Shogun
nächstes Leben kreist. Ich hoffe, Ihr vergebt mir meine Zudringlichkeit.«
»Euer Rat ist mir stets teuer, ich werde ihn immer suchen.«
»Ich danke Euch!« Sie hielt den Rücken etwas gerader. »Hört: Solange ich lebe, wird weder der Erbe noch die Dame Ochiba jemals etwas gegen Euch unternehmen! Ihr werdet über meinen Vorschlag noch einmal nachdenken?«
»Der letzte Wille meines Herrn und Gebieters verbietet das! Ich kann weder gegen seinen Willen handeln noch meinen Schwur als Regent brechen.«
Schweigend gingen sie weiter. Dann seufzte Yodoko. »Warum nehmt Ihr sie nicht zur Frau?«
Toranaga blieb wie vor den Kopf geschlagen stehen. »Ochiba?«
»Warum nicht? Politisch gesehen könntet Ihr keine bessere Wahl treffen. Sie ist schön, jung, kräftig, aus bester Familie, zum Teil eine Fujimoto und zum Teil eine Minowara, die Sonne tanzt in ihr, und sie ist von einer unendlichen Lebensfreude. Im Augenblick seid Ihr ohne offizielle Gemahlin – warum also nicht? Damit wäre die Frage der Nachfolge beantwortet, und das Reich wäre nicht länger zerrissen. Ihr könntet ohne Zweifel noch Söhne von ihr bekommen. Yaemon könnte Euer Nachfolger werden, dann seine Söhne oder ihre anderen Söhne. Ihr könntet Shōgun werden. Ihr würdet in Euch die Macht über das Reich und die väterliche Gewalt vereinigen, und damit könntet Ihr Yaemon so erziehen, wie Ihr ihn Euch wünscht. Ihr könntet ihn adoptieren, und damit wäre er genauso Euer Sohn wie Eure anderen Söhne. Warum heiratet Ihr die Dame Ochiba nicht?«
Weil sie eine Wildkatze ist, eine tückische Tigerin mit dem Antlitz und dem Leib einer Göttin, die sich für eine Kaiserin hält und sich auch so aufführt, dachte Toranaga. Du könntest ihr nie vertrauen, nicht einmal im Bett. Sie könnte dir im Schlaf ebensogut eine Nadel durch die Augen fädeln wie dich liebkosen. O nein, die nicht! Selbst wenn ich sie nur dem Namen nach heiratete – womit sie niemals einverstanden wäre – o nein! Es ist unmöglich!
Selbst damals schon, mit siebzehn, hat sie alles darangesetzt, mich zu vernichten. Ach, so sanft nach außen hin wie der erste reife Pfirsich des Sommers und genauso wohlduftend. Aber im Innern, da ist sie hart wie Schwertstahl und ihr Geist ebenso, da webt sie ihren Zauberfaden, machte den Taikō verrückt nach ihr, so daß er für keine andere mehr ein Auge hatte. Jawohl, den Taikō hat sie sich gefügig gemacht, seit sie fünfzehn war, als er sie zu seiner Gattin machte. Ochiba hat immer gewußt, was sie wollte – und mit welchen Mitteln sie es durchsetzen konnte. Und dann das Wunder, daß sie dem Taikō endlich einen Sohn schenkte: Sie allein von den vielen Frauen, die er in seinem Leben gehabt hat. Mindestens hundert, dieser Hengst, der mehr Freudensaft in mehr Himmlische Höhlen hineinschoß als zehn gewöhnliche Männer! Jawohl! Und diese Frauen jeden Alters und jeder Kaste, von Zufallseroberungen bis zu legitimen Gattinnen, von einer Prinzessin aus dem Hause Fujimoto bis zur Kurtisane Vierter Kategorie. Und keine wurde je schwanger, obgleich später viele von ihnen von anderen Männern Kinder bekamen. Keine – bis auf die Dame Ochiba. Sie jedenfalls schenkte ihm, als er dreiundfünfzig Jahre alt war, seinen ersten Sohn: ein armseliges, kränkliches Geschöpf, das dann bald sterben sollte; die Kleider hat der Taikō sich vor Gram zerrissen, ist fast wahnsinnig geworden, hat alle Schuld sich gegeben und nicht ihr. Und dann, vier Jahre später, gebar sie wie durch ein Wunder noch einmal einen Sohn, und wunderbarerweise auch noch einen kerngesunden! Dreiundzwanzig war sie damals. Ochiba die Unvergleichliche, wie der Taikō sie genannt hat.
Ob der Taikō Yaemon wohl wirklich gezeugt hat? Eeeee, ich würd' was drum geben, die Wahrheit zu wissen! Ob wir sie wohl jemals erfahren werden? Wahrscheinlich nicht!
Merkwürdig, daß der Taikō, in allen anderen Dingen so klug, was Ochiba betraf, alle Klugheit fahren ließ und bis zum Irrsinn an ihr und Yaemon hing! Merkwürdig, daß von allen Frauen ausgerechnet sie die Mutter seines Erben werden sollte, sie, deren Vater und Stiefvater und Mutter wegen des Taikō hatten sterben müssen.
Ob sie wohl so verwegen ist, das Kissen mit einem anderen Mann zu teilen und diesen Mann dann beseitigen zu lassen, um sich selbst abzusichern? Nicht einmal, sondern sogar zweimal?
Ob sie solchen abgrundtiefen Verrats wohl fähig wäre? O ja!
Ochiba heiraten? Niemals!
»Es gereicht mir zur Ehre, daß Ihr einen solchen
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