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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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gekreuzten Beinen nieder und starrte Toranaga unverwandt an.
    Aller Augen wandten sich aufblitzend Blackthorne zu. An der Tür fuhr Nagas Hand ans Schwert. Hiro-matsu hatte das seine bereits gepackt, wiewohl er den Kopf immer noch tief gesenkt hielt.
    Blackthorne kam sich wie nackt vor, aber er hatte nun einmal einen Entschluß gefaßt. Rodrigues hatte gesagt: »Den Japsen gegenüber muß man sich aufführen wie ein König.« Wenn er sich auch nicht gerade wie ein König aufführte – dies sollte genügen.
    Langsam schaute Toranaga auf.
    Eine Schweißperle rann Blackthorne die Schläfe herab, als er alles, was Rodrigues ihm über die Samurai berichtet, in diesem einen Mann kristallisiert sah. Er fühlte, wie ihm der Schweiß über die Wangen zum Kinn herunterlief. Er zwang seine blauen Augen, fest zu blicken und mit keiner Wimper zu zucken; er setzte ein unbewegtes Gesicht auf.
    Toranagas Gesicht war gleichermaßen unbewegt.
    Blackthorne spürte, wie die nahezu überwältigende Macht, die von diesem Mann ausging, ihn beinahe körperlich berührte. Er zwang sich, langsam bis sechs zu zählen, dann senkte er den Kopf, machte abermals eine leichte Verneigung und setzte ein feines, ruhiges Lächeln auf.
    Steinernen Gesichts betrachtete Toranaga ihn kurz, dann blickte er nieder und konzentrierte sich wieder auf seine Aufgabe.
    Die Spannung im Raum löste sich.
    Bei dem Falken handelte es sich um ein voll ausgereiftes, aber noch junges Wanderfalkenweibchen. Der Wärter, ein knorriger alter Samurai, kniete vor Toranaga und hielt es auf seiner behandschuhten Faust wie zerbrechliches Glas. Toranaga trennte mit einem einzigen Schnitt den Federkiel an der Bruchstelle, tauchte einen winzigen Bambusspan in Leim, führte ihn bis zur Hälfte in die nun freiliegende Röhre des Federkiels und steckte das abgetrennte Federstück auf die sichtbare andere Hälfte des Bambusspans. Er drückte die beiden Federteile behutsam zusammen, bis sie ganz fest saßen, und wand dann einen Seidenfaden um die Trennstelle. Die winzigen Glöckchen an ihren Krallen klingelten, und er beschwichtigte das beunruhigte Tier.
    Yoshi Toranaga, Herr des Kwanto, der Acht Provinzen, Oberhaupt des Yoshi-Klans, Oberster Heerführer der Armeen des Ostens und Vorsitzender des Regentschaftsrats, war ein kleiner Mann mit einem mächtigen Bauch und einer langen Nase. Seine Brauen waren dicht gewachsen, Schnurrbart und Kinnbart grau-gesprenkelt und schütter. Die Augen beherrschten sein Gesicht. Er war achtundfünfzig und für sein Alter kräftig. Sein Kimono war schlicht und uniform-braun, seine Gürtelschärpe aus Baumwolle. Seine Schwerter hingegen waren die besten der ganzen Welt.
    »Nun, meine Schöne«, sagte er mit der Zärtlichkeit eines Liebhabers, »jetzt bist du wieder gesund.« Er streichelte das Falkenweibchen mit einer Feder, während dieses verkappt auf der Faust ihres Wärters saß. Sie schüttelte sich und putzte sich dann zufrieden. »In einer Woche lassen wir sie wieder fliegen.«
    Der Wärter verneigte sich und zog sich zurück.
    Toranaga wandte sich den beiden Männern an der Tür zu.
    »Willkommen, Eisenfaust. Ich freue mich, Euch zu sehen«, sagte er. »Das also ist Euer berühmter Barbar?«
    »Jawohl, Herr.« Hiro-matsu kam näher, ließ aber, wie es sich geziemte, seine Schwerter liegen, doch Toranaga bestand darauf, daß er sie mitbringe.
    Hiro-matsu dankte ihm. Trotzdem setzte er sich respektvoll fünf Schritt von ihm entfernt nieder. In der vordersten Reihe der Wachen saß Usagi, Hiro-matsus Lieblingsschwiegersohn, dem er kurz zunickte.
    Der junge Mann verneigte sich tief; er fühlte sich geehrt und freute sich, daß man seine Anwesenheit wahrgenommen hatte. Vielleicht sollte ich ihn adoptieren, sagte Hiro-matsu sich glücklich; Wärme überflutete ihn bei dem Gedanken an seine Lieblingsenkelin und seinen ersten Urenkel, den sie ihm vergangenes Jahr gebracht hatte.
    »Was macht Euer Rücken?« erkundigte Toranaga sich besorgt.
    »Es geht schon, vielen Dank, Herr. Aber ich muß sagen, ich bin heilfroh, von diesem Schiff herunter und wieder an Land zu sein.«
    »Eure Gesundheit ist mir sehr wichtig. Gestattet, daß ich ein Zeichen meines Dankes sende?«
    »Ach, Toranaga-sama, Ihr seid so gütig.« Dann wurde Hiro-matsu ernst. »Ihr könntet uns alle belohnen, Euer Gnaden, indem Ihr dieses Hornissennest sofort verlaßt und zurückkehrt in Euer Schloß in Yedo, wo Eure Vasallen Euch beschützen können. Hier sind wir nackt. Ishido könnte jeden

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