Shogun
hinausstehen.
Yabu lachte, und plötzlich stimmten alle in sein Lachen ein.
»Ah so, Anjin-sama«, sagte Yabu und verneigte sich spöttisch.
»Iyé, Yabu-sama. Anjin-san!« berichtigte Blackthorne ihn zufrieden. Jawohl, du Halunke, ein bißchen verstehe ich jetzt. Aber glaube nicht, daß ich dich vergessen hätte. Bald wirst du in deinem Grab aufwachen.
16. Kapitel
»Vielleicht hättet Ihr vorher mit mir Rücksprache nehmen sollen, ehe Ihr meinen Gefangenen meiner Gerichtsbarkeit entzogt, Herr Ishido«, sagte Toranaga gerade.
»Der Barbar steckte unter dem gemeinen Volk im allgemeinen Gefängnis. Selbstverständlich nahm ich an, Ihr hättet weiter kein Interesse an ihm. Sonst hätte ich ihn dort nicht herausgeholt.« Äußerlich war Ishido die Ruhe und Ehrerbietung selbst, innerlich jedoch kochte er. Er wußte, daß er sich zu einer Voreiligkeit hatte hinreißen lassen. Es stimmte, daß er Toranaga erst hätte fragen müssen. Das war einfach ein Gebot der Höflichkeit. Aber auch das würde keine Rolle spielen, wenn er den Barbaren noch in der Hand hätte; dann hätte er den Gefangenen Toranaga schlicht ausgeliefert, wenn und wann er es verlangt haben würde. Daß jedoch einige seiner Männer abgefangen und schändlich umgebracht worden waren und sich dann der Daimyo Yabu und einige von Toranagas Männern des Barbaren bemächtigt hatten – aus den Händen seiner Leute, veränderte die Lage grundsätzlich. Er hatte an Gesicht verloren, wohingegen seine ganze Strategie darauf abgezielt hatte, Toranaga in den Augen der Öffentlichkeit an Gesicht verlieren zu lassen. »Ich bitte nochmals um Verzeihung.«
Toranaga blickte zu Hiro-matsu hinüber. Die Entschuldigung war Musik in seinen Ohren. Beide Männer wußten, wieviel Überwindung es Ishido innerlich gekostet hatte. Sie befanden sich in der großen Audienzhalle. Wie zuvor vereinbart, hatten die beiden Gegenspieler nur je fünf Wachen bei sich – Männer von erprobter Verläßlichkeit. Die anderen warteten draußen. Auch Yabu. Und der Barbar wurde gebadet. Gut, dachte Toranaga, innerlich höchst zufrieden mit sich. Er überlegte einen Augenblick und kam dann zu dem Entschluß, Yabu trotz allem heute doch nicht zu empfangen, sondern fortzufahren, mit ihm Katz und Maus zu spielen. Deshalb beauftragte er Hiro-matsu, ihn wieder fortzuschicken, und wandte sich dann Ishido zu. »Selbstverständlich nehme ich Eure Entschuldigung an. Glücklicherweise ist ja nichts weiter geschehen.«
»Dann darf ich also dem Erben den Barbaren vorführen?«
»Ich werde ihn hinschicken, sobald ich mit ihm fertig bin.«
»Darf ich fragen, wann das sein wird? Der Erbe erwartete ihn heute vormittag.«
»Darüber brauchen wir uns weiter keine Gedanken machen, Ihr und ich, neh? Yaemon ist doch erst sieben, und mit sieben Jahren kann man sich schon einmal gedulden. Neh? Geduld gehört zur Selbstzucht und will geübt sein, nicht wahr? Ich werde ihm das selbst erklären. Ich erteile ihm heute morgen wieder Schwimmunterricht.«
»So?«
»Ja. Ihr solltet gleichfalls schwimmen lernen, Herr Ishido. Es ist eine treffliche Übung und könnte einem im Krieg sehr zustatten kommen. Alle meine Samurai lernen schwimmen. Ich bestehe darauf.«
»Meine verbringen ihre Zeit damit, sich im Bogenschießen zu üben, im Schwertkampf, Reiten und Schießen.«
»Die meinen vervollkommnen sich außerdem in der Töpferei, im Schreiben, im Blumen-Stecken und in der Cha-no-yu -Zeremonie. Ein Samurai sollte sich in den Künsten des Friedens üben, um Kraft daraus zu ziehen für die Künste des Krieges.«
»Samurai sind zum Krieg geboren. Ich verstehe mich ausgezeichnet auf den Krieg. Das genügt mir fürs erste. Das und der Gehorsam gegenüber dem Willen unseres Herrn und Gebieters.«
»Der Schwimmunterricht für Yaemon findet in der Stunde des Pferdes statt.« Tag und Nacht waren in je sechs gleiche Teile eingeteilt. Der Tag begann mit der Stunde des Hasen – von fünf bis sieben; es folgte die Stunde des Drachen – von sieben bis neun –, dann die Stunden der Schlange, des Pferdes, der Ziege, des Affen, des Hahns, des Hundes, des Bären, der Ratte und des Ochsen, und der Kreis endete mit der Stunde des Tigers zwischen drei und fünf Uhr in der Frühe. »Hättet Ihr Lust, am Unterricht teilzunehmen?«
»Vielen Dank, nein. Ich bin zu alt, um mich jetzt noch zu ändern«, sagte Ishido lahm.
»Wie ich höre, hat der Hauptmann Eurer Leute Anweisung bekommen, Seppuku zu begehen.«
»Selbstverständlich.
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