Shoal 01 - Lichtkrieg
Ruhe fand.
»In Schwerelosigkeit kann ich nicht gut schlafen«, erklärte er. Sie drifteten gegen eine pelzige Wand. »Und wenn ich ganz ehrlich sein soll, ist mir dieses Fellzeug ein bisschen unheimlich.«
»Das ist alles?«
»Nun ja, nicht ganz«, gab er zu. »Seit ich auf der Hyperion bin, leide ich an Schlaflosigkeit. Ich habe noch keine Nacht durchgeschlafen. Dauernd wache ich auf und denke, ich sei daheim aus dem Bett gefallen – aber der Sturz in die Tiefe hört nie auf …«
»O ja, ich weiß, was du meinst. Es geht vielen Leuten so.« Dakota hatte sich mittlerweile an das Schlafen bei null g gewöhnt, für sie war es das Natürlichste der Welt. Noch angenehmer fand sie die Nähe eines warmen, nackten männlichen Körpers, und im Augenblick waren sämtliche ihrer Grundbedürfnisse befriedigt.
»Ich habe nachgedacht«, murmelte er übergangslos.
»Worüber?«
»Tja, wenn die Hyperion tatsächlich von der Künstlichen Intelligenz unterwandert ist, so wie du es mir erzählt hast, dann hat dein Freund, der Alien, mittlerweile vermutlich Zugriff auf sämtliche Daten, die ich von dem Wrack gesammelt habe.«
»Worauf willst du hinaus?«
»Vielleicht hat dieser Alien das Wrack veranlasst, uns zu attackieren, indem er Informationen aus den Datenspeichern der Hyperion benutzte. Aber das sind reine Mutmaßungen. Es gibt keine Möglichkeit, Gewissheit zu erlangen.«
»Weißt du noch, was ich dir über die Piri Reis erzählt habe, Lucas? Mein Schiff ist extrem gut getarnt und mit allen erdenklichen Raffinessen versehen. Es ist ohne Weiteres möglich, dass du bestimmte Daten in die Speicher der Piri lädst und dabei die Hyperion völlig umgehst. Du kannst von hier aus auch Zugriff auf die Datenbänke der Fregatte bekommen, ohne dass man dort auch nur das Geringste merkt.«
Sie spürte, wie er sich anspannte. Jetzt hatte sie seine ungeteilte Aufmerksamkeit. »Denk mal darüber nach, was das bedeutet. Über die Bordsysteme der Piri könntest du in die Computer der Hyperion eindringen und darüber hinaus sogar Befehle direkt an das Wrack senden. Alles wäre kaschiert als routinemäßige Kommunikation der Subsysteme, und offen gesagt verfügen deine Leute gar nicht über die Mittel oder die Fähigkeit, dieses Täuschungsmanöver zu durchschauen.«
Corso löste sich aus ihrer Umarmung; es war offenkundig, dass er angestrengt nachdachte. »Ich muss dir etwas beichten, Dakota«, fing er an. »Ich war nicht ganz ehrlich zu dir, als ich sagte, wir könnten das fremde Schiff noch nicht fliegen.«
Jetzt hatte er ihre ungeteilte Aufmerksamkeit.
»Soll das heißen …?«
»Ja, ich habe gelogen.«
»Und warum?«
»Weil ich dem Senator so viele Steine wie möglich in den Weg legen wollte. Vielleicht kannst du das verstehen. Aber um auf das eigentliche Thema zurückzukommen – nun, hypothetisch gesehen könntest du das Wrack von der Brücke der Hyperion aus steuern. Der Interface-Sessel an Bord der Fregatte ließe sich mit dem Interface-Sessel im Wrack vernetzen.«
»Aber der Sessel wurde von dem Wrack in seine Einzelteile zerlegt, als es euch angriff. Ich habe die Aufzeichnungen gesehen.«
»Deshalb sagte ich ja ›hypothetisch‹. Doch eines fallt auf: Jedes Mal, wenn ein Team nach einem Angriff wieder in das Wrack zurückkehrte, stellte man fest, dass die Ausrüstungsgegenstände, die man auf der Flucht zurückgelassen hatte, völlig intakt geblieben waren. Offenbar stuft es unbelebte Objekte wie Interface-Sessel nicht als feindselig ein, vermutlich weil sie aus einem anorganischen Material bestehen. Technisch gesehen könntest du von der Brücke der Hyperion aus die beiden Interface-Sessel direkt miteinander verbinden, einen Uplink einrichten und auf diese Weise das fremde Schiff steuern.«
»Im Klartext heißt das«, fasste sie mit wachsender Aufregung zusammen, »dass wir das Wrack direkt vor Arbenz’ Nase davonfliegen lassen könnten, oder?«
Er runzelte die Stirn. »Ob es tatsächlich machbar oder ratsam wäre, ist eine andere Frage. Und selbst wenn es klappen könnte, müssten wir ein paar wichtige Dinge berücksichtigen. Zum Beispiel, was mit dem Wrack geschehen soll, sobald es aus diesem System heraus ist. Außerdem ist noch nicht geklärt, wie wir beide uns an Bord des fremden Schiffs begeben sollten, um den Diebstahl – oder die Flucht, wenn man so will – zu bewerkstelligen. Und dass das Wrack einem Menschen gefährlich werden kann, haben wir selbst erlebt.«
Dakotas Aufregung wuchs. Ihre Augen
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