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Shkarr (German Edition)

Shkarr (German Edition)

Titel: Shkarr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: She Seya Rutan
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verbrannte Zunge am rauen Gaumen. Dann setzte er vorsichtig wieder an und trank erneut. Tränen schossen ihm in die Augen, als der Kaffee die malträtierte Haut passierte. Tapfer schluckte er und setzte die Tasse erneut an. Ihm war kalt und jedes Quäntchen Wärme wurde von ihm heiß ersehnt.
    Misstrauisch sah er sich um. Er saß in einem kleinen Imbiss in irgendeiner der kleinen Seitenstraßen. Fast unsichtbar schmiegte sich das schmale Gebäude, das seine Zufluchtsstätte beherbergte, an die riesigen Häuser. Dampf entstieg der Kanalisation und zeichnete die scharfen Kanten und Ecken dieses Viertels in einen weichen Dunst. Irgendwie hatte Krischan das Gefühl, dass es in der Stadt sehr viel kälter als am Flughafen war.
    Seit zwei Tagen trieb er sich obdachlos umher und mied die Gesetzeshüter wie auch die üblen Absteigen, die es hier in großer Zahl gab. Wie er schnell herausgefunden hatte, benötigte er eine ID-Card, um ein Zimmer zu mieten. Dieser Umstand verleidete ihm das Verlangen nach einem Bett.
    Graue Schatten lagen mittlerweile unter seinen Augen. Das Haar hing ihm strähnig über den Schultern. Schmutz hatte sich unter die Fingernägel gegraben. Doch um das Bild eines Penners komplett zu machen, fehlte ihm eigentlich der Bartschatten. Darauf konnte er aber lange warten. Sein genetisches Erbe verweigerte ihm diesen. Nur seine Sachen rochen unangenehm muffig und wiesen jeden darauf hin, dass er von der Straße kam. Da er aber zahlte, schmiss ihn die Bedienung des Imbisses nicht raus.
    Krischans Blick verschränkte sich plötzlich mit dem der Frau hinter dem niedrigen Tresen. Diese schaute sich kurz um und befand, dass sie anscheinend tun konnte, woran sie dachte. Krischan war verwirrt und bereitete sich auf eine eventuell anstehende Flucht vor.
    „Hm“, begann die dunkelhaarige Frau, die zögerlich auf dem gegenüberliegenden Stuhl Platz genommen hatte, während sich ihre Lippen zu einem schmalen Strich verschlossen. „Ich weiß nicht, was mit Ihnen los ist. Es geht mich auch nichts an und Ihnen zu nahe treten will ich auch nicht. Beileibe, wirklich nicht.“ Mit einem entschuldigenden Lächeln lehnte sie sich ein wenig vor und funkelte ihn verschwörerisch an. Krischan übte sich in Zurückhaltung, bot aber dann, nach vorn gelehnt, sein Ohr zum Zuhören an. „Sie scheinen nicht unbedingt bettelarm zu sein, zumindest nicht wie die meisten hier. Trotzdem leben Sie auf der Straße. Richtig?“ Krischan bestätigte nicht. „Hören Sie!“, setzte sie ihren Monolog fort, „Ich weiß, wie die Leute aussehen, die auf der Straße sind und Sie sehen so aus, als ob das bei Ihnen noch nicht so lange der Fall ist. Wenn Sie aus welchen Gründen auch immer Hilfe brauchen, sagen wir mal ein günstiges Essen, kostenlose Kleidung, ein Bett oder auch einen Rat, dann gibt es die St.-Patrick-Church hier gleich zwei Straßen weiter.“ Die Bedienung schaute Krischan unter halb verschlossenen Lidern an. Er war verblüfft. „Ich wollte Sie nicht beleidigen, wenn Sie das meinen. Aber Sie sehen so aus, als ob Sie nicht wüssten, wohin Sie gehen könnten.“
    Anscheinend war die Frau von Krischan in irgendeiner Weise enttäuscht, denn sie wandte sich ab und erhob sich wieder. Krischan sah auf.
    „Danke“, flüsterte er.
    Ein zaghaftes Lächeln erhellte das schmale Gesicht der Frau. Still bezahlte Krischan seinen Kaffee, dann verließ er das Lokal. Misstrauisch sah er an sich herab. Er benötigte wirklich andere Kleidung und eine Dusche gehörte mit zu den Dingen, die er am meisten vermisste. Das galt vor allem, wenn man bedachte, dass es einfach wunderbar warm war, wenn man sich unter den Strahl stellte und Wärme war in den letzten 48 Stunden ein kostbares Gut geworden.
    Die Jacke enger um sich schlingend und die Tasche verborgen haltend, ging er in die genannte Richtung. Der Weg war nicht zu verfehlen und bald stand er vor der Tür einer kleinen Kapelle, in deren Rücken sich ein wesentlich größeres Haus befand. Einige wenig vertrauenserweckende Gestalten lümmelten in betonter Harmlosigkeit am Zaun und musterten jeden Neuankömmling. Krischan senkte den Kopf und schlüpfte durch den schmalen Eingang. Trockene Wärme schlug ihm entgegen und unwillkürlich schaute er auf. Eine Nonne in grauer Tracht kam auf ihn zu. Tiefe Falten hatten sich in das Gesicht der Frau eingegraben, die irgendwo im Alter zwischen 40 und 50 stand, wobei sich Krischan da nicht so sicher war. Er sah die graublauen Augen, die ihn gnadenlos

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