Shkarr (German Edition)
dabei mit einem Blick, als ob sie ihn für nicht ganz zurechnungsfähig hielt. Krischan entging das jedoch, da er in diesem Moment seinen stummen Schatten ausmachen konnte. Seine Verfolger waren ihm nicht neu. Er hatte sie schon einmal gesehen, sie jedoch als Phantome seiner Fantasie abgetan und nicht als seine Beschatter, die sie offensichtlich waren. Ehe er zu viel Interesse zeigte, drehte er sich wieder um und bedankte sich. Mit fahrigen Bewegungen nahm Krischan seine Papiere und begab sich zu dem anderen Schalter. Sorgfältig mied er den Blick auf die Leute von der SDA. Er vermutete zumindest, dass sie von dieser Organisation kamen. Wie viele es insgesamt waren, konnte er nicht feststellen, aber im Grunde wollte er es auch gar nicht so genau wissen. Mit klopfendem Herzen stellte Krischan sich in die Reihe der Wartenden und zog Shkarr etwas näher zu sich.
‚Ganz ruhig, wenn ich in Panik geraten sollte, dann rate ich dir, so schnell wie möglich davonzulaufen‘, erklärte er.
Shkarr hob kurz den Kopf und schaute ihn mit spöttischen Augen an.
‚Haben sie es auf uns abgesehen oder haben sie es nicht?‘ Krischan konnte nicht verhindern, dass seine Nervosität so deutlich zutage trat.
‚Kann ich dir nicht sagen’, antwortete Shkarr, ,es sind einfach zu viele Menschen hier. Ich bin schon erleichtert, dass es anscheinend kein Problem mit der Kommunikation zwischen uns beiden gibt. Warten wir einfach ab und hoffen das Beste, wie die Menschen so schön sagen. Oder hieß das Abwarten und Tee trinken?‘
Krischan schüttelte unmerklich den Kopf: ‚Unwichtig. Halt lieber die Augen und Ohren offen. Ich bin froh, wenn ich hier nicht über meine eigenen Füße stolpere. Wieso sind eigentlich um diese Zeit so viele Menschen unterwegs? Diese Typen von der SDA können mir im wahrsten Sinne des Wortes gestohlen bleiben.‘ Krischan stockte kurz, dann fügte er sehr viel ruhiger hinzu: ‚Wie gesagt, das Halsband kann dich nicht aufhalten. Mach, dass du davonkommst, wenn es nicht anders möglich ist. Ich hoffe nur, die verzichten darauf, dich im Flugzeug schnappen zu wollen.‘
Krischan hob den Kopf an, als vor ihm die Sicht frei wurde und eine ähnlich unverbindlich lächelnde Frau ihn nach seinem Ticket fragte. Kommentarlos reichte er es herüber und schaute ihr gespannt zu, wie sie die Angaben prüfte.
„Ein Kanarra nach Washington mit dem Flug 129. Bitte führen Sie das Tier in den Transportkasten, Mr. Ros. Haben Sie irgendwelche Spielsachen oder Decken, die Sie mit hineinpacken wollen?“
Krischan schüttelte verständnislos den Kopf. Was für Spielsachen? Als ihm ein Licht aufging, zupfte es schon an der Leine.
„Ähm, nur Essen ...“, stammelte Krischan wenig intelligent.
„Tut mir leid. Nahrungsmittel verbieten die Vorschriften. Wenn das alles ist ...“ Mit einer Hand vollführte sie eine einladende Bewegung zu einer grauen Kiste, die mit Luftlöchern ausgestattet war und deren Eingangstür aus einem feinen aber ungemein zähen Material gefertigten Gitter bestand. Shkarr gab ein abfälliges Schnalzen von sich, ein Geräusch, das Krischan noch nie bei ihm gehört hatte. Es klang fast wie leises Klatschen mit der Hand auf eine Wasseroberfläche.
‚Komm schon! Ich werde dich garantiert nicht reinschieben. Geh bitte freiwillig!‘
Shkarr ließ sich nicht dazu herab, diese Bitte mit irgendeinem Kommentar zu bedenken. Das hier war unter seiner Würde und er wusste das. Aber er wusste auch, ihm blieb nichts anderes übrig. Nur widerstrebend kam er Aufforderung nach und betrat zögernd sein Reich für die nächsten Stunden. Geschmeidig schlüpfte Shkarr vollständig hinein, als er bemerkte, dass Krischan sichtlich unruhiger wurde. Zögern brachte nichts. So oder so würde er in diese Kiste müssen. Widerwillig atmete er den für Menschen kaum wahrnehmbaren Geruch von Urin ein, der hier von einigen Kanarras vor ihm vergossen worden war.
‚Wenn du mich hier vergisst, weiß ich mich zu revanchieren. Also sieh zu, dass sie dich nicht festnehmen‘, knurrte er, während seine Barthaare leicht nach vorn kippten.
Krischan verließ mit weichen Knien den Schalter, als die Wartenden hinter ihm weiter drängten. Weniger die halbherzige Drohung als vielmehr Ungewissheit hinsichtlich des Gelingens dieses Unternehmens ließen ihn allmählich verzweifeln. Ein kurzes Stoßgebet, und Krischan machte sich mit seinen Schatten in Richtung Abflughalle auf. Ungehindert ließen ihn die Sensoren in den Sicherheitsbereich
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