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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Kopf noch auf dem Rumpf tragen sollte, denn schließlich war er ein Barbar, deshalb habe ich die Leiche samt Kopf hergebracht. Sie stinkt und ist von Maden zerfressen, aber sie liegt draußen im Hof, Euer Gnaden.«
    Warum mochte der Mönch wohl gestorben sein? fragte Toranaga sich abermals. Dann sah er, daß Hiro-matsu ihn fragend anblickte. »Ja?«
    »Ich habe nur gefragt, wer denn den Tod des Anjin-san wünschen könnte.«
    »Christen.«
    Kasigi Yabu folgte Hiro-matsu den Gang entlang. Daß er so früh am Morgen geholt wurde, schmeichelte ihm ganz besonders. Er war froh, daß er jetzt endlich Toranaga sehen sollte und die Warterei vorüber war. Die letzten Briefe an seine Gattin und seine Mutter waren geschrieben und sein Testament versiegelt, falls das Gespräch sich als negativ für ihn erweisen sollte. Heute trug er die Murasama-Klinge in seiner Scheide, die schon so viele Schlachten mitgemacht hatte. Sie bogen abermals um eine Ecke, und dann öffnete Hiro-matsu plötzlich eine eisenbeschlagene Tür und stieg eine Steintreppe hinan, die zum Hauptturm dieser Befestigungsanlage hinaufführte. Es standen viele Wachen herum, und Yabu witterte Gefahr.
    Die Treppe endete auf einer leicht zu verteidigenden Redoute. Samurai öffneten die eisenbeschlagene Tür. Er trat auf den Wehrgang hinaus. Hat Hiro-matsu Befehl erhalten, mich hier herunterzustoßen, oder wird man mir den Befehl geben, mich selbst in den Tod zu stürzen? fragte er sich ohne besondere Angst.
    Zu seiner Überraschung befand sich Toranaga persönlich auf dieser Redoute, ja, so unfaßlich es war, aber Toranaga erhob sich sogar und begrüßte ihn mit einer herzlichen Zuvorkommenheit. Sitzkissen waren sorgsam hingelegt worden. Eine Teekanne wurde unter einem seidenen Teewärmer warm gehalten. Eine reichgekleidete Frau mit einem eckigen Gesicht, das keine besondere Schönheit aufwies, verneigte sich sehr tief. Sie hieß Sazuko und war die siebte von Toranagas Nebengattinnen, die jüngste von allen und offensichtlich schwanger.
    »Wie schön, Euch zu sehen, Kasigi Yabu-san. Es tut mir leid, daß ich Euch so lange habe warten lassen.«
    Jetzt war Yabu überzeugt, daß es Toranaga so oder so um seinen Kopf ging; denn nach allgemeiner Gepflogenheit ist der Feind eines Mannes nie zuvorkommender, als wenn er dessen Vernichtung plant oder bereits geplant hat. Er zog beide Schwerter aus dem Gürtel und legte sie auf die Steinplatten des Bodens.
    »Ich habe gedacht, es müßte schön sein, den Sonnenaufgang zu erleben, Yabu-san. Ich glaube, der Blick, den man von hier oben hat, ist erlesen schön – schöner sogar noch als der vom Turm des Erben.«
    »Ja, er ist wunderschön«, stimmte Yabu rückhaltlos zu, denn noch nie war er in dieser Burg so hoch gekommen; der Bemerkung Toranagas über ›den Erben‹ entnahm er, daß seine geheimen Verhandlungen mit Ishido bekannt waren.
    »Es ist mir eine Ehre, das Erlebnis des Sonnenaufgangs mit Euch teilen zu dürfen.«
    Unter ihnen lag die noch schlafende Stadt, der Hafen und die vorgelagerten Inseln, während im Osten die Küste im Dunst verschwand und das stärker werdende Licht am östlichen Horizont blutrote Flecken auf die Wolken kleckste. »Dies hier ist meine Gattin Sazuko. Sazuko, dies hier ist mein Verbündeter, der berühmte Kasigi Yabu, Herr von Izu, der Daimyo, der uns den Barbaren und das Schatzschiff gebracht hat!« Sie verneigte sich und beglückwünschte ihn, woraufhin er sich verneigte, was sie ihrerseits mit einer letzten Verneigung erwiderte. Sie bot Yabu die erste Schale Tee an, eine Ehre, die er jedoch dankend ablehnte, was ebenso zum Ritual gehörte wie die Tatsache, daß er sie bat, sie Toranaga zu reichen, der ablehnte und sie ihm aufnötigte. Zuletzt ließ er sich, wie die Sitte es gebot, als Ehrengast doch dazu herbei, die erste Schale anzunehmen. Hiro-matsu nahm die zweite; seine knotigen Finger hielten das zarte Porzellan nur mit Mühe; die andere Hand hatte er um das Heft seines Schwertes gelegt, das locker auf seinem Schoß lag. Toranaga empfing die dritte Schale und nippte an seinem Cha. Dann überließen sie sich gemeinsam der Betrachtung der Natur und beobachteten im großen Schweigen des Himmels den Sonnenaufgang.
    Möwen kreischten. Die Stadt erwachte. Der Tag war geboren.
    Die Dame Sazuko seufzte, die Augen voll von Tränen. »In so großer Höhe und angesichts von soviel Schönheit komme ich mir vor wie eine Göttin. Wie traurig, daß es jetzt für immer vorbei ist, Euer Gnaden. So

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