sich Shkarr vor und duldete nicht die geringste Bewegung.
Krischan schloss die Augen und versuchte sich zu beruhigen. Irgendetwas schien in Shkarr gefahren zu sein. Doch was das zu bedeuten hatte, war so nicht herauszufinden. Ein leises Schnurren schlich sich in Krischans Wahrnehmung und ließ ihn wieder die Augen öffnen. Mittlerweile hatte Shkarr seine Fußsohlen erreicht und reizte sie mit rauem Zungenschlag. Dann kehrte sie um und wanderte den Weg zurück, die Haut damit erneut sensibilisierend. Krischan atmete schwerer, als ihm bewusst wurde, dass Shkarr immer lauter wurde und es kein Zufall mehr sein konnte, wenn das federleichte Fell über seine Haut strich. Shkarr, er wollte doch nicht tatsächlich das tun, was er schon einmal getan hatte? Und wenn doch, was für einen Zweck verfolgte er damit?
„Bitte, hör auf!“, flehte Krischan leise und bat um
Weitere Kostenlose Bücher