Shkarr (German Edition)
Gefühl seine Haare ordnen musste.
„Mhm, machst du dich für mich so hübsch?“ Wie von einer Tarantel gestochen sprang Krischan zur Seite und konnte dadurch der Hand ausweichen, die nach ihm griff.
„Lassen Sie mich in Ruhe!“, flüsterte er und beglückwünschte sich, dass seine Stimme in diesem Augenblick zumindest nicht brach.
„Hey Kleiner, die haben Erbsensuppe. Ich sachet dir, die is ein Gedicht“, tönte es hinter ihm in einem leichten Singsang. Pure Warnung stand in dem Gesicht des dunkelhaarigen Fremden geschrieben, der sich in lässiger Manier an einen Schrank gelehnt hatte. Sein alkoholschwerer Atem tat dem Eindruck keinen Abbruch und schien auch auf Krischans Verehrer zu wirken. Wie der andere jedoch so schnell dahin gekommen war, wo er sich doch gerade entfernt hatte, war Krischan schleierhaft. Doch er war ihm unendlich dankbar dafür.
Krischan konnte sehen, wie die beiden Kontrahenten miteinander ihre Kräfte maßen; es schienen buchstäblich kleine blaue Funken zwischen ihnen hin- und herzufliegen. Mit einem Mal sah der braunhaarige Fremde nicht mehr annähernd so betrunken aus wie noch vor wenigen Minuten. Krischan schaute ihn atemlos an.
„Los komm, ehe die anderen alles aufgefressen haben“, ertönte es von seinem Retter nonchalant mit verborgener Warnung und ohne abgeschliffene Aussprache.
Krischan war sich nicht sicher, wer hier gewonnen hatte. Er war nur erleichtert, dem anderen Mann mit den gewalttätigen Zügen entkommen zu sein. Ob er damit aber vom Regen in die Traufe kam, war für ihn nicht ersichtlich.
„Nich eine Sekunde kann man dich aus den Augen lassen, Kleiner!“, warf ihm sein Retter gutmütig vor. „Wie lange bisde denn schon hier?“
Krischan schüttelte abweisend den Kopf und biss sich auf die Lippen.
„Ah, die erste Regel schon kapiert. Nich drüber reden, was war! Geht niemanden was an.“ Die eben so klar gesprochenen Worte wurden wieder von dem verwaschenen Dialekt überdeckt und machten das Verstehen schwerer. Bestimmt wurde Krischan in Richtung Speisesaal gedrängt, wobei er sich wachsam umschaute. Vorsichtig riskierte er auch einen Blick zur Seite. Irgendwie konnte er den älteren Mann nicht einordnen. Falten durchzogen die trockenrissige Haut, während sein brauner Schopf nur wenig graue Haare aufwies. Er wirkte älter, als er wahrscheinlich war und doch auf eine Weise jünger als es eigentlich der Fall hätte sein dürfen. Er schien in allem widersprüchlich und Krischan vermochte nicht zu sagen, woran er das festmachen sollte. Vor allen Dingen die Augen waren irritierend, denn sie schienen immer wachsam zu sein, während der Körper eindeutig Alkoholausdünstungen absonderte.
„Da is mein Tisch. Ich heiße übrigens Cid. Weißde? Wie der aus dem Roman. Oder war es ein Märchen?“ Cid schüttelte lachend den Kopf. „Die olle Birne is auch nich mehr das, was se mal war!“ Kaum hatten sie sich an den Tisch gesetzt, dampfte einen Augenblick später je ein Teller heiße Erbsensuppe unter ihrer beider Nasen. Ein Stück Brot landete daneben genauso wie ein Löffel. Die Nonne schüttelte missbilligend den Kopf.
„Das nächste Mal abholen, die Herren“, murrte sie halblaut.
Cid lachte leise. „Sie ist nich so schlimm, wie se tut. So, un nu ran ans Werk!“ Er faltete die Hände und senkte leicht den Kopf. Krischan kniff die Augenbrauen zusammen. Warum aßen sie nicht gleich?
„Du musst beden! Dann darfsde essen“, wurde er aufgeklärt.
Krischan schaute sich um und sah, wie sich mehr oder weniger eifrig die Köpfe der Männer und Frauen senkten und die Hände zum Gebet gefaltet wurden. Leises Murmeln erhob sich, welches mit einem in die Luft geschlagenen Kreuz beendet wurde.
Krischan tat es mit zweifelndem Blick nach. Er hatte noch nie in seinem Leben zu irgendeinem Gott gebetet. Auch seine Familie hatte sich alles andere als religiös gezeigt. Stumm beendete er die Übung, als Cid zum Löffel griff. Absolut dankbar aß er. Das hier war besser als das Essen im Imbiss oder dem Supermarkt und eine Wohltat. Shkarr hatte seine Empfindungen sehr weit beeinflusst und jetzt schauderte es ihn schon bei dem Gedanken, wieder eine Kro-Schale heißmachen zu müssen, weil sich sein Magen meldete. Aber nach allem Anschein legte die kleine Kirche sehr viel Wert darauf, keine synthetischen Sachen herauszugeben.
„Gud, nich? Die haben hier die beste Küche weid un breid. Man bekommt zwar keine Shrimps, aber dafür richtiges Essen. Drotzdem kommen nich alle
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